EHEC-Erreger
Den Forschern des Berliner Robert Koch Instituts läuft die Zeit davon. Sie wurden nach Ausbruch der Seuche zu spät alarmiert, um den Täter, einen Fäkalkeim des besonders aggressiven EHEC-Typs 0104:H4, gewissermaßen noch in flagranti zu erwischen. Bisher hat die Epidemie mehr als zwei Dutzend Menschenleben gefordert, an die 2700 Personen haben sich entweder mit dem Keim infiziert oder stehen unter Infektionsverdacht.
Jetzt bleibt den Epidemiologen nur eine penible Rekonstruktion des Seuchenwegs. Sie gehen dabei vor wie Kriminalisten und greifen zu ähnlichen Methoden, wie etwa Tatort-Analyse, Weg-Zeit-Diagrammen, Täterprofiling und genetischem Fingerabdruck. Nachdem sich der Verdacht, der Keim könnte über Gemüsesprossen verbreitet worden sein, bei Laboranalysen nicht erhärten ließ, rückt wieder der Hamburger Großgrünmarkt ins Visier der Keimfahnder. Nach wie vor gelten rohe Tomaten, Gurken und Blattsalate als wahrscheinliche Infektionsquelle. Aber in den riesigen Hallen mit ihren hochgestapelten Gemüsekisten noch irgendeine Spur zu finden wird jetzt kaum noch möglich sein. Der Wiener Bakteriologe Franz Allerberger, Seuchenspezialist bei der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) sowie Mitglied des wissenschaftlichen Beirats des Robert Koch Instituts, rechnet mit dem Prinzip Zufall: Durch das plötzliche Abreißen eines Infektionswegs könnten die Fahnder auf ein Detail stoßen, das sich als Ursprung der Epidemie herausstellen könnte. Allerberger war im Vorjahr Entdecker der Listerienquelle in einem Hartberger Käsereibetrieb.