Der Minister will?

Innenministerium III. Wie Michael Kloibmüller und Co die Besetzungspolitik im Kabinett Strasser orchestrierten

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„Wer wie Kabinettschef Kloibmüller im ständigen Verdacht des Amtsmissbrauchs steht, ist umgehend zu suspendieren. Da gibt es trotz Unschuldsvermutung keinen Spielraum. Es ist ein Skandal, dass Innenministerin Mikl-Leitner da einen Persilschein ausstellen will, statt ein Disziplinarverfahren einzuleiten“, forderte der ober­österreichische SP-Landesgeschäftsführer Christian Horner am Mittwoch der Vorwoche.
Innenministerin Johanna Mikl-Leitner wies dieses Ansinnen brüsk zurück und klagte in der „Kleinen Zeitung“: „Hier wird – von mancher Seite bewusst – das Leben einzelner Menschen zerstört. Das ist unerträglich und eine Schande.“

So empathisch war man im Innenressort in der Vergangenheit nicht immer gewesen. Horner, ehemaliger Kriminalbeamter, war selbst einst in die Ziehung des Innenministeriums geraten. „Wie bringen wir den an?“, hatte Innenminister Ernst Strasser im Juli 2002 per Mail bei Michael Kloibmüller, damals Kabinettsmitarbeiter, angefragt. Kloibmüller replizierte eilfertig: „Ich hab das schon 2001 prüfen lassen … es gibt keine Möglichkeit, diese Karenz aufzuheben.“

Kloibmüller war im Kabinett Strassers für Personalangelegenheiten zuständig. Neben Büroleiter Christoph ­Ulmer gilt er als jener Mann, der nach 2000 bei der Umfärbung des Ministeriums von Rot auf Schwarz wesentlich Hand anlegte. Etliche Spitzenbeamte in der Exekutive mussten von ihren ­Posten weichen. Max Edelbacher, Chef des Sicherheitsbüros, wurde 2001 abge- und versetzt. Er hatte Kritik an der Führung Strassers geäußert.

2002 wurde Oskar Strohmeyer, Chef der Gendarmerie, zur Flughafenpolizei entsorgt; Peter Heindl, bis dahin obers­ter Staatspolizist, durfte sich – offiziell „auf eigenen Wunsch“ – plötzlich um die elektronische Datenverarbeitung kümmern. Beide Herren wurden durch Bürgerliche ersetzt.

Die „rotweißrote Personalauswahl“ (Strasser) lief stets nach demselben Muster ab: In der vierköpfigen Personalbesetzungskommission saßen der für Personal zuständige Sektionschef Franz Einziger, dessen Stellvertreter Herbert Anderl (heute Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit) und Hermann Feiner von der Christgewerkschaft (heute Leiter der Sektion IV) – alle drei ausgewiesene Bürgerliche. In der Minderheit: ein roter Personalvertreter. Vor diesen Sitzungen soll den VP-Vertretern mitgeteilt worden sein, wen der Minister wolle. Unabhängig von der Qualifikation der Bewerber.

2003 etwa musste sich der amtierende Wiener Polizeigeneral Franz Schnabl für seinen Posten neu bewerben. Für „bestgeeignet“ hielt ihn die Personalkommission, Schnabls Mitbewerber hingegen wurde als „nicht ­geeignet“ eingestuft – und machte dennoch das Rennen. Denn Ernst Holzinger war ein VP-Mann, Schnabl deklarierter Sozialdemokrat.
Ulmer und Kloibmüller kümmerten sich im Auftrag von Strasser hingebungsvoll um Personalia nicht nur an der Spitze, sondern bis zur untersten Ebene. Mit Disziplinarverfahren war man damals recht großzügig umgegangen, wenn sich bei Postenbesetzungen Probleme ergaben. Etwa 2003, als sich die damalige Welser Kripo-Chefin um die Stelle des stellvertretenden Polizeidirektors bewarb. Ein jüngerer, weniger qualifizierter Kollege wurde vorgezogen. Nachdem die Frau vor die Gleichbehandlungskommission gezogen war, wurde ihr ein Disziplinarverfahren angehängt. Der Vorwurf: Sie habe ein privates Fax vom Dienstgerät aus versandt.

Die Besetzungspolitik des damaligen Kabinetts und der rege Austausch darüber sind durch einen umfangreichen Mailverkehr belegt, der auch der Staatsanwaltschaft zugeleitet wurde. 2009 hakte die Justiz die Causa, unerledigt, als „verjährt“ ab. Wie der „Falter“ später berichtete, hatte der zuständige Staatsanwalt das Aktenkonvolut schlichtweg
„übersehen“.

Michael   Nikbakhsh

Michael Nikbakhsh

war bis Dezember 2022 stellvertretender Chefredakteur und Leiter des Wirtschaftsressorts.