Zugehört – Jede Stimme zählt

Hier reden ganz normale Menschen, die sonst selten zu Wort kommen. Eine Serie zur Nationalratswahl. Diesmal mit dem Unternehmer Lulzim Fejzullahi.

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LULZIM FEJZULLAHI, 32

Angefangen habe ich als Tellerwäscher, heute habe ich ein Restaurant in Gmunden, eine Bar hier in Ebensee, eine Frühstückspension, Wohnungen, die ich vermiete, einen Grund am See, wo ich ein Hotel bauen will. Vielleicht ist für manche unvorstellbar, dass man das mit Arbeit schaffen kann. Aber meine Tür steht offen: Es kann jeder kommen und sich selbst ein Bild machen. Ich verzichte auf vieles. Wenn meine Schwester im Kosovo heiratet, bin ich nicht dabei, weil ich keine Zeit habe. Ich bin 2002 nach Österreich gekommen. Zwei Jahre habe ich Krieg erlebt, schlimme Sachen, die sich die meisten Menschen nicht vorstellen können. In Österreich bin ich 18 geworden. Mein Traum war es, Mechaniker zu werden. Es ist anders gekommen, und ich bereue das nicht. Die ersten Monate waren hart. Das Schlimmste ist, dass man vielleicht eine Chance bekommt, aber alles kaputt macht, weil man nichts versteht. Mit der Zeit findet man ein paar Freunde. Ich habe in der Küche als Hilfskraft begonnen und dann eine Lehre gemacht. Gleich der erste Test ging daneben, weil ich nichts verstanden habe. Neun Monate lang habe ich nur gelernt, von acht bis vier in der Berufsschule, und von fünf bis neun Uhr am Abend im Deutschkurs. Danach wurde ich Restaurantleiter-Stellvertreter. Ich habe immer weiter gelernt, Führerschein, Lehrlingsausbildner, Barkeeper. Es ist egal, ob man jung oder alt ist, auf den Biss kommt es an. Ich habe in Ebensee in einem ehemaligen Obstund Gemüseladen eine Bar eröffnet, sie heißt "Wein &Fein". Als Ausländer wollte ich meinen Namen nicht in den Vordergrund stellen. Vielleicht hätten manche Leute sich gefragt: Was ist das für einer? Wenn ich durch den Ort gehe, schaue ich, wo noch Potenzial ist. Vor ein paar Jahren habe ich alle Geschäftsleute eingeladen, damit wir gemeinsam das Rad noch einmal erfinden. Fünf neue Geschäfte sind entstanden. Ich stecke viel Energie in Konzepte, investiere in Qualität. Was ich mache, soll etwas Besonderes sein.

Warum sollen Ausländer schuld sein, wenn Österreicher die Arbeit nicht machen wollen?

Ein Pensionist hat gesagt: "Sie trauen sich was, bei uns stirbt alles ab." Diese Einstellung ist das Problem. Man sollte froh, sein, dass es jemanden gibt, der frischen Wind hereinbringt. Ich gehe in Schulen und erzähle von meiner Arbeit, weil die Jungen unsere Zukunft sind. Mich überzeugt es nicht, wenn Sebastian Kurz groß redet. Was hat er außer Politik in seinem Leben gemacht? Vom Reden allein passiert nichts. Christian Kern war in Führungspositionen, das ist etwas anderes. Man findet schnell Leute, die einem erklären, was sie vorhaben. Wer von ihnen aber hat wirklich etwas gemacht, wenn man sie in fünf Jahren wieder trifft? Ich habe sieben Stellen offen: in der Küche, im Service, im Büro. Ich finde niemanden. Warum sollen Ausländer schuld sein, wenn Österreicher die Arbeit nicht machen wollen? Der Ebenseer Bürgermeister hat mich gefragt, ob ich für die SPÖ im Gemeinderat kandidieren will, ich wurde auf eine wählbare Stelle gesetzt. Für mich kommen alle infrage, die etwas bewegen wollen, außer vielleicht die FPÖ, solange sie gegen Ausländer auftritt. Ich bin ja einer davon, auch wenn sie zu mir immer sagen: Du bist einer von uns. Heute steht alles, was ich mache, unter dem Namen Lulzim. Zuerst muss man etwas schaffen, dann kann man hinausgehen und sagen: Ich bin's!

Lulzim Fejzullahi