Trojan Turkey

Thanksgiving 2018: Trojan Turkey

Thanksgiving 2018: Weltpolitik im Vogelbauch.

Drucken

Schriftgröße

Einen Truthahn zu begnadigen, das scheint mir dem Naturell des gegenwärtigen Präsidenten der USA vortrefflich zu entsprechen. Daumen hoch, Herr über Leben und Tod sein, in der Allmacht zu baden - all diese Assoziationen hatte man bei früheren Präsidenten nicht; na ja, manchmal schon, man muss die Büsche und Ronald Reagan ja auch mitrechnen.

Zu Daumen hoch gehört aber auch Daumen hinunter. Donald Trump konnte es sich 2017 bei seiner ersten Truthahnbegnadigung vor Thanksgiving, dem größtmöglichen Ausnahmezustand in den USA, nicht verkneifen, darüber zumindest zu witzeln, dass er im Gegenzug für die Gnade, die er den Truthähnen Drumstick und Wishbone gewähre, am liebsten die 2016 von Barack Obama pardonierten Vögel namens Tater und Tot nun ja totmachen würde. So glaubwürdig war er noch selten.

Auf welche Art sich Trump bei der Begnadigung 2018 danebenbenehmen wird, wissen wir schon sehr bald, denn am Donnerstag, dem 22. November, ist es wieder so weit und Hunderttausende Truthähne werden, auf vieltausendfach gefüllte Art, in den Backöfen verschwinden. Das Truthahnbraten unterliegt dabei, wie neulich die "New York Times" feststellte, alljährlichen Moden wie die Länge von Hosen.

Heuer angeblich total out: das seit Jahren zelebrierte sogenannte Brining, das tagelange Einlegen in Salzlake, um die teils zu Recht als staubtrocken verschrienen Vögel halbwegs zartzukriegen. Darüber hinaus übertreffen die Medien einander immer wieder mit neuen Ideen für die beliebten Thanksgiving Leftovers, die Reste von Fleisch, Fülle und Beilagen; Bob Dylan hat den Thanksgiving Leftovers in seiner Radioshow "Theme Time Radio Hour" sogar eine ganze Sendung gewidmet.

In dieser Rubrik gibt es heuer auch einen stuffed turkey, und zwar als Statement gegen Abschottung und Nationalismus, gefüllt mit lauter Dingen, die Migrationshintergrund haben: lateinamerikanischen Süßkartoffeln, persischen Berberitzen und arabischen Gewürzen. Ein Trojan Turkey also.

Rezept: Multikulturell gefüllter Truthahn

Wir gehen in diesem Rezept von einem mittelprächtigen Truthahn mit etwa 5 Kilo aus; das ist wichtig für die Mengenbestimmung der Fülle. Ich gebe die Hauptzutaten mit Handvoll an; was an Fülle übrigbleibt, kann man in einer kleinen Auflaufform neben dem Vogel im Rohr mitbraten.

Für diese Fülle gibt man 2 Handvoll Semmelwürfel in eine große Schüssel. In einer großen Pfanne werden dann je eine Handvoll klein gewürfelte Süßkartoffel und klein gehackter Stangensellerie sowie eine fein gehackte mittelgroße Zwiebel, 3 EL Pignoli, 4 bis 5 EL getrocknete Berberitzen (ersatzweise Cranberries oder gehackte Datteln) und 1 kleiner Bund gehackte Petersilie in Butter angebraten.

Diese Mischung kommt dann zu den Semmelwürfeln. Gewürzt wird mit der geriebenen Schale von 1 Zitrone, je 1 Prise Zimt und Muskatnuss, 2 mutigen EL Kreuzkümmel, Salz und Pfeffer. Die feuchte und bindende Konsistenz entsteht durch 1 bis 2 Eier und 2 EL in 100 ml heißer Milch geschmolzener Butter, die unter die Masse gemischt werden. So rastet die Fülle etwa 20 Minuten, bevor sie in den Bauch des Truthahns gefüllt wird. Der wird anschließend mit Küchengarn zugenäht.

Der außen mit Butter, Kreuzkümmel und Salz bestrichene Vogel kommt in einem großen Bräter bei anfangs 180 Grad in den Ofen; nach etwa einer halben Stunde die Temperatur auf 160 Grad reduzieren, Wasser für die Sauce untergießen und den Truthahn ca. 3 1/2 Stunden weiterschmoren. Wird die Brust schon früher dunkel, mit Alufolie abdecken.

1 Stunde vor Garende allfällige restliche Fülle in eine Auflaufform füllen, mit etwas vom Truthahnsaft beträufeln und neben den Vogel ins Rohr stellen. Sauce zum Schluss etwas reduzieren, abschmecken und mit Mehlbutter binden. Truthahn mit Honig bestreichen, kurz übergrillen und auf einem Tablett servieren; nicht tranchieren, sondern mit einem scharfen Messer nach Bedarf Scheiben von Brust und Keule schräg abschneiden und die Fülle mit einem Löffel herauskratzen.