Abgeschottert

Asamer: Schwere Krise bei der oberösterreichischen Baustoffgruppe

Asamer. Schwere Krise bei der oberösterreichischen Baustoffgruppe

Drucken

Schriftgröße

Die Geschichte erinnert ein bisschen an jene vom Tellerwäscher, der zum Millionär wird. Sie beginnt mit einem klapprigen Steyr-Lastwagen, in den ein Bauernsohn aus dem oberösterreichischen Ohlsdorf im Jahr 1959 sein Erspartes investierte. Der damals 23-jährige Hans Asamer hatte den richtigen Riecher. Die Fertigstellung der nahegelegenen Westautobahn verschlang jede Menge Material, das an die Baustelle transportiert werden musste. Asamer war mit seinem Lkw zur Stelle. Nur wenig später tat er sich mit einem Cousin zusammen, der auf einem ungehobenen Schatz saß: zwei Hektar Schottergrund. Die neugegründete Firma Asamer & Hufnagl konnte nun eigene Baustoffe verkaufen und liefern.

Über die Jahrzehnte wurde aus dem Zwei-Mann-Transportunternehmen ein Konzern mit 140 Standorten in 19 Ländern und mit über 5000 Mitarbeitern. Die Asamers kamen zu beachtlichem Wohlstand. Im Sommer platzierte das Wirtschaftsmagazin „trend“ die Familie auf Platz 50 unter den reichsten Österreichern. Geschätztes Vermögen: 600 Millionen Euro.

„Der Vater erstellt’s, der Sohn erhält’s, beim Enkel zerfällt’s“, weiß der Volksmund über Familienunternehmen zu berichten. Die Asamers strafen dieses Sprichwort lügen. Schon die zweite Generation – die Geschicke des Konzerns werden längst von den drei Söhnen Manfred, Kurt und Andreas gelenkt – hat nun mit der schwersten Krise in der Firmengeschichte zu kämpfen. Die Unternehmensgruppe ist deutlich höher verschuldet, als bislang bekannt. Die Gläubigerbanken ziehen die Daumenschrauben an. Das Schotterimperium steht vor dem Zerfall.

Jagd und Aufsichtsrat
Laut profil-Informationen steht das Firmenkonglomerat der Asamers bei seinen Financiers mit insgesamt rund 900 Millionen Euro in der Kreide. Etwa die Hälfte des Obligos soll die Holding betreffen, die andere entfällt auf Immobilien- und Tourismusprojekte des Seniors, die Anfang des Jahres aus der Muttergesellschaft herausgelöst wurden (siehe Kasten am Ende). Größte Gläubigerin – dem Vernehmen nach mit mehr als zwei Drittel des Volumens – ist die Raiffeisenlandesbank Oberösterreich (RLB OÖ). Nicht weiter überraschend, schließlich ist Ludwig Scharinger, ehemaliger Langzeitgeneral des Geldinstituts, der Familie seit Ewigkeiten eng verbunden. Man geht nicht nur gemeinsam zur Jagd, Scharinger sitzt auch im Aufsichtsrat der Asamer Holding. Der samt und sonders überaus prominent besetzt ist: Als Kontrollore fungieren etwa Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl, Ex-Wienerberger-Vorstand Wolfgang Reithofer und der ehemalige Strabag-Chef Ernst Nußbaumer.

Doch die hervorragenden Kontakte können jetzt nur noch bedingt helfen.
Ende des Vorjahres waren die Gläubigerbanken – nebst der RLB OÖ sind dies UniCredit Bank Austria, Sparkasse Oberösterreich, Oberbank und RLB Niederösterreich-Wien – nervös geworden. Das Libyen-Abenteuer der Asamers hatte ein tiefes Loch in die Bilanz gerissen. Für insgesamt 235 Millionen Euro hatte der Konzern in den Jahren 2007 und 2009 im einstigen Gaddafi-Staat mehrere Zementwerke gekauft. Der Ausbruch des Bürgerkriegs ließ die Produktion fast zwei Jahre stillstehen. Die 2500 Mitarbeiter vor Ort mussten dennoch weiter bezahlt werden. Gleichzeitig machte dem Unternehmen der Einbruch der Baukonjunktur in Osteuropa schwer zu schaffen. Hinzu kommt, dass die Asamers noch in den Krisenjahren 2008 und 2009 massive Investitionen tätigten. Bei einem Umsatz von 450 Millionen Euro fuhr die Holding 2011 einen Verlust von 70 Millionen ein. Die Verbindlichkeiten betrugen 385 Millionen Euro.
Auf Betreiben der Banken wurde der deutsche Sanierer Jörn Trierwalder in den Vorstand gehievt. Der bisher erfolgsverwöhnte Clan akzeptierte zähneknirschend. Familienunternehmer lassen sich traditio-nell nicht gerne von Außenstehenden dreinreden. Das ist bei den Ohlsdorfern, wo auch „Betriebsrat“ ein Pfui-Wort ist, nicht anders.

Konzern wird zerschlagen
Die Bilanz 2012, obwohl längst fällig, wurde aus gutem Grund noch nicht veröffentlicht. Sie wird ein noch viel desaströseres Bild zeichnen. Beteiligungen müssen kräftig abgewertet werden. „Aber“, sagt Asamer-Medienberater Werner Beninger, „operativ sind wir in den schwarzen Zahlen“.

Dennoch wird der Konzern nun zerschlagen. In einen Kernbereich, der das Österreich-Geschäft sowie Standorte in der Slowakei und Bosnien umfasst. Das sind exakt 23 Kieswerke und Steinbrüche, 18 Beton- und zwei Zementwerke. Damit wird die Unternehmensgruppe halbiert. „Dieser Bereich bleibt bei der Familie in der Holding“, meint Beninger. Ganz so klar dürfte das aber nicht sein: „Das ist noch Gegenstand der laufenden Gespräche“, so ein Bankenvertreter gegenüber profil. Zudem lastet Druck auf Manfred und Kurt Asamer, sie mögen sich aus dem operativen Geschäft zurückziehen. Fix ist, dass der jüngste der Brüder, Andreas, die Holding verlassen wird. Er plant, gemeinsam mit Investoren, Teile des Osteuropa-Geschäfts aus dem Unternehmen herauszukaufen.

Die restlichen Auslandstöchter und Beteiligungen im arabischen Raum, in Libyen und Osteuropa sollen unter Trierwalders Ägide abgestoßen werden. Was nicht ganz einfach werden dürfte.

Das Unternehmen hängt jedenfalls am seidenen Faden. Ende November läuft das Stillhalteabkommen mit den Banken, die für einige Zeit auf Zins- und Rückzahlungen verzichtet haben, aus. Nicht auszuschließen, dass eines der involvierten Kreditinstitute kalte Füße bekommt und einen Insolvenzantrag stellt. Derzeit wird von allen Seiten beteuert, dass die Verhandlungen auf gutem Wege seien.

Um das private Vermögen der Familie dürfte es indes weniger schlecht bestellt sein. Neben zwei Privatstiftungen („Traunsee“ und „Kato“) verfügen die Asamers über umfangreiche Liegenschaften und mehrere Häuser in den besten Lagen rund um den Traunsee. Erst kürzlich hat Sohn Kurt, den es wie den Großteil der Sippe vom verschlafenen Ohlsdorf in das nahe und deutlich pittoreskere Gmunden gezogen hat, eine alle Stücke spielende, moderne Seevilla errichten lassen. Die Einheimischen staunen immer wieder, wie es für manche der Objekte Baugenehmigungen geben konnte, haben aber eine Erklärung parat: „Die Asamers halten sich eben einen Bürgermeister.“

Infobox
Der Patriarch
Das unternehmerische Geschick, das Senior Hans Asamer im ­Geschäft mit Baustoffen bewies, ist ihm bei seinen anderen Projekten nicht ganz so hold.

Der 77-jährige „Schotter­baron“, der den altersschwachen Lkw längst gegen einen Jaguar eingetauscht hat, besitzt Hotels, Grundstücke und Gewerbeparks zwischen Salzburg und Budapest. Seine unternehmerischen Entscheidungen trifft der vom Bauernsohn zum Kommerzialrat avancierte, weniger aufgrund kühler Kalkulationen, sondern vielmehr nach dem Bauchgefühl.

Mit seinem Hotelprojekt „Lacus Felix“ hat er die Gmundner Bevölkerung in ­erbitterte Gegner geteilt. Während die einen auf neuen Schwung für den Tourismus hoffen, sorgen sich die anderen um den öffentlichen Seezugang. Das architektonisch fragwürdige Hotel, das auf einer künstlichen Insel errichtet werden soll, erhitzt die Gemüter seit Langem und hat sogar die Staatsanwaltschaft beschäftigt. Die Gegner des Projekts befürchten zudem, dass eine Umwandlung des Hotels in luxuriöse Eigentumswohnungen erfolgen könnte. Asamer senior hat inzwischen w. o. gegeben und das fertiggeplante Projekt, für das der denkmalgeschützte Seebahnhof geschliffen wurde – samt Liegenschaften an einen Inves-tor verkauft.
Für seine touristischen Ambitionen fehlt Asamer, so scheint es, das Händchen. Das ebenfalls am Traunsee gelegene Schlosshotel Freisitz Roith hat sich nie gerechnet und ist massiv mit Hypotheken belastet. Das Hotel Schloss Mondsee ließ er dieser Tage schließen. Vor-übergehend, wie es heißt. Der örtliche Tourismusverband ist jedenfalls höchst alarmiert.
Und dann wäre noch das Projekt „Euro-Vegas“, eine Glücksspielstadt, die Asamer in Nordungarn, nahe der österreichischen Grenze, hochziehen wollte. Für 2010 war die Eröffnung geplant, bis dato gab es noch nicht einmal einen Spatenstich. Für Asamer ist das Projekt nur noch eine Finanzbeteiligung.

Christina   Hiptmayr

Christina Hiptmayr

war bis Oktober 2024 Wirtschaftsredakteurin und Moderatorin von "Vorsicht, heiß!", dem profil-Klimapodcast.