Woher kommt Ihr Selbstvertrauen, Dominic Thiem?
Woher kommt Ihr Selbstvertrauen, Dominic Thiem? „Manche haben von Haus aus viel Selbstvertrauen, andere müssen zuerst Erfolgserlebnisse erzielen. Bei mir war es eher das Erste. Ich denke nicht viel über andere Dinge nach, gehe immer meinen Weg und ziehe es durch. Dafür braucht man nicht nur Selbstvertrauen, sondern auch eine gewisse Form von Durchhaltevermögen. Du musst vor allem auch dann weitermachen, wenn andere Leute sagen, dass du es nicht schaffen wirst.“
Du musst vor allem auch dann weitermachen, wenn andere Leute sagen, dass du es nicht schaffen wirst.
Seine Mutter Karin ortete schon in den Anfängen ihres Sohnes im Profitennis „seine Fähigkeit, mit Herausforderungen umzugehen. Ein Wettkampf ist immer eine extreme Situation, aber Niederlagen oder enge Matches spornen ihn regelrecht an. Ich glaube, dass diese Gabe nicht mit mentalem Coaching antrainierbar ist, sondern angeboren.“ Von Niederlagen ging für Thiem immer auch eine positive Kraft aus: „Sie waren und sind mir definitiv Motivation. Nur dadurch kann ich auch sehen, was ich verbessern muss, und habe einen guten Grund, am nächsten Tag am Platz zu stehen und 100 Prozent zu geben. Aber nach einem verlorenen Match bin ich natürlich auch extrem sauer und enttäuscht. Das ist ja auch eine ganz natürliche Reaktion und hat auch sein Gutes, weil ich dadurch wieder ganz klar sehe, wie viel mir der Sport bedeutet.“
Eine spezielle Methode, um sich mental zu stärken, hat Thiem nicht: „Das beste Training sind Matches. Man lernt so viel, wenn man in einem Wettkampf steht, speziell im mentalen Bereich.“ Was waren die schwierigsten Momente, was das Kapital Selbstvertrauen betraf? „Davon gab es viele. Als Tennisspieler gewinnst du an einem Tag, und am nächsten kann es sein, dass du gleich wieder verlierst. Da muss man einfach durch und stark bleiben. Aber mein schwierigster Moment war bestimmt, während und nach meiner Verletzung wieder in die Spur zu finden, wieder meinem Tennis zu vertrauen und das Selbstvertrauen zu finden.“
Karin Thiem war gerade einmal 20 Jahre alt, Ökologiestudentin, ihr Mann knapp vor dem Abrüsten nach dem Grundwehrdienst, als sich ihr erstes Kind Dominic ankündigte: „Es war für uns total überraschend. Ich hatte überhaupt keine Ahnung, wie ich eine gute Mutter sein sollte. So ist der Domi auch aufgewachsen. Wir waren im Aufbau, und ich habe ihn einfach überallhin mitgenommen. Als mein Mann und ich die Tennisschule gründeten, saß er noch als Baby im Ballwagerl und hat die Bälle rausgeschossen. Er hat einfach von der Stunde null nichts anderes gekannt als Tennis, Tennis, Tennis.“
DURCHHALTEVERMÖGEN UND MENTALE STÄRKE
Dominic Thiem mit seiner Mutter Karin (Foto),die die Konzentrationsfähigkeit ihres Sohnes schon früh bewunderte: "Er war noch ganz klein und schon der, der 100 Mal mit dem Fußball dribbelte."
Dominic und auch sein sechs Jahre jüngerer Bruder Moritz, der ihn heute managt, seien hyperaktive Buben gewesen, die „nur dann erträglich wurden, wenn sie richtig ausgepowert waren“. Schon früh zeichnete sich ab, dass Dominic ein besonderes Kind war: „Er ist in allem, was Sport und Bewegung betraf, sofort herausgestochen. Während andere drei Mal mit dem Fußball gedribbelt haben, hat er das 100 Mal gemacht, voll konzentriert und mit einer extremen Ausdauer. Und zwar ganz von selbst, da mussten wir nicht viel sagen. Er war in allem Sportlichen diszipliniert und konsequent bis zum Umfallen. Ich denke, wenn du schon als Kind merkst, dass du in einer Sache außergewöhnlich bist, stärkt das dein Selbstvertrauen. Nur mit dieser Basis hält man es wahrscheinlich später mental aus, dass die ganze Welt zuschaut, wenn man gewinnt oder verliert.“
Was ihre Erziehungsmethoden betraf, hat Karin Thiem durchaus strenge Regeln angewandt: „Wenn die Noten schlecht waren oder er zu spät nach Hause kam, wanderte die PlayStation oder der Fernseher einfach für eine Zeit in den Keller. Gewisse Strukturen brauchen Kinder.“ Im Gegensatz zu manchen Sportstars, die den Ruhm und den damit verbundenen Rummel schlecht verkraften, „ist der Dominic immer am Boden geblieben. Wenn er nach Hause kommt, besucht er die Großeltern und seine Freunde, die er noch aus Kindergartenzeiten kennt. Er hat eine Fähigkeit, sich von all dem, was sein Leben als Tennisstar ausmacht, gut abzuschotten.“
Dominic Thiem, 29
Der Niederösterreicher, dessen Eltern eine Tennisschule betrieben, war von klein auf mit dem Sport verbunden und ist nach Thomas Muster und Jürgen Melzer der dritte Österreicher, der es in die Top Ten der Weltrangliste schaffte. Sein bislang bestes Ranking war die Nummer 3 im März 2020, wobei er Roger Federer verdrängte. Aktuell rutschte er auf den 106. Platz ab.