Richtig gut vegan speisen: Der Floh in Langenlebarn
Der deutsche Spitzenkoch Franz Keller ließ vergangene Woche in der „Süddeutschen Zeitung“ aufhorchen: „Sich vegan zu ernähren, ist schrecklich und dumm.“ Der Bocuse-Schüler und Bestsellerautor ist wahrscheinlich eher kein Fan des „Veganuary“ – des rigorosen Verzichts auf Fleisch und tierische Produkte im ersten Monat des Jahres.
Gemüse ist ja mittlerweile nicht nur im Jänner der heimliche Star am Teller in den Spitzenküchen des Landes – angefangen bei Heinz Reitbauer. Mich führt die Suche nach ansprechender fleischloser Ernährung aber nicht ins Steirereck oder zum High-End-Vegetarier Paul Ivic ins Wiener Tian, sondern ins Tullnerfeld, genauer nach Langenlebarn. Dort, in der Gastwirtschaft Floh, gibt sich der Floh, eigentlich Josef Floh, mitsamt Belegschaft ein bisschen mehr Mühe mit vegetarischen und veganen Gerichten, als man es sich in einem Gasthaus am Land normalerweise erwartet.
Das geschickt modernisierte Lokal verfügt über eine umfangreiche Weinkarte, allerdings verhindert der Dry January eine eingehendere Lektüre. Macht nichts: Auch die alkoholfreie Getränkeauswahl gibt sich Mühe. Ein Mixgetränk aus Apfel-Weichsel-Saft, Tonic und hausgemachtem Zwetschken-Kombucha ist eine dermaßen spaßige Fruchtbombe, dass man nicht lange um das nicht getrunkene Glas Wein trauern muss.
Etwas mehr Geschmackssache sind die albernen, etwas zu sehr ins naturverbundene Eso-Fach abdriftenden Namen der Floh-Gerichte. Die Highlights: „Energiespende“ und „Kürbistanz“. Aber wenn die eigene Kolumne auf den Namen „Gerichtsurteil“ hört, sollte man sich vielleicht nicht zu weit aus dem Fenster lehnen.
Los geht es mit dem „Impressionismus“ (Bild oben): Der groß gewachsene Superschmelz-Kohlrabi findet sich zweimal auf dem Teller – einmal als Creme, einmal geschmort. Kurkuma färbt das Gericht gelb, Couscous-Salat mit Rosinen stellt es auf ein orientalisches Fundament – eine winterliche Vorspeise, zwar kalt serviert, aber durchaus wärmend. Das liegt vermutlich am Eukalyptusöl.
Beim Zwischengericht „Family Affair“ hat man dann kurz den Verdacht, auf der Dessertkarte gelandet zu sein: Ein Süßkartoffel-Apfel-Ragout mit Rosmarin geht da schon fast in die Kompott-Richtung. Dazu kommt aber ein angegrillter Chinakohl – seine bitteren Noten und die Süße des Ragouts passen besser zusammen, als es vielleicht klingen mag. Diese „Family Affair“ funktioniert ähnlich wie Teriyaki-Sauce. Die Gegenpole ergänzen sich; etwas zusammenhangslos liegen Shishitos aus Flohs Donaugartl daneben – ich hätte die Bratpaprika nicht gebraucht.
Kohl spielt dann die „Wintertheater“-Hauptrolle, eingebettet in eine Topinambur-Creme (Bild oben). Die Knolle gibt es schließlich auch noch als Chip, eine mit Rosmarin aufgepeppte, geschmorte Ananasrenette sorgt für Süßigkeit. Der Trick ist ähnlich wie beim Zwischengericht: Die Süß-Bitter-Verbindung bringt den Geschmack.
Wer nach so viel veganer Kochkunst auch ein veganes Dessert sucht, wird bis auf ein Sorbet nicht so recht fündig. Es besteht aus Erdbeere, Zwetschke und Rhabarber, schmeckt wunderbar fruchtig, nach dem Vorangegangenen hätte man sich aber einen etwas weniger erwartbaren veganen Nachtisch gewünscht. Der flinke Service gibt sich allerdings auch da keine Blöße und zaubert mitsamt der Küchenbrigade einen warmen Mandelkuchen (Bild unten) mit Quittensorbet aus dem Ofen. Sehr saftig, sehr marzipanhaft.
Herrn Flohs Gastwirtschaft ist nicht umsonst brechend voll, der Spagat zwischen regionaler Qualität und sinnvoller Bepreisung geht hier jedenfalls auf. „Wenn wir so weitermachen, dann müssen wir aufpassen, dass wir nicht auf dem Baum neben dem Affen landen“, meinte Franz Keller im „SZ“-Interview. Wenn es auf dem Weg dorthin so schmeckt wie beim Floh, soll es mir recht sein.
Empfehlung: Auf nach Langenlebarn, egal wonach einem der Sinn steht
Stimmung: Gasthaus mit Gesamtkonzept
Preisverhältnis: Nichts vom hier Erwähnten kommt über die 20-Euro-Marke hinaus
Gastwirtschaft Floh, Tullnerstraße 1, 3435 Langenlebarn, derfloh.at