So schmeckt's im neuen „Kleinod am Ring“
Jössas, sind die groß geworden! Die Familie „Kleinod“ wächst und wächst. Zuerst war da das ursprüngliche „Kleinod“ in der Wiener Singerstraße, später kamen das „Prunkstück“ in der Bäckerstraße sowie der „Kleinod“-Stadtgarten dazu – und jetzt wagen sich die Betreiber Philipp Schreiber, Alexander Batik, Oliver Horvath und David Schober im Team mit Salar Gerami an ihr bisher größtes Unterfangen: das „Kleinod am Ring“.
Unter diesem Namen bespielen sie seit der Vorwoche die Räumlichkeiten des ehemaligen „Comida y Ron“, ein zweistöckiges Lokal am Stubenring. Schon beim Eingang türmt sich die zentrale Bar spektakulär in die Höhe: ein stimmig beleuchtetes Marmor-Eldorado für Cocktail-Schlürfer, wirklich sehr schick. Darauf gleich einen Shot. Die gibt es hier in verschiedensten Varianten – die Gazpacho-Version (5,50 Euro) enttäuscht leider: Die Wodka-Tomatensaft-Mischung wurde sehr warm serviert – und das ist für etwas, das „Gazpacho“ im Namen trägt, definitiv der falsche Zustand.
Das Spannende am neuesten „Kleinod“-Ableger ist aber ohnehin die Küche. Mit Felix Albiez ist ein renommierter Koch an Bord. Er setzt auf ein Bar-konformes Tapas-Konzept, das über Club-Sandwiches hinausgeht. Die eingelegten, geschälten Baby-Paradeiser kommen mit Zesten von Amalfi-Zitronen und Bourbon-Vanille (7 Euro). Feine Klinge, die Vanille bleibt im Hintergrund – süßlich, säuerlich, sommerlich. Intensiv geraten ist die Ceviche (15 Euro). Gewürfelter Kabeljau und „Granny Smith“-Bällchen ergeben gemeinsam mit der rustikalen Schärfe der Habanero-Chili und dem nicht sparsam eingesetzten Koriander einen Teller, der eine Vorliebe für intensivere Geschmäcker voraussetzt. Detail: Zwei, drei frittierte Maiskörner sind ebenfalls anwesend.
Nicht satt, aber glücklich macht dann der „Petite Wagyu Burger“ (9 Euro, Bild oben). Das japanische Rind kommt aus der Steiermark, ist medium gebraten und wird zwischen fast nichts außer zwei Brioche-Hälften gepresst. Zudem gibt’s noch einen Löffel hausgemachte Zwiebelmarmelade – lustig, aber halt schon sehr petit.
Mehr Arbeit kommt dann mit dem „Bio-Tafelspitz-Nigiri“ (12 Euro, Bild unten) auf die Kundschaft zu: Die drei Nigiri machen optisch ordentlich etwas her, doch das Tafelspitz-Carpaccio mitsamt dem Kren und etwas zu klebrigem Reis im Mund ist ganz schön viel. Aufschneiden stellt keine Alternative dar, das Essen verkommt dann zum Matsch. Geschmacklich in Ordnung, über die Proportionen müsste man vielleicht noch mal nachdenken.
Nachdenken werden auch viele Gäste müssen, wenn sie eine ganze Artischocke (17 Euro, Bild ganz oben) aufgetischt bekommen – das Edelgemüse ist von den Speisekarten in dieser Form so gut wie verschwunden. Ist das Auszuzeln der Blätter erfolgreich beendet, kann das Artischockenherz in die Küche zurückgeschickt werden und kommt fünf Minuten später heiß zurück auf den Tisch. Ein bisschen Entertainment darf’s halt schon auch sein.
Das frittierte Hendl (ebenfalls aus der Steiermark) mit Chili-Mayonnaise (13 Euro) ist eine sichere Bank; schön, dass Albiez hier auf die saftige Keule setzt. Äußerst delikat dann die butterzarte Shortrib (21 Euro, Bild unten). Das Fleisch zergeht im Mund, die Sauce bordelaise unterstützt es mit ihrem intensiven Rotwein-Aroma perfekt. Süßkartoffelchips und ein bisschen Petersiliengremolata dazu – der Höhepunkt.
Ein, zwei Kleinigkeiten funktionieren im „Kleinod am Ring“ noch nicht ganz. Trotzdem: Für eine Bar ist das küchentechnisch schon im oberen Bereich. Nachtschwärmer finden hier ein schönes Ambiente mit guter Küche in einer fast entspannten Atmosphäre vor. Wenn nicht sehr viel schiefgeht – und das wird es nicht –, steht dem Erfolg nichts im Wege.
Stimmung: Casual Chic – ganz wie der (nicht von allen Besuchern eingehaltene) Dresscode
Empfehlung: Nicht nur zum Trinken kommen
Preisverhältnisse: Speisen zwischen 6 und 45 Euro
Kleinod am Ring
Stubenring 20
1010 Wien
Mo–Mi 16.00–3.00 Uhr
Do–Sa 16:00–4.00 Uhr
kleinod.wien