Die PR-Maschine

Porträt. Minister Berlakovich ist omnipräsent. Doch außer Ankündigungen hat er nicht viel zu bieten

Drucken

Schriftgröße

An einem typischen Tag kommt Minister Nikolaus Berlakovich aus dem Lächeln nicht heraus. Kaum ist die Hybrid-Autoflotte eines Taxi-Unternehmens ausgezeichnet - vor Fotografen, versteht sich -, eilt er zum Fototermin "Tag des Meeres“ in einer Kunstgalerie, um sich wenig später im Boutique-Hotel mit ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz zum Auftakt des Klimaschutzpreises vor die Kameras zu stellen. Derartige Termine vor hübschem Hintergrund haben für Politiker allerhand Vorteile: Komplexe Inhalte sind nicht erforderlich, kritische Fragen nicht zu erwarten, und wenn die Frisur hält, kann man wenig falsch machen.

Diese Kunst des Nett-Seins mit Nett-Terminen perfektionierte Berlakovich in seinen zweieinhalb Jahren in der Bundesregierung. Dennoch kam er über die Charakterisierung "unauffällig“ nie hinaus, wenn er nicht gerade am Pariser Flughafen einen Wutanfall erlitt. Doch seit den Katastrophen von Fukushima und dem Lebensmitteldesaster mit EHEC genießt er seine weeks of fame: Er ist omnipräsent, fordert von Deutschland vollmundig mehr Einsatz gegen die Darmbakterien und avisiert großspurig einen Atomgipfel nach dem anderen. Viel mehr folgt dann meist nicht. Berlakovich ist auf dem besten Wege, ein Ankündigungspolitiker zu werden.

"Er ist der schwächste Umweltminister, den wir je hatten“
, zürnt Rudi Anschober, grüner Umweltlandesrat in Oberösterreich. So könne sich Berlakovich etwa nicht zu rechtlichen Schritten gegen grenznahe Atomkraftwerke entschließen, sondern setze auf unverbindliche Stresstests für AKWs. Das sei typisch, bemängelt Anschober: "Berlakovich ist schnell mit Stehsätzen da, scheut aber die Umsetzung.“

Auch das Klimaschutzgesetz wurde jahrelang angekündigt - und fiel vergangene Woche mit zweieinhalb Seiten und neun Paragrafen äußerst dürftig aus. So wird Österreich kaum näher an das Kioto-Ziel herankommen. Das strenge britische Pendant etwa zählt exakt 102 Paragrafen.

Darüber verliert Berlakovich nicht viele Worte. Er redet sich lieber über sein Ziel in Begeisterung, Österreich energieautark zu machen: "Meine Politik ist von langfristigen Visionen getragen. Ich will bis zum Jahr 2050 die gesamte Energieversorgung auf erneuerbare Quellen umstellen. Das Ökostromgesetz ist ein erster wichtiger Schritt dahin.“

Für dieses Gesetz ist allerdings der Wirtschaftsminister zuständig. Wie jeder Umweltminister ringt Berlakovich damit, dass wichtige Ökologie-Agenden - Verkehr, Energie - bei Kollegen und nicht bei ihm ressortieren. Erschwerend kommt sein zweites Ich als Landwirtschaftsminister dazu: "In jedem Interessenkonflikt zwischen Umwelt und Landwirtschaft schlägt sich Berlakovich auf die Seite der Agrarier“, urteilt die Umweltsprecherin der SPÖ, Petra Bayr. Selbst im Agrarbereich sei Berlakovich zu einseitig, ergänzt SPÖ-Landwirtschaftssprecher Kurt Gaßner: "Er ist zu wenig Minister und zu sehr Bauernbundfunktionär.“ Berlakovich selbst kann keinerlei Zerrissenheit erkennen. Er hält seine Ressortbestandteile "für die ideale Kombination. Hier werden die Zukunftsfragen entschieden.“

Fraglos führt er beide Teile seines Ministeriums mit hohem PR-Einsatz. Mit 4,5 Millionen Euro gab das Lebensministerium im Jahr 2009 am meisten für Öffentlichkeitsarbeit aus, wie die Oppositionsabgeordneten Karl Öllinger (Grüne), Harald Jannach (FPÖ) und Gerhard Huber (BZÖ) in Anfrageserien herausfanden. Allein die Kampagne "Unsere Bauern bringen’s“ verschlang 391.102 Euro. Nicht nur am Sinn dieser Promotion bestehen Zweifel: Der Rechnungshof bemängelte, dass der Klimafonds mit einem Foto von Berlakovich für die Fotovoltaik-Förderaktion werben ließ - obwohl auf die Fördergelder so hoher Andrang bestand, dass sie binnen Minuten vergeben waren.

"Bewusstseinsbildung muss ein zentrales Standbein der Umweltpolitik sein“, rechtfertigt Berlakovich seinen üppigen Werbeeinsatz - und auch sein Foto bei vielen Kampagnen: "Die Leute sollen wissen, wer dafür steht.“ Diese PR-Masche kann er kaum ablegen: Politikerkollegen schmunzeln noch heute über seinen Auftritt in der Ministerratsvorbesprechung in Gummistiefeln und Karohemd, frisch vom Hochwassereinsatz im Burgenland.

Seinem Amtsvorgänger Josef Pröll gelang es, selbst mit Lebensmittelkörben als Insignien der Macht eine gewisse Urbanität auszustrahlen. Das liegt Berlakovich fern. In der Beschreibung seines politischen Credos kommt er über Floskeln à la "Mein Zugang zur Politik ist, dass ich gerne unter Menschen bin“ und "Ich bin ein moderner Konservativer“ nicht hinaus.

Dabei stammt Berlakovich aus einer Familie, die seit Generationen politisch aktiv ist. Sein Großvater war bis 1938 Finanzlandesrat im Burgenland und nach 1945 Landesamtsdirektor, sein Schwiegervater fungierte bis 1983 als Gesundheitssprecher der ÖVP im Parlament. Kein Wunder, dass es Berlakovich nach dem Landwirtschaftsstudium nicht lange auf dem elterlichen Bauernhof im burgenländischen Großwarasdorf hielt. Er kam über den Gemeinderat im Jahr 1991 als jüngster Abgeordneter in den Landtag: "Dort habe ich mich mit großer Begeisterung in die Vorbereitung für den EU-Beitritt reingehaut“, erinnert er sich. Einer seiner Mentoren war der Burgenländer und ÖVP-Sicherheitssprecher Paul Kiss, der noch heute vom "gewinnenden Auftreten des Stimmenfängers Berlakovich“ schwärmt. Bald stieg dieser zum Landesparteisekretär auf, trat bei der Wahl 2000 gegen sein rotes Pendant, SPÖ-Wahlkampfmanager Norbert Darabos, an - und erlitt die bitterste politische Niederlage seines Lebens: Berlakovich hatte auf das Thema Bank Burgenland gesetzt und fix mit einer Niederlage der SPÖ gerechnet. Stattdessen verlor die ÖVP. Berlakovich wollte die angeschlagene Partei übernehmen, wurde aber zum einfachen Abgeordneten degradiert.

Im Nachhinein hält Berlakovich diese Schlappe für eine wertvolle Lehre: "Ich habe aus dieser Niederlage viel gelernt, vor allem, dass man nie aufgeben darf. So bin ich zum Kämpfer geworden.“ Zwei Jahre später war er Klubobmann, sein koalitionäres Gegenüber hieß wieder Darabos. Die Töchter der beiden saßen in der Schule nebeneinander, bis heute pendeln beide Minister täglich ins Burgenland, Darabos nach Kroatisch-Minihof, Berlakovich ins benachbarte Großwarasdorf. Beliebt sei er dort nicht, sagt eine burgenländische SPÖ-Politikerin und attestiert Berlakovich "Gutsherrenmentalität“.

Dabei bemüht sich Berlakovich redlich, auch in seinem burgenländischen Bezirk omnipräsent zu sein. Er lässt kaum einen runden Geburtstag eines Funktionärs oder ein Fußballspiel aus, wie viele Fotos in den Regionalzeitungen dokumentieren.

Es kann ja nicht schaden, sich die Option Landespolitik offenzuhalten.

Eva   Linsinger

Eva Linsinger

Innenpolitik-Ressortleitung, stellvertretende Chefredakteurin