Was der Hype um Snapchat mit unserem Leben zu tun hat
Falls Sie jetzt den Kopf schütteln, sind Sie vermutlich schon lange volljährig und auf Facebook. Rund 130 Millionen junge Menschen weltweit nutzen hingegen täglich Snapchat. Laut einer Umfrage der Jugendzeitschrift „Bravo“ zählt die App bei mehr als einem Drittel der Nutzer zwischen zehn und 19 Jahren zu den drei populärsten Social-Media-Anwendungen; in den USA „snappen“ bereits 65 Prozent der 18- bis 24-Jährigen. Facebook wollte Snapchat vor drei Jahren kaufen, für drei Milliarden Dollar, doch das Start-up-Unternehmen lehnte ab. Irgendwas muss also dran sein an der App mit dem gelben Geist. Die Idee ist furchtbar simpel: Man verschickt Fotos und Videos an Freunde oder postet sie in einer öffentlichen „Geschichte“.
Snapchat passt perfekt zur Vergänglichkeit des Lebens.
Der Witz daran ist, dass sich die „Snaps“ binnen weniger Sekunden selbst löschen, die „Geschichten“ innerhalb von 24 Stunden. Wie sinnlos, könnte man denken. Doch das ist es keineswegs. Es gibt keinen Grund, jeden Schnappschuss länger aufzubewahren. Das Leben ist kein Fotoalbum, es bewegt sich, oft rast es dahin. Ich finde es geradezu pervers, wenn Menschen zwanghaft versuchen, jeden Moment auf Dauer festzuhalten, womöglich auch noch quasiöffentlich, wie auf Facebook. Man erlebt einen Augenblick, findet gerade was lustig oder schräg, macht irgendeinen Blödsinn – und schon geht das Leben wieder weiter.
Unsere erlebte Gegenwart dauert gerade einmal drei Sekunden, haben Hirnforscher festgestellt. Insofern passt Snapchat perfekt zur Vergänglichkeit des Lebens. Zugleich gibt die App Menschen die Möglichkeit, ihr Leben ganz spontan mit anderen zu teilen. Als Erwachsener erlaube ich mir, das nicht bloß cool zu finden, sondern einfach schön.
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