Fürstlich gefördert
Es gibt kaum etwas, um das die Republik Österreich ein größeres Geheimnis macht als um jenen Packen Papier, der vergangene Woche profil zugespielt wurde: Mehr als zehn Jahre lang hat sich die Bundesregierung nachgerade verbissen geweigert, den Inhalt zu veröffentlichen. Es gibt sogar ein umfangreiches Rechtsgutachten, dem zufolge nicht einmal ein Kommentar dazu abgegeben werden darf.
Die Rede ist von der Liste jener österreichischen Landwirtschaftsbetriebe, die von der EU Agrarförderungen bekommen haben. Daniel Kapp, Sprecher von ÖVP-Landwirtschaftsminister Josef Pröll, sehr knapp: Dazu sage ich gar nichts.
Umso mehr sagt die Aufstellung darüber aus, warum die ÖVP sich so vehement dagegen wehrt, dass sie an die Öffentlichkeit kommt: Die kleinen bäuerlichen Familienbetriebe bekommen den geringsten Anteil der EU-Subventionen. Wer wirklich abräumt, sind die großen Adelsgüter.
1,6 Milliarden Euro Agrarförderungen hat die EU vergangenes Jahr an rund 144.000 Betriebe in Österreich ausgeschüttet. Das ärmste Drittel von ihnen musste sich mit insgesamt vier Prozent der Subventionen begnügen. Sie bekamen durchschnittlich 1603 Euro pro Jahr.
Bei den Top Five der Förderliste geht es um ganz andere Summen: allen voran bei der Stiftung Fürst Liechtenstein, die seit Jahren auf Platz 1 liegt. Alleine 2006 räumte der in Vaduz beheimatete Konzern insgesamt 1,7 Millionen Euro ab. Das entbehrt nicht einer gewissen Pikanterie. Die höchsten EU-Förderungen in Österreich gehen an Hans Adam II. den Monarchen eines Zwergstaates, der nicht einmal zur Europäischen Union gehört. Damit hat der Mann ein deutlich prominenteres Geblüt weit abgehängt: Die Windsor-Farmen der englischen Königsfamilie erhielten 2006 bloß 147.000 britische Pfund (211.000 Euro) aus Brüssel.
Quasi in Erbpacht seit Jahren auf Platz 2: das Gut Waldbott-Bassenheim auf Schloss Halbturn im Burgenland, das von Paul Waldbott-Bassenheim (er bezeichnet sich selbst als Baron) geleitet wird. Seine Latifundien wurden von der EU 2006 mit 1,1 Millionen Euro bedacht. Zum Vergleich: Der Gesamtdurchschnitt der ausbezahlten Subventionen lag bei 11.211 Euro.
Offenlegung. Auch die Kirche darf sich über hohe Agrarförderungen aus Brüssel freuen. Seit den späten neunziger Jahren bekam etwa das Stift Heiligenkreuz (NÖ) jeweils fast 700.000 Euro (damals an die zehn Millionen Schilling). Damit gehört die Zisterzienserabtei zu jenen rund zehn Bauern in Österreich, die nach Auskunft von Ex-Landwirtschaftskammerpräsident Rudolf Schwarzböck von der EU mit mehr als 300.000 Euro pro Jahr subventioniert werden. Auch der milliardenschwere Energydrink-Hersteller Red Bull wird als Mitglied dieses Klubs gehandelt was das Unternehmen freilich dementieren lässt: Es beziehe lediglich Exportförderungen.
Bis dato hat es Österreich als einziges EU-Land geschafft, die Liste der Subventionsnehmer gänzlich unter Verschluss zu halten. Die Briten etwa veröffentlichen sogar kleinste Subventionen im Internet. Dort ist beispielsweise zu erfahren, dass einer Frau Keasey aus West Wales von der EU 3,85 Pfund (umgerechnet 5,50 Euro) zur Verfügung gestellt wurden. Nach zähen Verhandlungen haben sich die EU-Staaten vergangene Woche auf ein einheitliches Veröffentlichungssystem geeinigt. Ab 2009 wird auch Österreich seine Daten publizieren müssen. Dafür votierte auch der österreichische Landwirtschaftsminister Pröll. Bei den Funktionären hält sich die Begeisterung darüber naturgemäß in Grenzen. ÖVP-Bauernbundpräsident Fritz Grillitsch sieht schon eine hässliche Neiddebatte heraufdräuen und das, obwohl es dafür eigentlich gar keinen Grund geben dürfte. Denn, so Grillitsch: Jeder Euro ist verdient, weil die Leistung unserer Bäuerinnen und Bauern stimmt.
Von Josef Barth und Martin Staudinger