Teamchef Foda: Bitter im Abgang
Langweilige Länderspiele können von Wutreden des Trainers gerettet werden. Jedenfalls das ist nach dem gestrigen Abend klar. Der italienische Starcoach Giovanni Trapattoni hatte seine Wutrede („Spieler wie Flasche leer“), ebenso wie Peter Pacult, Hans Krankl und Huub Stevens. Bei cholerischen Vertretern der Branche gehören sie zum guten Ton. Franco Foda hatte sich (zumindest in der Öffentlichkeit) immer im Griff. An der Seitenlinie neigte er zwar zu Gebrüll, wenn seine Spieler die Mittellinie überquerten – doch sobald das Mikrofon angesteckt und die Kamera an war, lächelte Foda freundlich, sprach ruhig und sachlich. Ausgerechnet am Tag seiner Verabschiedung änderte er seine Gewohnheiten. Statt das Spiel zu analysieren, kritisierte Foda seine Kritiker.
Wutschnaubend erklärte der Deutsche, dass es wichtig wäre, den ÖFB in Ruhe arbeiten zu lassen – „und nicht jeder eine Bühne bekommt, um seinen Senf abzugeben“. Fodas ärgerte die Kritik ehemaliger Teamspieler. „Das allerschlimmste ist“, setzte er fort, „dass ein Herr Klein (Ex-Teamspieler Florian Klein, Anm.) einen Trainer im Vorfeld kritisiert und bewertet – mit welcher Berechtigung? Irgendwann ist auch genug. So kann es in Zukunft nicht weitergehen. Irgendwann müssen wir mal aufhören mit solchen Themen.“
Florian Klein hatte betont, dass Fodas Spielweise nicht zu den Teamspielern passe, der Top-Favorit auf dessen Nachfolge, Peter Stöger, „eher defensiven“ Fußball pflege – und dabei die Frage aufgeworfen, „wie er zu diesen Spielern passt.“
Klein bezeichnete niemanden als Höhlenmenschen, sondern bewertete bloß die Kompatibilität einer bislang erkennbaren (und daher beurteilbaren) Trainer-Spielweise mit dem aktuellen Spielerpool der Nationalmannschaft. Sprich: Er agierte so fachlich einwandfrei, wie es von Verbänden und Vereinen selten praktiziert wird.
Während Krankl, Trapattoni oder Pacult ihre Wutreden im Blutrausch hielten, formulierte Foda seine Kritik zwar leicht aufgebracht, aber klar bei Sinnen – was sein artikuliertes Medienverständnis noch bedenklicher erscheinen lässt. Foda hätte seinen Worten nach also gerne, den Persilschein zum unbehelligten Fuhrwerken für Verbände und Vereine. Trainer sollen nicht nach ihrer Spielweise bewertet werden, sondern gar nicht.
In seinem Selbstverständnis forderte er dabei keine Abschaffung jeglicher kritischen Öffentlichkeit, sondern sah sich als heroischen Advokaten gebeutelter Verbandsfunktionäre und Fußballtrainer. „Man muss sie einfach nur in Ruhe arbeiten lassen, das ist das Wichtigste – und nicht immer nur nörgeln, kritisieren und ein Besserwisser sein“, kritisierte Foda.
Marc Janko, Florian Klein oder Roman Mählich arbeiten als Analytiker fürs Fernsehen – und werden dafür bezahlt, Bewertungen und Analysen abzugeben. Sie sind Teil des Handwerks. Sky-Experte Marc Janko sprach regelmäßig die von profil aufgedeckten Stimmungsprobleme innerhalb des ÖFB-Nationalteams an. Auch ORF-Experte Helge Payer schlug gestern in eine ähnliche Kerbe. Foda verärgert das. Sportdirektor Peter Schöttel meinte dazu: „Es wundert mich, dass er aus der Ferne so eine Diagnose stellt.“ Was Foda und Schöttel übersehen: Janko, Klein & Co. haben als ehemalige Teamspieler, die erst vor kurzem in Pension gingen, logischerweise einen guten Draht zu Spielern, mit denen sie Freundschaften pflegen. Es handelt sich um das Gegenteil von Ferndiagnosen.
Foda ist in persönlichen Gesprächen mit Journalisten stets freundlich, höflich und auch nach kritischen Berichten zu einem Austausch bereit. Doch sein Medienverständnis wurde im Hintergrund oft sichtbar: Ein Interview des Internetportals 90minuten.at (an dem der Autor dieser Zeilen beteiligt war) schrieb Foda einst komplett um – und strich dabei ganze Antwortblöcke samt dazugehöriger Fragen. Das Interview wurde nie veröffentlicht. Das Portal beschrieb danach aber den Ablauf dazu.
In Fodas Denkweise haben Journalisten, die ihn kritisieren, eine persönliche Aversion. Er kann sich nicht vorstellen, dass es um die Sache geht. Der Ex-Sturm Graz-Trainer Foda wurde in der kleinen steirischen Medienwelt zwischen Kronen Zeitung und Kleine Zeitung, die ihm wohlgesonnen waren, sozialisiert. Als Teamchef stand er zeitweise im Kreuzfeuer der Medien. Foda versuchte dabei keine Miene zu verziehen, doch die Irritation darüber war ihm anzumerken.
„Wie ich über Fußball denke, kann er gar nicht wissen. Er hat mit mir noch nie gesprochen“, schimpfte Foda in Richtung der Aussagen von Ex-Teamspieler Klein. Foda übersieht dabei, dass ihm ein ganzes Land bei seiner Arbeit zusieht, er in dutzenden Interviews pro Jahr bereitwillig Auskunft gibt. Seine Idee von Fußball ist nach viereinhalb Jahren als Teamchef gläsern geworden.
Im Abgang, das wird in Erinnerung bleiben, war Foda bitter – beleidigt und beleidigend. Er habe Erfolge vorzuweisen, betonte Foda „gegenüber einem Trainer wie Roman Mählich, der weniger erreicht hat“. ORF-Experte Mählich hatte mehrmals kritisiert, dass Fodas Spielweise nicht zu den Qualitäten der Spieler passe.
Foda verwechselte in seiner Abschieds-Wutrede, dass Kritik an seiner Arbeit, keine Kritik an seiner Person darstellt. Sie betraf seine Spielweise und seine Management-Fähigkeiten als Teamchef. Auch (und gerade ) die Fußballbranche braucht eine kritische Öffentlichkeit, die den handelnden Personen auf die Finger schaut. Foda inszenierte sich zum Abschied als Medienethiker, beklagte aber in Wahrheit Majestätsbeleidung – und blieb damit, was seine gesamte Teamchef-Ära umwehte: ein Missverständnis.