Fußball-Kolumne: In Salzburg spielt Hirn Fußball
Eine österreichische Mannschaft steht im Viertelfinale des Europacups. Das hat etwas Historisches. Zuletzt gelang das einer heimischen Truppe vor dreizehn Jahren. Das vorletzte Mal liegt 22 Jahre zurück. Manche schreiben von einem zweiten Cordoba. Der kleine Österreicher betoniert den großen Deutschen. Das sind Jahrhundertereignisse im hiesigen oft arg gebeutelten Fußballzirkus. Doch viel bedeutender als der Viertelfinal-Aufstieg der Salzburger scheint diese gar nicht österreichische Herangehensweise: Der Verein räumt gerade mit Naturgesetzen des heimischen Fußballs auf.
Denn wenn man den Tabellendritten der deutschen Bundesliga eliminiert, eine Mannschaft mit zahlreichen Weltmeistern und Weltklassespielern, ein Team mit dem siebenfachen Marktwert der eigenen Truppe, dann kann man sich wohl schwer auf das viele Mateschitz-Geld in Salzburg (das ja gar nicht mehr so viel ist) ausreden. Dann wird offensichtlich, dass in Salzburg vor allem Hirn Fußball spielt und nicht Geld.
Salzburg wählt die Strategie: Angriff ist die beste Verteidigung. Und die geht tatsächlich auf.
Man ist es zudem nicht gewöhnt, dass eine österreichische Mannschaft derart strukturiert einen Plan verfolgt und umsetzt. Österreichische Europacup-Aufstiege waren oft Schlachten. In Salzburg wirkt das eher nach roboterhaftem Konzeptkick. Das hat aber einen Vorteil: Man hat sich ja daran gewöhnt, dass österreichische Teams einen Vorsprung gerne über die Zeit mauern. Das sieht dann so aus: Die heimische Mannschaft im eigenen Strafraum, ein wie wild stürmender Gegner und die Erkenntnis: Jetzt entscheidet der bloße Zufall über Aufstieg oder Nicht-Aufstieg. Salzburg zeigt, dass das auch anders geht und es kein unüberwindbares Dogma ist, dass der Gegner, der hinten liegt, natürlich auf ein Tor spielt, das der Österreicher.
Salzburg wählt die Strategie: Angriff ist die beste Verteidigung. Und die geht tatsächlich auf. Wenn Dortmund das Spiel aufbauen wollte, waren um jeden Deutschen drei Österreicher. Salzburg kam bis auf zehn Minuten in der zweiten Hälfte dadurch nie unter Druck. Der Puls-4 Kommentator meinte im Hinspiel anfangs noch, dass das doch etwas leichtsinnig sei, dieses von Anfang an hoch stehen und angreifen.
Es war nicht leichtsinnig. Viele österreichische Mannschaften haben in der Vergangenheit gezeigt, was tatsächlich leichtsinniges Harakiri ist: sich im eigenen Strafraum verbarrikadieren und den Zufall das Spiel entscheiden zu lassen.