Affäre: Rasputins stille Gönner
Sein Pseudonym „Rasputin“ ist Programm. Er gilt als einer der einflussreichsten Männer Israels, hemdsärmelig, erzkonservativ, mit besten Verbindungen. Gründer der rechtspopulistischen Israel-Beiteinu-Partei („Unser Haus Israel“), einst Kabinettschef von Benjamin Netanjahu, jetzt Verkehrsminister im Kabinett von Premier Ariel Sharon: Avigdor Lieberman, 45. „Meine Gegner“, pflegt der ehemalige Rausschmeißer und Kofferträger zu sagen, „haben zu Recht Angst vor mir.“
Und Gegner hat der gebürtige Moldawier zuhauf. Eine von israelischen Behörden im Vorjahr aufgedeckte Parteispendenaffäre hat nach Premier Sharon auch dessen bärbeißigen Minister erfasst. Lieberman steht nun ebenfalls im Verdacht, seinen Wahlkampf 1999 mittels – in Israel verbotener – finanzieller Unterstützung von dritter Seite bestritten zu haben. Die Spuren führen – wie auch im Fall Sharon – nach Österreich.
Lieberman hat inzwischen eingestanden, 1999 von einem „guten Freund“ eine Bankgarantie über eine Million Dollar zur Deckung bestehender Wahlkampfschulden erhalten zu haben. Dabei handle es sich um einen gewissen „Robert“.
Gute Freunde. Robert heißt mit vollem Namen Robert Nowikovsky und zählt zu den öffentlichkeitsscheueren Unternehmern Österreichs. Aus Büros in der Wiedner Hauptstraße Nummer 17, im vierten Wiener Gemeindebezirk, lenkt der 47-Jährige das millionenschwere Osthandelshaus Jurimex. Die Gruppe handelt hauptsächlich mit Öl, Gas, Metallen und Textilien zwischen der Ukraine, Russland und Weißrussland. Präzise Daten sind nicht verfügbar. Der Wiener Unternehmensberater Herbert Cordt, Aufsichtsrat der Handelsgruppe: „Jurimex ist ein grundsolides und traditionsreiches Unternehmen. Eine fixe Größe im Osthandel.“ Nowikovsky, der sich nach österreichischem Recht nichts zuschulden kommen hat lassen, will die Affäre Lieberman „nicht kommentieren“, wie er über sein Büro mitteilen lässt.
Die Parteispendenaffäre sorgt seit Monaten für diplomatische Verwicklungen zwischen Wien und Tel Aviv. Schon im Frühjahr 2003 hatte die israelische Justiz im Fall Sharon ein Rechtshilfeersuchen an Österreich gestellt. Der Premier hatte 2000 über ein Konto bei der Wiener Bawag 1,5 Millionen US-Dollar zur Tilgung von Wahlkampfschulden erhalten. Vom wem das Geld kam, ist nach wie vor unklar. Der als Hintermann kolportierte Wiener Osthändler und Sharon-Intimus Martin Schlaff hat bisher jede Involvierung dementiert.
Die Aufklärung gestaltet sich umso schwieriger, als der israelische Rechtshilfeantrag inzwischen abgewiesen wurde. Begründung: Parteienfinanzierung ist hierzulande nicht strafbar. Michael Schön, Sprecher von Justizminister Dieter Böhmdorfer: „Wir werden demnächst eine begründete Stellungnahme an das israelische Justizministerium schicken.“
In der Affäre Lieberman scheint die österreichische Justiz dagegen nicht so zimperlich gewesen zu sein. Einem vor wenigen Wochen ergangenen zweiten Rechtshilfeersuchen wurde bereits stattgegeben. Warum Österreich in diesem Fall kooperativ war, ist vorerst unklar. Schön will den Sachverhalt nicht kommentieren.
Tatsache ist, dass es den Israelis nunmehr möglich sein dürfte, die Geldflüsse von Wien nach Tel Aviv einigermaßen zu rekonstruieren. Was Liebermans zweiter politischer Karriere nicht gut bekommen dürfte.
Rollender Rubel. Im November 1997 hatte Lieberman ob seiner mutmaßlichen Nähe zur russischen Mafia als Kabinettschef von Premier Benjamin Netanjahu demissionieren müssen. Bis zu seinem Wiedereinstieg in die Politik verdingte er sich mehrere Jahre als selbstständiger Berater mit Schwerpunkt Osteuropa. Dabei knüpfte er auch enge Kontakte nach Österreich.
Im September 1998, auf dem Höhepunkt der russischen Währungskrise, war Lieberman im Namen der Bank Austria Creditanstalt (BA-CA) nach Moskau geeilt, um der Bank ein Millionendebakel zu ersparen. Für die BA-CA standen damals 330 Millionen Euro aus hochriskanten Devisentermingeschäften auf dem Spiel. Unter niemals geklärten Umständen soll es Lieberman gelungen sein, kurzfristig Einfluss auf den Rubelkurs zu nehmen und so die Verluste der BA-CA zu minimieren. Er soll dafür eine Provision von annähernd drei Millionen Euro kassiert haben. „Meine Klienten“, hatte Lieberman 1998 in einem Interview erklärt, „wollen ausschließlich Resultate und keine Erklärungen.“ Und: „Über Geld rede ich nicht.“