Christian Mucha ist nicht nur Herausgeber des Medienmagazins „Extradienst“, sondern auch ein begnadeter Verkäufer, Influencer und Society-Fuchs. Dieser Tage wird er 70. Zeit für ein ausgiebiges Essen mit Resten.
„Wollen Sie sehen, was grad im Schloss passiert?“, fragt Christian Mucha, und bevor ich antworten kann, habe ich schon sein Handy in der Hand und betrachte ein leicht ruckelndes Bild einer Hauseinfahrt. „Oder die Wohnung in Nizza?“ Mucha drückt kurz auf das Handy, und ich sehe einen Livestream aus einer Wohnung mit Meerblick. Ob ich vielleicht das Schloss in Niederösterreich sehen will? Die Wohnung in Wien? Oder doch das Büro, um zu schauen, ob wirklich noch jemand arbeitet? „Ich habe Kameras bei allen meinen Häusern und Wohnungen installiert“, sagt Mucha jetzt und lacht, die Technik sei einfach umwerfend. Ganz egal, wo er sich gerade aufhalte, er habe mit der Überwachungssoftware alle seine Immobilien laufend im Blick. Und so, wie er das sagt, ist klar, dass er diese Kontrolle nicht nur als theoretische Möglichkeit versteht.
Wir sitzen im Bistro Seen-Sucht in Sekirn am Wörthersee, dem Restaurant des Hotel Aeneas. Das Lokal ist übrigens deutlich weniger angestrengt als der Wortspiel-Name vermuten lässt. Mucha, als Herausgeber eines Medien-Branchenmagazins und wahrscheinlich bester Verkäufer des Landes ein profunder Kenner der Verlagsszene, zumindest was ihre Finanzen betrifft, hatte es vorgeschlagen. „Es hat das beste Preis-Leistungs-Verhältnis in der Gegend“, hatte er im Vorfeld gesagt. „Da gibt es ein Mittagsmenü um 20 Euro, das kann sich das profil noch leisten.“ Seine Prognose deckte sich zwar am Ende nicht ganz mit dem Rechnungsbetrag (280 Euro ohne Wein, Mucha hatte aber auch seine Frau dabei, und wir alle hatten Hunger, Anm.), kulinarisch stimmt es aber: Im Bistro wird nach einem Konzept von Hubert Wallner gekocht, der ein paar Kilometer weiter sein Vier-Hauben-Lokal hat. Das Saiblings-Carpaccio (17 Euro) ist deswegen genauso perfekt wie der Rinderrücken vom Grill (38 Euro). Außerdem hat es Mucha nicht weit, er besitzt eine Eigentumswohnung in der Anlage, und ab einem gewissen Alter kann jeder dem Konzept der kurzen Wege was abgewinnen.
Es wird immer jemand geben, der ein größeres Schloss, ein größeres Boot und eine klügere Frau hat, also muss man beim Selbstloben aufpassen.
Christian Mucha
Mucha, das sollte man an dieser Stelle sagen, wird kommenden Mittwoch 70 Jahre alt. Den Geburtstag feiert er mit einem kleinen intimen Fest für seine besten Freunde, und nachdem er weiß, wie gute PR geht, wird man das Event wohl in etlichen Medien mitbekommen. Die „Sonntags-Krone“ hat ihn jedenfalls schon mal besucht: „Vier Seiten in der Sonntagskrone zum 70er. Das ist nicht schlecht für den schmalen Burschen aus dem Gemeindebau in der Grinzinger Straße.“ Die Rede hat er schon länger fertig. Während er sich durch seine Steinpilz-Tagliatelle mit Sommertrüffel (24 Euro) futtert, trägt er Auszüge daraus vor, sinngemäß wird er sagen, dass er mit seinem Leben und dem, was er erreicht hat, mehr als zufrieden ist. Okay, es wird vielleicht ein bisschen pathetischer klingen. („Es wird immer jemand geben, der ein größeres Schloss, ein größeres Boot und eine klügere Frau hat, also muss man beim Selbstloben aufpassen.“)
Tatsächlich hat Mucha mehr oder weniger aus dem Nichts ein Verlagsimperium aufgebaut, neben dem Medien- und Werbeblatt „Extradienst“ gehört ein Tourismusmagazin dazu und ein Lifestyle-Blatt. Daneben tritt Mucha bei Wolfgang Fellners Ö24-Sender als lustiger Haudrauf auf. „Ich sage einfach meistens das, was sich die meisten Menschen denken, aber nicht zu sagen trauen, damit treffe ich ganz gut die Stimmung“, so Mucha. Im konkreten Fall bedeutet es, dass er gern zum Beispiel über Grüne und Klimaschützer schimpft, über woke Personen und über Dinge, die ihm zu links oder zu zeitgeistig sind. Das ist manchmal lustig, manchmal auch ein bisschen arg schräg, wenn sich Mucha zum Beispiel als „politischer Flüchtling“ bezeichnet, weil er seine Firma aus dem 7. Bezirk in die Innere Stadt verlegt hat, weil die grüne Bezirksvorstehung seiner Meinung nach nur Politik gegen Autofahrer machen würde.
Mucha ist ein pointierter Formulierer, er war das immer schon. Mag sein, dass er, was seine Pointen betrifft, selbst sein größter Fan ist, aber das ist in Österreich kein Alleinstellungsmerkmal. Und wahrscheinlich gibt es im Land wenige, die ihren Reichtum und ihren Erfolg so offenherzig vor sich hertragen wie Mucha und seine Frau Ekaterina. Die Schlösser, die Wohnungen, der Rolls-Royce, den er gerade gegen einen Bentley getauscht hat: Mucha hat keinerlei Scheu, vieles herzuzeigen, auch wenn er selbst sagt, dass man manchmal ordentlich aufpassen müsse. Die Geschichte mit dem Kärntner Schloss zum Beispiel. Mucha besitzt es seit einigen Jahrzehnten, und vor einigen Jahren hat er mal sehr breitenwirksam einen Käufer dafür gesucht. „Das hat aber gar nicht gestimmt“, sagt Mucha. „Ich wollte das Schloss nie verkaufen, wozu auch? Aber wenn du Verleger bist, einen Rolls-Royce fährst, eine schöne junge Russin geheiratet hast und ein Schloss besitzt, dann werden die Menschen neidig. Wenn ich also kolportiere, dass ich das Schloss verkaufen muss, dann glauben die Menschen: Jetzt kracht er. Und der Neid verwandelt sich in Schadenfreude.“
Er lacht laut, zündet sich die nächste Zigarette an, nimmt einen Schluck Cola light und legt nach: „Oder die Geschichte mit dem Opernball. Meine Frau trägt da immer Schmuck um Hunderttausende Euro. Wenn sie gefragt wird, dann erzählt sie immer mit gesenktem Haupt, dass sie den Schmuck am nächsten Tag beim Juwelier zurückgeben muss. Aber das stimmt natürlich nicht. Am Tag nach dem Opernball gibt Ekaterina ihren Schmuck nur in den Banksafe zurück. Aber die Geschichte ist so viel besser. Und diese Sätze sind meine Panier gegen den Neid.“
Es gibt Influencerinnen, die haben eine Million Follower auf Instagram und müssen dann von 70.000 Euro leben. Meine Frau und ich machen mit unseren Auftritten eine Million – und zwar noch vor den Gegengeschäften.
Christian Mucha
So ist das offenbar bei Mucha: Die Geschichten können stimmen, sie müssen aber nicht, und das ist auch kein Problem, lustig und unterhaltsam sind sie allemal, und davon leben er und seine Frau. Von den Geschichten, die sie erzählen, derzeit im Übrigen vor allem auf Social Media. Mucha ist überraschend gut auf TikTok unterwegs, seine Frau Ekaterina ist auf Instagram als Influencerin hochaktiv. Die beiden erzählen da über ihr Leben als Superreiche, die von einer Party zur nächsten düsen, das ist manchmal auch ein bisschen schräg, aber es zahlt sich offenbar aus. Knapp ein Drittel des Firmenumsatzes, sagt Mucha, kommt derzeit von Social Media: „Wir haben zwar nicht so viele Follower, etwas mehr als 50.000, aber ich weiß, wie man diese Präsenz zu Geld macht. Es gibt Influencerinnen, die haben eine Million Follower auf Instagram und müssen dann von 70.000 Euro leben. Meine Frau und ich machen mit unseren Auftritten eine Million – und zwar noch vor den Gegengeschäften.“
Eine beeindruckende Geschichte, und definitiv haben die beiden jede Menge Kooperationen, sie sind „Markenbotschafter“, wie Mucha das nennt. Er selbst wirbt für „Atombody“ genauso wie für einen Klimagerätehersteller, für Demmers Teehaus, für Bentley, für die Uhrenmarken Maurice Lacroix und Doxa, er hat einen Vertrag mit Kneissl Tourismus und ist Markenbotschafter von „Christian Wöss Mode“ aus Velden, dort wird er eingekleidet. Die Beträge, die er dabei verdient, sind unterschiedlich, sagt Mucha, aber es kommt in jedem Fall etwas dabei herum.
Knapp drei Stunden dauert unser Essen, wir trinken Kaffee, dann muss Mucha los, ins Bauhaus, Vorhänge für das Schloss besorgen. Als wir gehen, verschwindet Ekaterina Mucha noch kurz in der Küche und kommt mit einem Doggy Bag zurück. Sie hat sich die Reste des Rinderrückens geholt, den ihr Mann nicht aufgegessen hat.
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Markus Huber
ist im Hauptberuf Herausgeber des Magazins „Fleisch“ und schreibt für profil alle zwei Wochen die Kolumne „Powerlunch“.