Was weiß Facebook über mich?

Datenschützer und Aktivisten warnen seit Jahren vor der Datenkrake Social Media. Aber was weiß Facebook wirklich über uns?

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Der Missbrauch von Facebook-Nutzerdaten ist weitreichender als angenommen. Die Firma Cambridge Analytica soll Daten von bis zu 87 Millionen Usern erhalten haben. Welche das genau waren, werden wir wohl nie erfahren. Wie so etwas möglich ist, wissen wir aber schon länger. Die Schwachstelle nennt sich "API", eine Schnittstelle zur Anwendungsprogrammierung. Diese erlaubt es externen Entwicklern Facebook für ihre App zu nutzen und auf Daten von Usern zuzugreifen, solange diese dem zustimmen. Eine frühere Version dieser API erlaubte jedoch nicht nur den Zugriff auf die eigenen Daten, sondern auch auf die Daten aller Facebook-Freunde der Person, die die App nutzte. Jene Daten wurden gesammelt und später an Cambridge Analytica übergeben. Aber was weiß Facebook eigentlich über uns? Über einen Link in den Einstellungen kann man seine gesammelten Daten herunterladen.

Mein Leben in einem File

Dass Facebook alles speichert, was auf der Plattform passiert, erscheint zunächst logisch und nicht sonderlich bedrohlich. Lädt man aber seine gesammelten Daten herunter, wird einem erst klar, was das bedeutet: Facebook kennt jeden meiner Freunde und weiß, wann ich sie hinzugefügt habe. Facebook speichert alle meine Aktivitäten, jeden Status, den ich geschrieben habe, jeden Post, den ich gelikt oder geteilt und wann ich das getan habe. Facebook speichert alle Events, die ich jemals selbst organisiert habe oder zu denen ich eingeladen war - inklusive Ortsangaben in Breiten- und Längengrad. Da wird es dann schon etwas gruselig. Doch es geht weiter: Facebook liefert mir in dem File alle Nachrichten, die ich seit meinem Beitritt zur Plattform mit meinen Freunden ausgetauscht habe. Jede private Konversation der letzten zehn Jahre, einfach einseh- und durchsuchbar.

Aber was fängt man denn mit so vielen Daten an? Kann die überhaupt jemand verarbeiten? Ja, das geht. 2014 veröffentlichte Facebook selbst eine erstaunliche Anwendung seiner Datenanalyse: Facebook kann vorhersagen, ob zwei User in Kürze eine Beziehung eingehen werden. Kurz bevor sich der Beziehungsstatus auf Facebook ändert, konnte ein deutlicher Anstieg der gegenseitig in der Timeline geteilten Posts beobachtet werden. Nach der Änderung des Beziehungsstatus auf "In einer Beziehung", werden die Posts wieder weniger. Dafür dreht sich ihr Inhalt primär um positive Emotionen.

Was weiß Facebook noch?

Aber auch ohne komplexe Analyse kann man aus den Dingen, die wir Facebook über uns sagen, zum Beispiel sehr leicht politische Typologien erstellen. Welche Seiten Ihnen "gefallen", was Sie lesen und anklicken, verrät schon einiges über Sie und Ihre Einstellung zu bestimmten Themen. Sind Sie politisch eher links oder rechts? Sind Sie für oder gegen das generelle Rauchverbot? Und was ist mit dem Gesichtsverhüllungsgesetz? Dazu kommen noch weitere Informationen, die vor allem für Werbetreibende interessant sind. Facebook erhält seine werberelevanten Daten nach eigenen Angaben aus vier Quellen:

  1. Aktivitäten in Apps und Diensten von Facebook: Dazu gehören Seiten, die Sie oder Ihre Freunde gelikt haben und Informationen über Sie aus Ihrem Facebook- und Instagram-Profil.
  2. Weitere Online-Aktivitäten: Facebook kann jede Website tracken, die Sie besuchen, solange sie ein sogenanntes Facebook-Pixel oder einen Like-Button eingebaut hat.
  3. Daten, die von Unternehmen selbst eingespeist oder von Datenanbietern gekauft werden, dazu gehören zum Beispiel Daten von Kundenkarten oder Daten zur Kreditwürdigkeit.
  4. Standortdaten von Ihrem Computer und Ihrem Handy.

Facebook analysiert auch, was wir nicht veröffentlichen wollen

Vieles spricht dafür, dass Facebook aber noch viel mehr über uns weiß. Mittlerweile gehören ja auch WhatsApp und Instagram zu Mark Zuckerbergs Universum. Bereits 2014 gaben Techniker von Facebook an, dass sie rund 600 Terrabytes an Daten hereinbekommen, und das jeden Tag. Immer wieder werden Details öffentlich, was für Daten das sind. Eine Zeit lang wurden scheinbar sämtliche Anrufdaten von Nutzern des Facebook-Messengers und der Facebook-App auf Android-Handys gespeichert. 2016 gab Facebook zu, dass es für eine kurze Zeit Usern Freunde aufgrund ihres Aufenthaltsortes vorgeschlagen hat. Facebook kennt auch unsere Gesichter. Das Programm "Deep Face" wird dazu genützt, um automatisch zu erkennen, wer auf einem Foto ist. Facebook analysiert sogar, was wir nicht veröffentlichen wollen. Für eine Studie zur Selbst-Zensur untersuchte Facebook 17 Tage lang das Verhalten von 3,9 Millionen Usern. Dabei wurde genau beobachtet, was diese schrieben und dann wieder löschten. Sollten Sie also kürzlich in einer Nachricht ihren Chef beleidigt, diese aber nie abgeschickt haben, könnte es sein, dass Facebook sie trotzdem gespeichert hat.

Was mit all diesen Daten tatsächlich passiert und wer aller Zugriff darauf hat, ist unklar. Wahrscheinlich ist aber, dass sie zumindest firmenintern intensiv genutzt werden, um Facebook für Nutzer noch fesselnder und Werbungen noch effizienter zu machen. Der Facebook-Datenskandal berührt den Kern des Geschäftsmodells von sozialen Medien: Unsere Daten, unsere Zeit und unsere Aufmerksamkeit werden an Kunden verkauft.

Kein Wunder, dass die Behebung der Probleme laut Mark Zuckerberg "einige Jahre" dauern könnte.