Skateboarding als Modetrend: Zwischen Subkultur und Kommerz
Die amerikanische Modezeitung Vogue widmet dem Thema Skateboarding ein Special, eine Zigarettenmarke warnt mit einem Anzugträger auf einem Longboard vor dem Verspießern und Bildungsmessen werben mit Skateboardern, um junge Menschen für Lehrberufe zu begeistern: Skateboarding hat sich in den letzten 20 Jahren von einer Subkultur für Außenseiter zu einem Trendsport und mittlerweile zu einem Lifestyle entwickelt, der es bis auf die Laufstege der teuersten Designer der Welt geschafft hat. Diese Entwicklung treibt dabei immer wieder sonderliche Blüten. So zeigten sich in letzter Zeit Stars wie Justin Bieber, Rihanna oder Ryan Gosling vermehrt mit T-Shirts des amerikanischen Skateboardmagazins "Thrasher" und verhalfen der Marke weltweit zu unerwarteter Aufmerksamkeit. Das Interessante daran: "Thrasher" ist keine Brand der letzten Jahre, sondern ein tief in der Skateboardcommunity verankertes Magazin, das seit 35 Jahren dem Skateboarding als Außenseiterdasein frönt.
Dass sich die Skateboardkultur hervorragend kommerziell ausschlachten lässt, ist jedoch kein Phänomen der letzten Jahre. Bereits die ersten Skateboardstars der 1970er-Jahre wie Tony Alva oder Stacy Peralta (Z-Boys) konnten den Versuchungen von potenten Sponsoren nicht widerstehen. Als in den 1980ern das Vert-Skaten (Halfpipe) mit Fahrern wie Tony Hawk oder Christian Hosoi immer mehr Zuschauer weltweit begeisterte, sprangen wiederum Marken wie Swatch auf das rollende Brett auf. Mit der Einführung der X-Games im Jahr 1995 durch den amerikanischen TV-Sender ESPN erreichte die Vermarktung der einstigen Subkultur einen neuen Schub, der bis heute andauert. Und als wenige Jahre später große Konzerne wie Red Bull, Nike oder Adidas in das Skateboardgeschäft einstiegen, war klar, dass das Holzbrett mit den vier Rädern noch weiter in die Bereiche Mode, Sport und Lifestyle vorstoßen wird.
Das mag man bedauern oder begrüßen. Die Kultur des Skateboardings sei aber derart vielschichtig, dass es immer Platz für Trends wie auch Nischen geben wird, meint Michael Paul, Inhaber des Stil-Ladens in Wien. Paul stellte sich das erste Mal gegen Ende der 1980er-Jahre auf das Brett und prägt seither die Wiener Skateboardszene maßgeblich mit. "Es gab damals ein Bruderpaar in Döbling, das immer wieder Boards aus den USA bekommen hat. Da hat man auf gut Glück bei ihnen vorbeigeschaut, gehofft, dass sie zuhause sind und ein paar Boards in ihrer Garage haben", erzählt der 40-Jährige von seinen Anfängen. In Wien war vor allem die Donauinsel jahrelang der wichtigste Treffpunkt für Skateboarder in der Stadt. Fast 30 Jahre später hat sich vieles geändert, und die Stadt Wien hat in den letzten Jahren gemeinsam mit den Skateboardern Skateparks wie jene im Währinger Park oder am Neubaugürtel entwickelt.
Ein Ende dieser Entwicklung ist nicht abzusehen. Denn der gesellschaftliche Zeitgeist fühlt sich in der Skateboardkultur derzeit einfach zu wohl: Die Fahrt (oder manchmal auch nur das Tragen) am Brett steht für Freiheit, Individualität und Kreativität. Und sollte die Trendkarawane unerwartet doch bald weiterziehen, dürfte das Spiel wohl einfach wieder von vorne losgehen. Denn ein paar Stufen und Parkplätze zum Fahren, wird es immer geben.