Unverstandene Satire
In den kommenden Wochen wird profil in das breite Feld der Fehlinformation im Internet einführen: Vorgestellt werden sieben Typen von Fehl- und Desinformation im Internet. Entwickelt hat diese Übersicht die NGO First Draft, die gegen Manipulation im Netz ankämpft.
Wir beginnen mit der harmlosesten Form der Fehlinformation: nicht durchschaute Satire. Diese ist online ein Problem, weil Menschen immer wieder auf politische Persiflagen hereinfallen und sich dann ernsthaft über Erfundenes aufregen. Auch in Österreich: Im Frühjahr erntete Bundespräsident Alexander Van der Bellen viel Kritik, nachdem er bei einer Veranstaltung gemeint hatte: "Wenn das so weitergeht bei der Islamophobie, wird noch der Tag kommen, wo wir alle Frauen bitten müssen, ein Kopftuch zu tragen - aus Solidarität.“ Kurz darauf schrieb die Satiresite "Die Tagespresse“ einen Artikel mit der Überschrift: "Zeichen der Solidarität: Van der Bellen hilft bei Koranverteilung auf Mahü“. Dazu gab es auch eine (absichtlich dilettantische) Fotomontage, die den Präsidenten mit zwei Koranen in den Händen auf der Wiener Mariahilfer Straße zeigt. Der Beitrag kam genau zur richtigen Zeit und erntete Zigtausende Likes und viel Gelächter.
Doch einzelne User waren erbost und schienen diese Meldung ernstzunehmen. Einer schrieb etwa: "Alles was Recht ist, aber er sollte sich einmal erinnern wo er herkommt. Das kann ja gar nicht mehr sein. Ich bin so froh, dass ich ihn nicht gewählt habe. In diesem Alter könnte es als eine Krankheit durchgehen.“ Ein anderer meinte: "Sagt mal, der gehoert sofort eingewiesen!!!“ Missverstandene Satire ist noch eine der harmlosesten Formen, wie Menschen im Netz in die Irre geführt werden. Doch auch hier passiert es immer wieder, dass Bürger eine politische Persiflage für echt halten und das empört ihren Freunden weitererzählen.
Wir sehen hier: Nicht jede Irreführung ist böswillig. Aber selbst politischer Klamauk kann Menschen erzürnen, die die Satire nicht erkennen.
Bild: Satiriker Jan Böhmermann