Spargel, Beuschel, Krautfleckerl: Das neue „Fat George“-Gasthaus
Seien wir ehrlich: Wer sich im Großraum Wien tendenziell links der Donau aufhält (stromaufwärts gesehen), findet alles rechts davon irgendwie weit weg. Sicher, man kann dort wohnen oder arbeiten. Aber sonst? Aber ja: Spargelzeit wär’, das Marchfeld ist von da draußen aus gar nicht mehr weit – und der Gastronom Stefan Krennmayer hat mit dem „Fat George“-Gasthaus in der Esslinger Hauptstraße gerade eine neue Labestation geschaffen.
Krennmayer ist in Essling kein Unbekannter: Er betreibt das haubengekrönte „Fat George“-Restaurant (der Name nimmt Bezug auf die Esslinger Jazz-Legende Fatty George, der eigentlich Franz Georg Pressler hieß) und etwa einen Kilometer entfernt nun also auch ein Gasthaus: niederschwelliger, preisgünstiger, traditioneller – und mit Mittagsmenü. Die neue Dependance sieht von außen eindeutig unspektakulär aus, aber auch hier kommt es auf die inneren Werte an, und tatsächlich wurde das in die Jahre gekommene Häuschen innenarchitektonisch elegant in die Gegenwart überführt. Der Zug zur Moderne ist nicht zuletzt auch an den schicken Schürzen der Servicebrigade erkennbar, so etwas würde man eher beim Fusion-Japaner in der Innenstadt vermuten.
Es gibt aber auch ganz klare Signale in Richtung Bodenständigkeit, das wird zum Beispiel erkennbar an der Innereien-Auswahl. Die Kalbsleber gibt’s geröstet und gebacken, die Wahl fällt aber auf das Kalbsbeuschel (Bild oben) mit Serviettenknödel. Und das ist nicht weniger als ein Traum: fein geschnitten, mit viel auf den Punkt gegartem Wurzelgemüse vermengt, wunderbar abgeschmeckt. Der Knödel ist nach dem Kochen noch kurz angebraten worden. Perfekt getroffen auch die Krautfleckerl (Bild unten): Sowohl Kraut als auch Fleckerl haben Biss, das Gericht wurde angenehm süßlich karamellisiert. Süß auch der frische Blattsalat, dafür bin ich dann zu wenig Wiener. Immerhin sorgt der Schnittlauch für dezente Schärfe.
Jetzt aber der Grund, warum wir eigentlich hier sind: der Spargel aus dem Marchfeld (Bild ganz oben). Man kann ihm aktuell nicht entgehen, er überschwemmt die Supermarktregale und Speisekarten, heuer schon so früh wie noch nie und mit einem Kilopreis, der einem schon mal den Atem rauben kann. Und ausgerechnet beim Spargel gibt es hier leider Gründe zum Jammern: Er ist an den Spitzen leicht ergraut. Es geht weiter: Er war etwas zu lange im Wasser. Und leider: Die Graufärbung hat auch die Petersilerdäpfel nicht ganz verschont. Schinken, Sauce Hollandaise drüber, alles gut. Aber wenn man schon modern sein will, sollte man den ganzen Gang eigentlich dekonstruieren und alles à part zum Tisch bringen.
Genug gejammert: Das Schokoladenmousse mit Himbeerkompott verzichtet auf sämtlichen Schnickschnack. Es ist schön fest und schokoladig-gehaltvoll, mit dem Kompott hat man auch nicht gespart. Für den Passierter-Fruchtspiegel-Innenstadtbewohner: Ja, das gehört so, die Himbeerkerne bleiben beim Kompott drin. Und weil „Gasthaus“, natürlich auch: Staubzucker – eh klar.
Einen Grund, um in die Donaustadt zu kommen, liefert das „Fat George“-Gasthaus mit Sicherheit. Wer mit Innereien nichts anfangen kann, kann ja ein Schnitzel bestellen. Und wem das Schokomousse zu abgefahren erscheint: Einen Apfelstrudel gäbe es zur Not auch.
Stimmung: modern-rustikale Gastlichkeit
Empfehlung: hinfahren (Parkplatz vorhanden, Öffi-Verbindung ausbaufähig)
Preisverhältnis: Vorspeisen zwischen 7 und 15 Euro,
Hauptspeisen 13 bis 23 Euro, Dessert 5 bis 8 Euro
fat-george.com