Versprecherjagd: Rainer Pariaseks Hochsaison
Es ist eine große Bühne, die Rainer Pariasek, 53, Star-Sportmoderator des ORF, regelmäßig bespielt. Oft schauen weit über eine Million Menschen zu, wenn er fachsimpelt, scherzt und gelegentlich kritisiert. Neulich beim Match Österreich gegen Deutschland passierte, was oft passiert, wenn Pariasek vor der Kamera auftaucht: es ging etwas schief. Während es regnete und hagelte standen Pariasek und sein Expertenkollege Herbert Prohaska zerzaust unter einem Regenschirm. Aus eingeplanten zwanzig Minuten Vorberichterstattung wurden zwei Stunden. Immer wieder fragte Pariasek seinen Regisseur, ob weitergesendet werde oder lieber nicht. Der Regisseur blieb drauf.
Jetzt, während der Weltmeisterschaft, ist für Pariasek Hochsaison. Öfter als Messi und Ronaldo ist er dabei im Bild. Keiner hat mehr Redezeit; aber auch keinem passieren mehr Versprecher und Pannen. Pariasek verwechselt Namen, kennt Fußballbegriffe nicht und haut bei Scherzen daneben. Ein klassischer Pariasek: Zuletzt begrüßte er Vizekanzler Heinz-Christian als Karl-Heinz Strache. Einmal konnte er den Fußballbegriff „Topscorer“ nicht zuordnen. „Was ist das?“, fragt er. Sein Interviewpartner klärte auf: „Das ist die Summe aus Toren und Torvorlagen.“ Den Spagat zwischen dem gewitzten Entertainer und einem fachlich beschlagenen Wissensvermittler bewältigt er oft ungelenk. In Internetforen wird er verspottet, seine Hoppalas werden zu Klassikern. Der 53-jährige Sportansager wurde im eigentlich spröden Metier zur Kultfigur.
"Der schöne Rainer"
Pariasek, perfekter Teint, braungebrannt, graumeliertes Haar, sieht aus wie Fernsehmoderatoren auszusehen haben: Er ist locker, selbstbewusst, modisch mutig und trägt schon mal rot oder rosa. Eine Satireseite läuft unter dem Namen „Der schöne Rainer“. Was über ihn geschrieben wird, verfolgt er interessiert: „Zusammengezuckt bin ich nur anfangs, jetzt nicht mehr.“
Dabei wollte Pariasek nicht Sportmoderator werden, sondern Strafverteidiger. Ein Inserat der Austria Presse Agentur riss ihn aus seiner Lebensplanung: er stieg in den Journalismus ein. Als ORF-Moderator wurde er Mitte der Neunzigerjahre vor laufenden Kameras ins kalte Wasser geworfen und ohne Training und Ausbildung in die Wohnzimmer gesendet. „Ich wusste: Wenn ich das halbwegs ordentlich mache, bin ich im Radl drinnen, ohne ein halbes Jahr Schulungen machen zu müssen.“
Heute ist er Chefmoderator. Hinter den Kulissen gilt er als ehrgeizig und perfektionistisch. „Über meine Fehler ärgere ich mich maßlos“, erzählt er. Als er einmal den Namen einer Sportlerin verwechselte, hörte man ihn noch während des Beitrages „Fuck“ schreien. Der Clip landete natürlich im Netz. Seine Sendungen hinterfragt er genau: Was spricht er, wie beweg er sich, passt die Körperhaltung. Pariasek erzählt, dass er gerne der perfekte Moderator wäre: „Ich neige dazu, nach der perfekten Sendung zu streben.“ Doch der ORF-Sport gilt als weichgespült, tollpatschig und zu patriotisch. „Sport ist Unterhaltung“, sagt Pariasek, „es gehört aber auch ein journalistischer Touch dazu.“ Immer wieder stellt er bemüht kritische Fragen und legt sich mit den Größen des Sports an. „Es geht nicht, dass wir alles schönreden“, sagt er. „Ich lasse mir nicht alles schlechtreden“, wütete Austria-Sportchef Franz Wohlfahrt auf seine Fragen. Und Austria-Trainer Thorsten Fink bemerkte keck: „Sie haben ja keine Ahnung.“ Egal wie unbeliebt ein Sportler auch sein mag: Sobald er Pariasek attackiert, wird er beim Publikum schlagartig zum Helden.
"Fachlich und seriös"
Seinen Kritikern hält er Umfragen entgegen, die ihm Beliebtheit attestieren. „Dadurch weiß ich, dass ich nicht alles falsch mache.“ Neuerdings trägt Pariasek Brille. Während der WM, so erzählt er, möchte er fachlich und seriös durch die Sendungen führen. Doch sein komödiantisches Talent funkt ihm oft dazwischen: In einer Talk-Show erzählte er , warum sein blonder, langhaariger Expertenkollege Peter Hackmair den ORF verlässt: „Weil er sich anders orientieren möchte.“ Das Publikum lachte über die unabsichtliche Zweideutigkeit. „Ich meinte beruflich“, schob er hinterher. Pariaseks Unterhaltungswert resultiert nicht aus einer durchkomponierten Peter Alexanderhaftigkeit, mehr aus der Tollpatschigkeit eines Thomas Gottschalk.
Auf eines können sich die Zuschauer verlassen: Langweilig wird es mit Pariasek nicht. Einmal fragte er seinen Expertenkollegen Roman Mählich, was ihn an diesem Spieltag am meisten überrascht habe. Dessen Antwort: „Dass du keinen Versprecher hattest.“ Beim Länderspiel Österreich gegen Deutschland boten Pariasek und Prohaska kabaretthafte Situationskomik. „Dem Herbert ist der Regen ins Sakko geronnen und ich musste ihn bei Laune halten“, erzählt er. Pariasek, dem oft zu wenig Fachlichkeit vorgeworfen wird, zeigte dabei, was er am besten kann: das Publikum unterhalten. Egal wie.