Ermittlungen gegen Neonazi-Webtäter versanden in Österreich
Gewalttätig in Sprache und Geist treibt seit mehr als einem Jahr die österreichische Neonazi-Homepage Alpen-Donau-Info ihr Unwesen. Die jüdische Gemeinde wird dort als Krebsgeschwulst bezeichnet. In Worten, die man nicht wiedergeben will, werden Politiker wie Bundespräsident Heinz Fischer, die Gewerkschafterin Dwora Stein und Journalisten verhöhnt, mit Fotos, die offenbar aus dem Netz gefischt wurden, vorgeführt. Beim grünen Nationalratsabgeordneten Karl Öllinger gingen die Alpennazis so weit, seine Privatadresse zu veröffentlichen, mit der scheinheiligen Aufforderung, sie nur für Post vom Anwalt zu gebrauchen.
Der Staatsanwaltschaft liegen mittlerweile drei Dutzend Anzeigen vor. Doch die Ermittlungen sind bisher im Sand verlaufen. Im jüngsten Verfassungsschutzbericht aus dem Jahr 2009 wird die Alpen-Donau-Homepage nicht einmal erwähnt.
Die österreichische Neonazi-Homepage nahm im März 2009 ihren Betrieb auf. Sie agiert anonym. Betrieben wird sie von einem Server in den USA aus, wo nationalsozialistische Wiederbetätigung unter freie Meinungsäußerung fällt. Ein Rechtshilfeansuchen der Staatsanwaltschaft an die US-Behörden wegen gefährlicher Drohung wurde bisher nicht beantwortet.
Anders in Deutschland. Dort sind vor Kurzem zwei große Internetportale der einschlägigen Szene aufgeflogen, die ebenfalls von einem US-Server betrieben worden waren. Beide hatten im Umfeld der rechtsradikalen deutschen NPD agiert. Als Moderatorin des so genannten Thiazi.net wurde eine honorige Bürgerin geoutet, die als zehnfache Mutter schon einmal im Fernsehen aufgetreten war. Die Ausforschung verdankt sich in diesem Fall allerdings nicht den Behörden, sondern hellhörigen Jugendlichen, die mit etwas Kreativität (der Nickname rückwärts gelesen ergab den Vornamen) und eigenen Beobachtungen der Rechtsradikalen auf die Spur kamen.
Am Thiazi.net waren auch österreichische Neonazis beteiligt, ein gewisser Mjölnir etwa, der heute bei Alpen-Donau mitmischt. Vor eineinhalb Jahren wurde ein Mitarbeiter des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstands (DÖW) von Beamten des Verfassungsschutzes gewarnt, er werde von Neonazis im Thiazi-Forum bedroht. Ähnlich erging es dem damaligen Landtagsabgeordneten der Grünen, Gunther Trübswasser. Die Rede war von Stilllegen, kurzen Prozess machen, eine Injektionsspritze daneben. Die User nannten sich Eispickel und Prinz Eugen und rühmten sich guter Beziehungen zur oberösterreichischen FPÖ.
Nun stellt sich heraus, dass einer der beiden, Prinz Eugen, im November 2009 seine Mitarbeit am Thiazi-Forum beendete, weil ihm der österreichische Verfassungsschutz auf die Spur gekommen war. Dank eines guten Kontakts zur Exekutive konnte ich in den Ermittlungsakt einsehen, schrieb er in seiner Abschiedsmeldung.
Die Grünen haben deshalb eine parlamentarische Anfrage an Innenministerin Maria Fekter gerichtet, wie so etwas passieren konnte und warum bei den Ermittlungen nichts weitergeht. Demnächst werden sie auch eine neue Homepage, www.stopptdierechten.at, ins Netz stellen, in dem rechtsradikale Vorfälle aufgelistet und Verbindungen aufgezeigt werden. In der Hoffnung, dass auch bei uns aufmerksame Zeitgenossen ihre Beobachtungen mitteilen und ein Coup wie in Deutschland gelingt, sagt der Abgeordnete Karl Öllinger.
Vielleicht hat Prinz Eugen mit seinen angeblichen Kontakten zur Exekutive ja nur geprahlt. Doch es ist bekannt, dass sich in der oberösterreichischen FPÖ-Jugend eine Zeit lang amtsbekannte Rechtsradikale umtrieben und der frühere Obmann der FPÖ-Jugend, Detlev Wimmer, nichts dabei fand, wenn seine Leute zu Kundgebungen der rechtsradikalen NPD nach Deutschland fuhren ein Standpunkt, den er in einem Interview mit den Oberösterreichischen Nachrichten im Februar 2007 verteidigte. Wimmer selbst wurde wegen seiner Kontakte in die einschlägige Szene auf Empfehlung des Verfassungsschutzes die Offizierslaufbahn verwehrt.
Von den Alpen-Donau-Nazis, die mit deutschen Gesinnungsgenossen regen Austausch pflegen, wurde Wimmer als einer gepriesen, der sich so weit aus dem Fenster lehnt, wie es in dieser Partei möglich ist.
Heute ist Detlev Wimmer Stadtrat in Linz, verantwortlich für Sicherheitsfragen.