Sushi mit österreichischen Fischen: So schmeckt's im „SeeSushi“
Haben Sie den Donauwalzer ohne Beinbruch überlebt? Klingt der Neujahrskonzert-Tinnitus schon ab? Glückwunsch! Für den Fall, dass Sie Ihre Dosis Österreich gerne noch um ein paar internationale Facetten erweitern wollen, hier eine Lokalempfehlung.
In der Ferstel-Passage im 1. Wiener Gemeindebezirk eröffnete Anfang Dezember Dominik Edlingers „SeeSushi“, der erste Wiener Ableger des am Wolfgangsee beheimateten Fusion-Lokals. Edlinger hatte dort die glänzende Idee, für sein Sushi keinen zuagroasten Thunfisch oder Lachs zu verwenden, sondern stattdessen auf heimische Saiblinge und Lachsforellen zu setzen.
Erster Eindruck vom Wiener „SeeSushi“: Es muss sich um den jüngsten Spross der Wiener Fusion-Institution „Mochi“ handeln. Drinnen gibt’s nur drei Tische mit perfektem Blick auf die offene Küche. In der wird fleißig geflämmt, gerollt und geschnitten. Unweigerlich zieht das innere Auge ein Hattori-Hanzō-Schwert.
Eine Spur Tarantino enthält die „SeeViche“ vom Ausseer Saibling (Bild oben, rechts) dann tatsächlich. Sie ist eigentlich eine Mischung aus altbekannten Zutaten, doch die Zusammenstellung lässt das Gericht frisch und kreativ erscheinen: Es gibt zwar das für Ceviche typische Säurespiel, durch den Einsatz einer sehr scharfen Sauce geht das Ganze aber viel mehr in Richtung spicy, als man erwarten würde. Ein ganzes Korianderblatt als Garnitur sieht man selten, sollte aber Einzug in die Küchen halten.
Die Champignons wurden auf die Garstufe „sehr knusprig“ rausgebacken. Gemeinsam mit der mild geratenen Yuzu-Chili-Mayo ein reines Vergnügen. Das aus Weißbrot hergestellte Panko-Mehl umhüllt dann auch noch die Süßwasser-Garnelen (Bild oben, links), die nichts gemein haben mit den C-Promi-Crevetten aus dem Tiefkühler. Sie sind kräftig, fleischig und sehr zart. Hintergründig die Trüffel-Miso-Mayo, die vielleicht ein bisschen mehr Pilz vertragen hätte. Zwischenfazit: Fini kann ihr Feinstes künftig im Schrank stehen lassen.
Pilze kommen dann beim XO-Beef- Rinder-Crudo (Bild oben) prominent vor: Die eingelegten Schwammerl sind sehr sauer und übertünchen die aus Sesam und hier auch aus Erdnüssen bestehende Goma-Sauce ein bisschen. Dennoch ein sehr einfallsreicher Teller, auch dank der Eigelbflocken und durch den dezenten Einsatz von Olivenöl schafft die Speise den unmöglich geglaubten Spagat zwischen klassischem Carpaccio, eingelegtem Jausengemüse, Japan-Vibes und Italien-Urlaub.
Jetzt zu den Hauptdarstellern: Das Sushi aus österreichischen Fischen kann sich deutlich vom bekannten Sushi-Geschmack absetzen. Am offensichtlichsten wird der Unterschied bei den am Brett servierten Nigiris (Bild ganz oben). Es gibt mehrere Varianten von zwei Fischen: einmal Saibling, einmal Lachsforelle – pur. Dann noch einmal Saibling und Lachsforelle, jeweils abgeflämmt, der Saibling mit Zitronenzeste, die Lachsforelle mit Yuzu-Ponzu garniert. Das schmeckt wesentlich milder und fettärmer, als man es sonst kennt. Die Light-Variante eines Nigiris – und das ist absolut positiv gemeint.
Das Lachsforellen-Sashimi (Bild oben) kommt selbstbewusst (zu Recht, die Fischqualität ist wirklich hervorragend) und mit Teriyaki, Limette und der bekannten Goma-Sauce aus der kleinen Küche. Die mit Saiblings-Tatar gefüllte Hand Roll (Bild ganz oben) stellt eher das Gesamtwerk in den Vordergrund als den Fisch, aber das Reis-Fisch-Schärfe-Mundgefühl ist sensationell.
Die Topfennockerl mit Butterbröseln und Yuzu-Zwetschkenröster (Bild unten) passen nicht nur in Bergwelten, sondern funktionieren auch in der Innenstadt aufgrund ihrer zarten Beschaffenheit einwandfrei. Die zur Mousse verarbeitete belgische Schokolade wurde kurz tiefgekühlt, um dann mit einer knusprigen Schokohülle überzogen zu werden. Schwächen kennt man im „SeeSushi“ offenbar nicht.
Beim Eintreten hielt ich das „SeeSushi“ noch für ein Möchtegern-Mochi, gepaart mit ein bisschen zu viel Bewusstseins- und Nachhaltigkeits-Brimborium. Weit gefehlt: Nicht nur schmeckt das sensationell zubereitete Sushi anders als gewohnt, die ganze Idee passt mit ihrer zeitgeistigen Art perfekt in die Großstadt. Kulinarisch kann das neue Jahr gern so weitergehen.
Stimmung: ServusTV produziert Animes
Empfehlung: Hingehen (auch wenn man Sushi schon öfter gegessen hat)!
Preisverhältnis: Small Plates & Signatures: 7–22 Euro, Nigiri 2 Stück: 7–9 Euro, Sashimi 5 Stück: 14 Euro, Handrolls: 15–20 Euro, Maki 6 Stück: 6–7 Euro, Dessert: 12–13 Euro
SeeSushi, Strauchgasse 4, 1010 Wien, seesushi.net