Prince Philip (1921-2021)

Prince Philip: Mann im Schatten

„Er war ihr Fels in der Brandung”, meinen Kenner des Königshauses über den Ehemann der Queen. Am 10. Juni hätte Prince Philip seinen 100. Geburtstag gefeiert.

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„In tiefem Schmerz”, so die offizielle Mitteilung der königlichen Familie Windsor am vergangenen Freitag, müsse man verkünden, dass „der geliebte Ehemann Ihrer Majestät, der Königin” auf Schloss Windsor im 100. Lebensjahr „friedlich” entschlafen sei. Und unwillkürlich dachte man an das berühmteste aller Trauergedichte, den „Funeral Blues” von W. H. Auden: „Stop all the clocks, cut off the telephone / prevent the dogs from barking with a juicy bone.” Großbritannien wird sich im nächsten Monat in einem Ausnahmezustand befinden. Keine Komödien im Fernsehen, die Parlamentsabgeordneten werden schwarze Trauerbänder um ihren linken Arm tragen, Gesetzesverabschiedungen sind aufgeschoben, Rednern am Parlaments-Pult ist geboten, in Trauerkleidung zu erscheinen.

Die Königin selbst wird acht Tage lang keinerlei Auftritte (auch keine privaten) absolvieren; die nationale Trauer ist, laut der im Großalarm befindlichen Boulevard-Zeitung „The Sun”, auf mindestens 38 Tage anberaumt. Seine letzte Ruhe wird der „Iron Duke”, so der Spitzname für den am längsten dienenden Prinzgemahl aller gegenwärtigen Monarchien, in den „Frogmore Gardens” auf Schloss Windsor finden, der Zeitpunkt des Begräbnisses ist noch unklar. Auf Grund der Pandemie werden nicht mehr als 30 Gäste (und keine Kameras) erlaubt sein.

Dass die Verabschiedung nicht zum medialen Großereignis werden wird, ist durchaus im Sinn jenes Mannes, der als jüngstes Kind von Prinzessin Alice von Battenberg und Prinz Andreas von Griechenland und Dänemark auf der Insel Korfu zur Welt kam. Die britische Boulevardpresse wird in den nächsten Tagen vor allem von einer Frage gepeinigt sein: Wird Prince Harry, der frühere Lieblingsenkel der Queen, mit seiner in Ungnade gefallenen Gattin Meghan, die der Duke of Edinburgh gerne als „Harrys Showgirl” titulierte, zum Kreis der auserwählten Dreißig gehören? Schon vor dessen Hochzeit soll der für bissige Sager berüchtigte Herzog seinen Enkel gewarnt haben: „Mit Schauspielerinnen schläft man nur, aber man heiratet sie nicht.”

Die Duchess of Sussex wird die beschwerliche Flugreise wohl nicht antreten. Ihre Schwangerschaft ist schon weit fortgeschritten, das dürfte den Protokollverantwortlichen des Palasts als Entschuldigung reichen. Es mag vordergründig pietätlos scheinen, aber es ist dem „Hunnen”, wie Queen Mum ihren ungeliebten Schwiegersohn anfangs wegen dessen deutscher Herkunft genannt hatte, durchaus zuzutrauen, dass er sich Sorgen um die Hautfarbe seines Urenkels Archie gemacht hatte. Der in jungen Jahren extrem schnittige Prinzgemahl, der im Laufe seines Lebens über 22.000 Solotermine absolviert hat, trug nicht umsonst den Beinamen Duke of Fettnapf. Sein sardonischer Humor, in explosiver Mischung mit unverhohlenem Rassismus und erheblichem Standesdünkel, füllte ganze Witze-Anthologien. Ein nigerianischer Commonwealth-Sekretär in voller Landestracht bekam von seinem königlichen Gast zu hören: „Sie sehen ja aus, als ob Sie gerade aus dem Bett gestiegen sind.” Bei einem Besuch in Peking warnte Philip die britischen Studenten: „Passt nur auf, dass ihr keine Schlitzaugen kriegt!" Und den verdutzten Helmut Kohl begrüßte Philip einst mit einem kernigen „Willkommen, Herr Reichskanzler!“

Manchmal beschwerte er sich, dass sein Leben als royaler Appendix so sinnlos wie das einer „Amöbe, einer verdammten Amöbe” sei, aber im Grunde seines Herzens war er über nahezu 75 Ehejahre ein vorbildlich dienender Prinzgemahl, der daran gewohnt war, drei Schritte hinter „Würstchen” (so einer seiner Kosenamen für „Lilibeth”) hinterher zu trotten.

Die Ehe ruhte auf dem – in diesen Kreisen eher unüblichen – Fundament der Liebe. Bereits mit 13 war Lilibeth der hölzernen Ponys, die bis dahin auf ihrem Nachttischchen standen, überdrüssig und schwärmte für Philip Mountbatten, den 18-jährigen Kadetten mit dem Wikinger-Appeal. Der Sohn eines griechischen Prinzen, der sein Vermögen an den Spieltischen von Monte Carlo vernichtet hatte und einer von Sigmund Freud fahrlässig behandelten Mutter, die in geistiger Umnachtung endete, galt zwar in Sachen Herkunft und finanzieller Ausstattung keineswegs als erste Wahl, war aber der Prinzessin nicht mehr auszutreiben. An einem grauen Novembertag des Jahres 1947 traten der „Hunne“ und die zukünftige Königin von England vor den Altar der Westminster Abbey. Philip resümierte die ersten Jahre seiner Ehe mit den Worten: „Ich bin aus dem Bett einfach nicht mehr rausgekommen."

Gerüchteweise soll der baumlange Duke auch immer wieder in den Betten bürgerlicher Damen gelandet sein. Die Queen pflegte diesbezügliche Gerüchte stets mit dem Satz „In einer Ehe ist Loyalität wichtig, nicht Treue" in die Bedeutungslosigkeit zu weisen. „Er war ihr Fels in der Brandung”, meinen Kenner des Königshauses. Am 10. Juni hätte Prince Philip seinen 100. Geburtstag gefeiert.

 

 

 

 

Angelika   Hager

Angelika Hager

leitet das Gesellschafts-Ressort