Das BVB-Beben: Peter Stöger neuer Dortmund-Trainer
Nur eine Woche nach seinem Abgang beim 1. FC Köln ist Peter Stöger in einer höheren Etage der deutschen Fußball-Bundesliga angekommen. Der Wiener übernahm am Sonntag nach der Entlassung von Peter Bosz mit sofortiger Wirkung das Traineramt bei Borussia Dortmund, wo er gemeinsam mit seinem langjährigen Assistenten Manfred Schmid einen Vertrag bis 30. Juni 2018 erhält.
Bei seiner Präsentation wirkte Stöger zwar etwas müde, aber ungemein motiviert. Der erst am Samstag von Köln nach Wien gereiste Coach hatte die Koffer noch nicht ausgepackt, als ihn der Anruf aus Dortmund überraschte. Kurz entschlossen brach er das Abendessen mit seiner Mutter ab und machte sich auf den Weg zurück nach Deutschland.
Dem Angebot des kriselnden Revierclubs konnte der 51-Jährige nicht widerstehen - trotz der nur kurzen Vertragslaufzeit. "Selbst wenn ich die Möglichkeit gehabt hätte, hier nur 14 Tage zu trainieren, hätte ich das gemacht. Jetzt sind es sechs Monate, mehr brauche ich nicht."
Außerdem meinte Stöger: "Für mich und wahrscheinlich auch für alle eine Überraschung. Es ist aber eine außergewöhnliche Chance und Herausforderung für mich. Ich gehe diese Geschichte mit viel Freude und Emotionen an."
Der Frust über das unschöne Ende seiner viereinhalbjährigen Tätigkeit bei Köln schien mit einem Mal verflogen. Den zeitlich befristeten Kontrakt wertete er nicht als fehlenden Vertrauensbeweis der Dortmunder Vereinsführung: "Ich brauche keinen Rentenvertrag. Man wird im Sport sowieso in kurzen Abständen bewertet."
Aus seiner Erleichterung über die spontane Zusage von Stöger machte Hans-Joachim Watzke keinen Hehl. Denn nach der Trennung von Bosz am Samstagabend im Anschluss an das 1:2 gegen Bremen war der Handlungsbedarf groß. "Wir sind unglaublich dankbar, dass Peter Stöger bereit war, uns in dieser schwierigen Situation zu helfen. Er hat noch nicht mal einen Vertrag unterschrieben", berichtete der Geschäftsführer.
Selbst die desaströse Bilanz von Stöger in dieser Saison beim 1. FC Köln konnte die BVB-Bosse nicht schrecken, wie der Österreicher schmunzelnd feststellte. "Ich hab' ihn gefragt, ob er eh weiß, dass ich der Trainer bin, der in dieser Saison drei Punkte holte", berichtete der Coach vom Telefonat mit Watzke.
Michael Zorc verwies auf die Erfolge des Trainers in den Spielzeiten zuvor: "Er hat in Köln über vier Jahre hervorragende Arbeit geleistet und den Club stetig entwickelt. Seine Mannschaft hat große Stabilität ausgezeichnet. Diese Stabilität erhoffen wir uns von Peter", sagte der BVB-Sportdirektor mit Bezug auf die Abwehrschwäche der Dortmunder in den vergangenen Spielen.
Der langjährige Wegbegleiter Schmid und der einstige BVB-Profi Jörg Heinrich sollen Stöger assistieren. Viel Zeit bleibt dem Trio nicht, die beim BVB seit Wochen ersehnte Trendwende einzuleiten. Schon am Dienstag steht die nächste Partie beim FSV Mainz 05 an.
Nach der sportlichen Talfahrt des Teams mit zuletzt acht Bundesligaspielen ohne Sieg sah sich der BVB zu diesem Personalwechsel gezwungen. Der spielerische Offenbarungseid beim 1:2 gegen Bremen bestärkte die Vereinsführung in ihrem Entschluss, die Zusammenarbeit mit Bosz zu beenden. "Wir sind mit dieser Situation alle nicht glücklich. Aber wenn man als BVB an siebenter Stelle steht, ist einiges schiefgelaufen", befand Watzke.
Die nur sechsmonatige Amtszeit des ehemaligen Trainers von Ajax Amsterdam dürfte als eine der kuriosesten in die Ligahistorie eingehen. Denn noch vor wenigen Wochen schien die Trennung vom BVB undenkbar. Nach der siebenten Runde rangierte das damals furios aufspielende Bosz-Team dank des besten Saisonstarts der Vereinsgeschichte mit fünf Punkten Vorsprung souverän an der Tabellenspitze.
Doch dieser Höhenflug ging abrupt zu Ende. Einziger Sieg in den vergangenen 13 Pflichtspielen war das 5:0 im DFB-Pokal gegen den Drittligisten Magdeburg. Binnen acht Runden büßte die Borussia 18 Punkte auf den Spitzenreiter FC Bayern ein. "Es war für uns eine extrem schwierige Situation, die wir so noch nicht erlebt haben", sagte Watzke.
Bosz, der in 17 Jahren bereits neun Vereine trainierte, ist nach Bert van Marwijk (2006) der zweite beim BVB gescheiterte Niederländer und der insgesamt fünfte beurlaubte Bundesliga-Trainer in dieser Saison. Zuvor mussten bereits Carlo Ancelotti (FC Bayern), Alexander Nouri (Bremen), Andries Jonker (VfL Wolfsburg) und Stöger (1. FC Köln) ihren Stuhl räumen.