ao. Univ.-Prof. Lohengrin

Adrian Hollaender schmückt sich mit Professorentitel

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Normalerweise ist Adrian Eugen Hollaender - Doktor Juris, Universitätsdozent, gern auch "Prof. Dr." oder "ao. Univ.-Prof." - keiner, der sich lange um Auskünfte bitten lassen würde: Wortreich weiß er auch schwierige Aspekte der EU-Gesetzgebung und der Menschenrechte zu erörtern. Bei Vorträgen, Diskussionen, in Kommentaren und wissenschaftlichen Aufsätzen hält er mit seinen Einschätzungen nicht hinter dem Berg.

Es gibt allerdings ein Thema im weiten Feld der Legistik, bei dem es der Sohn des Wiener Staatsoperndirektors Ioan Holender - Vater und Sohn verwenden unterschiedliche Versionen ihres Familiennamens - und eingefleischte Opernfan lieber mit Lohengrin, 1. Aufzug, 3. Szene hält: "Nie sollst du mich befragen" - nämlich dann, wenn es um die Rechtmäßigkeit seines Professorentitels geht.

In den vergangenen Wochen ist Adrian Hollaender, geboren 1971, zu einer durchaus prominenten Person geworden, und zwar als Galionsfigur der Bürgerinitiative "Rettet Österreich", die (erfolglos) eine Volksabstimmung über den EU-Reformvertrag forderte. Für die Euroskeptiker fungierte er als einer von zwölf Experten, allesamt im Professorenrang.

Dieses Engagement wiederum erregte das Wohlwollen von Hans Dichand. Hollaender darf seit einigen Wochen in der "Kronen Zeitung" unter dem Titel "Alles, was Recht ist!" regelmäßig Kommentare zur EU verfassen. Zuletzt schaffte er es am Sonntag vergangener Woche mit einer Breitseite gegen Bundespräsident Heinz Fischer sogar auf das Titelblatt. "Man hätte EU-Reformvertrag nicht unterschreiben dürfen: Volksabstimmung ist zwingend!", schlagzeilte die "Krone".

Gezeichnet: "Von Prof. Dr. Adrian Hollaender".

Mit dem Professorentitel ist es allerdings nicht so weit her, wie es den Anschein erweckt. Hollaender promovierte 2001 in Wien mit einer Dissertation zum Thema "Verfassungsrechtliche Rechtsschutzdeterminanten des österreichischen Strafverfahrensrechts aus der Sicht des B-VG". Vom Erwerb höherer akademischer Weihen ist freilich nichts bekannt.

Hollaender selbst bezeichnet sich auf der Homepage des Zentrums für Rechtsforschung, das er an seiner Privatadresse in Wien betreibt, jedoch als "ao. Univ.-Prof. für Europarecht sowie Internationale Grund- und Menschenrechte an der staatlichen Universität Klausenburg". Als "außerordentlichen Universitätsprofessor" findet man ihn auch auf Einladungen zu FPÖ-Pressekonferenzen und auf der Homepage von "Rettet Österreich" - nicht hingegen im Vorlesungs- oder Personalverzeichnis der Universität Babes-Bolyai von Cluj (Klausenburg) in Rumänien.

Auf die profil-Frage, ob und womit er sich habilitiert habe, verwies Hollaender auf das rumänische Wissenschaftsministerium, das seinen Professorentitel "mit Brief und Siegel" bestätige. Präsentieren wollte er das Dokument jedoch nicht. "Nächstens fragen Sie mich noch, ob ich vielleicht ein Mann bin oder ob meine Organe noch da sind" (siehe Interview).

Karriere. Diese Zurückhaltung kontrastiert auffallend mit dem generell feststellbaren Öffentlichkeitsdrang Hollaenders. Zum ersten Mal fiel der junge Mann im Jahr 1995 auf, als er bei den Nationalratswahlen als Kandidat für die Freiheitlichen antreten wollte - sehr zum Entsetzen seines ausgewiesen antifaschistischen Vaters Ioan.

Die politische Karriere des Filius währte aber ohnehin nicht lange. Gegen Hollaender wurden Vorwürfe wegen seiner Geschäftspraktiken als Künstlervermittler laut, die FPÖ trennte sich von ihm. Gegenüber "News" sprach Hollaender damals von "unangenehmen Missverständnissen". Dann wurde es medial still um ihn. Hollaender widmete sich dem Aufbau einer Künstleragentur und der Juristerei.

Seit Anfang vergangenen Jahres ist er wieder vermehrt präsent. Vor dem Opernball 2007 setzte er etwa alles daran, ein gemeinsames Foto mit der von Richard Lugner nach Wien eingeladenen Paris Hilton zu ergattern. Vater Ioan, mit dem ihn nicht gerade ein friktionsfreies Verhältnis verbindet, hatte den bezahlten Ballbesuch des Skandal-Starlets zuvor bitter kommentiert: "Die Einzigen, die etwas (für ihren Auftritt, Anm.) bekommen, sind das Pferd und Paris Hilton", schimpfte er.

Im darauf folgenden Mai veranstaltete das Zentrum für Rechtsforschung gemeinsam mit ÖVP-Nationalratspräsident Michael Spindelegger eine Veranstaltung zum Thema Grundrechte, bei welcher Hollaender durch das Programm führte. Seither firmiert er - etwa auf der Homepage von "Rettet Österreich" - als "Vorsitzender des österreichischen Grundrechtskonvents". Als solcher wurde er im März 2008 auch bei einer Podiumsveranstaltung im Parlament angekündigt.

Und, wiederum, als "ao. Univ.-Prof.".

Nachfrage bei der Universität Babes-Bolyai in Klausenburg/Cluj, wo Hollaender seine Professorenwürde erworben haben will: Der Vizedekan der Rechtswissenschaftlichen Fakultät, Sergiu Deleanu, kann lediglich bestätigen, dass Hollaender "seit mehreren Jahren Kurse zu Themen des europäischen Rechts und der Menschenrechte an unserer juristischen Fakultät hält" (der nächste findet am 20. Mai statt).

Wilfried Schreiber, Vizepräsident des akademischen Rats, erinnert sich, dass die Uni mit "einem Herrn Hollaender aus Wien" wegen der Einrichtung eines deutschsprachigen Master-Studiengangs im Gespräch gewesen sei: "Was für einen didaktischen Grad/Titel der Herr trägt, weiß ich allerdings nicht."

Und laut Toader Nicoara, Prorektor der Uni, ist Hollaender "nach rumänischem Recht jedenfalls kein Universitäts-professor, sondern Lehrbeauftragter, der mit einem rumänischen Kollegen Vorlesungen bei uns hält". An der rumänischen Botschaft in Wien betont die Erste Sekretärin Laura Cheie, dass der Titel Universitätsprofessor nach rumänischem Recht an einen Lehrstuhl samt fixer Anstellung gebunden ist: "Herr Dr. Hollaender kann daher kein ordentlicher oder außerordentlicher Professor an der Universität von Klausenburg/Cluj sein."

Aus dem Wissenschaftsministerium in Wien wiederum heißt es, dass für den Professorentitel in Österreich entweder eine Habilitation oder eine Verleihung durch den Bundespräsidenten erforderlich sei. Der Strafrahmen dafür, unbefugterweise akademische Grade zu führen, beträgt bis zu 15.000 Euro. Da es sich um kein Offizialdelikt handelt, habe man bislang keine Schritte gegen Hollaender unternommen.

Genau dies könnte nun aber eine Gruppe Wiener und Grazer Anwälte tun. Da er sich auch in Fachpublikationen als Uni-Professor ausgibt, überlegen einige eine Klage - wegen "unlauteren Wettbewerbs".

Gut möglich, dass sich Lohengrin dann doch etwas fragen lassen muss.

(Erschienen im profil 20/08 vom 09.05.2008)