Honig ums Maul

Bienensterben. Eine Studie des Ministers wurde von drei führenden Agrochemiekonzernen mitfinanziert

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Den Ruf als „Sumsi-Mörder“ wird Umweltminister Nikolaus Berlakovich wohl nicht mehr los. Jenen als Handlanger der chemischen Industrie auch nicht. Wie eng die drei weltweit führenden Pestizidhersteller Bayer, BASF und Syngenta mit dem Ministerium zusammenarbeiten, lässt sich nun erstmals belegen: Mit einer Finanzspritze von 115.000 Euro beteiligten sie sich an einer Studie der dem Ministerium unterstehenden Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES). Thema: Das Bienensterben in Österreich.
Klarerweise ist das Interesse der Agrarunternehmen groß, die als Gefahr für Bienen ausgemachten Nicotinoide, die in Pflanzenschutzmitteln enthalten sind, als unverdächtig darzustellen. Umweltminister Nikolaus Berlakovich sieht darin kein Problem: „Das war eine Bund-Länder-Kooperation. Die Wirtschaft war genauso Partner wie die Imker“, sagt sein Sprecher Wolfgang Wisek. Geld steuerten die Imker freilich keines bei.
Als die Agrarkonzerne 2011 als Finanzierungspartner einstiegen, lief die Untersuchung bereits seit zwei Jahren. Die zuvor erhobenen Zwischenergebnisse hatten eindeutig gezeigt, dass Bienen durch Neonicotinoide Schaden nehmen. Das Resümee der AGES-Studie von 2012 liest sich aus Sicht von Bayer, BASF und Syngenta trotzdem sehr angenehm: „2011 Steigerung von Bienenschäden welche mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht durch insektizide Beizmittel verursacht waren.“ Im Kapitel „Maßnahmen für die Zukunft“ empfiehlt die AGES weiterhin die „Zulassung neonicotinoider Wirkstoffe“.

FPÖ-Landwirtschaftssprecher Harald Jannach zweifelt an der Unabhängigkeit der AGES und stellt nun eine parlamentarische Anfrage an das Umweltministerium: „Es geht um alle mit Pflanzenschutz und Saatgut befassten Arbeiten der AGES. Wir wollen wissen, in welchem Ausmaß die Agentur von diesen Chemiekonzernen finanziert wird.“

Ende April hatte Berlakovich in Brüssel gegen ein Verbot der Neonicotinoide gestimmt. Das war vor allem ein Zugeständnis an den Bauernbund, der ihn 2008 ins Ministeramt gehievt hatte. Die bienenschädlichen Beizmittel werden hauptsächlich gegen den Maiswurzelbohrer eingesetzt, der großen Maisbauern die Ernte vernichtet. Zwar wäre der Schädling auch durch Fruchtfolge einzudämmen, was hieße, nicht jedes Jahr auf demselben Feld Mais anzubauen. Das würde aber auch weniger Ertrag für die Landwirte bedeuten.

Bauernbund und Agrarlobby
Der Minister kämpfte an allen Fronten für die Beizmittel. Als im September vergangenen Jahres der Landwirtschaftsunterausschuss zum Thema Pestizide tagte, lud er den Syngenta-Lobbyisten Theo Jachmann als Experten ein. Der Inhalt des Vortrags ähnelte jenem der AGES-Studie: Neonicotinoide seien nur dann tödlich für Bienen, wenn die Bauern die Beizmittel falsch verwendeten.

Auch der Bauernbund ist mit der Agrarlobby eng verbunden. Wie Wolfgang Pirklhuber, Landwirtschaftssprecher der Grünen, herausfand, hat dieser über Inserate der Chemiekonzerne in der „Bauernzeitung“ vergangenes Jahr 400.000 Euro kassiert.

In Brüssel liefen die Lobbyisten während der Verhandlungen zum Bienenschutz zur Höchstform auf – und bedienten sich ähnlicher Methoden wie in Österreich. So hatte der Agrarausschuss des Europaparlaments Anfang des Jahres zu einer Informationsveranstaltung geladen. Die italienische Universität Cattolica del Sacro Cuore stellte dabei ihre Studie „Bienengesundheit in Europa – Zahlen und Fakten 2013“ vor. Ergebnis: Das europaweite Sterben der Honigbiene stehe nicht in Zusammenhang mit Pestiziden. Das machte die SPÖ-Europaabgeordnete Karin Kadenbach stutzig, hatten doch die Untersuchungen der Europäischen Lebensmittelbehörde EFSA gerade das Gegenteil bewiesen. Eine nähere Recherche Kadenbachs machte klar, dass sich die Abgeordneten auf einer verdeckten Lobbyingveranstaltung befanden. Die italienische Studie hatte prominente Unterstützer: Bayer, BASF, Syngenta und den US-Agrarkonzern Dow.

Geholfen hat es ihnen – diesmal – nichts. Die EU-Kommission will noch im Mai ein Verbot dreier Nicotionide für Mais, Sonnenblumen, Raps und Baumwolle beschließen. Es soll bis 2015 gelten. Spätestens dann geht es für die Lobbyisten also in die nächste Runde.

+++ Lesen Sie hier: Immer mehr Bienen zieht es in die Stadt, weil ihre Chancen, auf dem Land zu überleben, geringer werden +++

Franziska   Dzugan

Franziska Dzugan

schreibt für das Wissenschaftsressort und ist Moderatorin von tauwetter, dem profil-Podcast zur Klimakrise.