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Neue Fakten zum Immodeal des Innenministeriums

Wirtschaft. Neue Fakten zum Immodeal des Innenministeriums

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Ein Schnappschuss wie ein Gemälde. Elf Waidmänner bilden andächtig Spalier vor erlegtem Wild, im Fachjargon "Streckenlegung“ genannt. Das Foto ist undatiert, dürfte aber im Herbst 2004 im burgenländischen Luising aufgenommen worden sein. Es erzählt eine Geschichte. Auf Einladung des Jagdherren Alfons Mensdorff-Pouilly, Lobbyist und Nebenerwerbslandwirt, fand damals eine Jagdgesellschaft zusammen, die nicht nur private, sondern vielmehr auch politische und wirtschaftliche Interessen teilte. Unter den Gästen: Reinhold Frasl, geschäftsführender Gesellschafter der Immobiliengruppe Consio, die sich auf die Errichtung und den Betrieb von Fachmarktzentren an Gemeindeperipherien spezialisiert hat. Zu seiner Linken: Christoph Ulmer, bis Anfang 2004 Kabinettschef von ÖVP-Innenminister Ernst Strasser, heute Unternehmensberater.

167 Wohnungen an Investor
Szenenwechsel. 2008 verkaufte der dem Innenministerium unterstellte "Österreichische Integrationsfonds“ zwei Wohnanlagen - 167 großteils desolate Wohnungen nebst weiterer Nutzflächen - in den Wiener Bezirken Simmering und Brigittenau an Reinhold Frasls Consio, welche zuvor schon die Hausverwaltung besorgt hatte. Kaufpreis: 1,185 Millionen Euro, also durchschnittlich 7000 Euro pro Wohnung. Der Integrationsfonds hatte die Objekte ein Jahrzehnt zuvor noch um 1,6 Millionen Euro erworben und Flüchtlingen zugeteilt. Wie die Grüne Abgeordnete Gabriela Moser erst vor wenigen Wochen kritisierte, soll die Transaktion 2008 (Innenministerin war damals Maria Fekter) ohne Ausschreibung über die Bühne gegangen sein. Moser wittert ein Geschäft unter Freunden. Und das hat auch mit Christoph Ulmer zu tun.

Welch eine Koinzidenz: Ausgerechnet der Investor Reinhold Frasl, der 2008 vom Innenministerium 167 Wohnungen erwerben durfte, hält sich seit Jahren einen Berater, der wiederum über ausgesuchte Kontakte ins Ministerium verfügt: Christoph Ulmer eben. Nach profil-Recherchen stattete Consio Ulmers "CFU Consulting“ bereits 2006 (also zwei Jahre vor dem Deal) mit einem "Konsulentenvertrag“ aus. Gegenüber profil skizziert Frasl die Geschäftsbeziehung wie folgt: "Ulmers GmbH berät einzelne EKZ Projektgesellschaften in der Projektierungsphase.“ Was auch immer das heißen mag. Das Beraterhonorar - kolportiert werden 12.000 Euro brutto monatlich - will Frasl nicht nennen.

Der Unternehmer legt Wert auf die Feststellung, dass er den Zuschlag im Gefolge einer Ausschreibung erhalten habe, kann diese aber nicht vorlegen. Er verweist auf den Integrationsfonds. Auch soll es "mehrere Interessenten und Bieter aus dem professionellen Immobilienbereich“ gegeben haben. Namen will Frasl allerdings keine nennen - und verweist abermals auf den Integrationsfonds.

Ohne Ausschreibung
Tatsache ist: Die behauptete Ausschreibung hat es so nie gegeben. Im Rahmen eines reichlich intransparenten Auswahlverfahrens wurden vom damaligen Geschäftsführer des Fonds Alexander Janda vier Angebote eingeholt und dem Kuratorium (vergleichbar einem Aufsichtsrat) vorgelegt, wobei schlussendlich Frasls Consio das Rennen machte. "Consio war der Bestbieter“, betont ein Sprecher des Integrationsfonds.

Tatsache ist auch, dass Consio gegenüber dem Fonds umfangreiche Zugeständnisse machen musste. Zum einen mussten die teils unbefristeten Mietverträge zu den bestehenden Konditionen übernommen, zum anderen umfangreiche Sanierungs- und Instandhaltungsarbeiten garantiert werden. Frasl beziffert die vereinbarten Zusatzkosten mit 4,644 Millionen Euro. Zusammen mit dem Kaufpreis ergebe das einen Betrag von 5,829 Millionen Euro zuzüglich Nebenkosten: "Jede andere Behauptung ist unzulässig.“

Christoph Ulmer wiederum stellt jeden Konnex zwischen dem Immobiliengeschäft und seiner Beratertätigkeit für Frasl vehement in Abrede: "Die CFU Consulting GmbH steht seit ihrer Gründung im Jahr 2006 immer wieder in Geschäftsbeziehungen mit Unternehmen der Consio-Gruppe. Alle Tätigkeiten sind rein privatwirtschaftlicher Natur und stehen in keinerlei Zusammenhang mit irgendeinem Vorgang öffentlichen Interesses auch beziehungsweise schon gar nicht mit dem Integrationsfonds oder dem Innenministerium.“

Was genau er für Consio geleistet hat, will Ulmer nicht sagen.

Der 43-jährige Tiroler steht zwar seit Jahren nicht mehr im Sold des Ministeriums, dessen ungeachtet unterhält er bis heute beste Kontakte in die Wiener Herrengasse Nummer sieben. So ist Ulmer seit 2011 Beiratsvorsitzender der "Sicherheitsakademie“, welche die Aus-und Weiterbildung der Sicherheitskräfte besorgt. Darüber hinaus fiel sein Name in der Vergangenheit wiederholt in Zusammenhang mit Aufträgen des Innenministeriums. 2004 erteilte Minister Ernst Strasser einem Konsortium aus Telekom Austria, Alcatel und Motorola unter fragwürdigen Umständen den Auftrag zur Digitalisierung des Behördenfunknetzes (Projekt "Tetron“). Wie ausführlich berichtet, stand Alfons Mensdorff-Pouilly da rein zufällig im Sold der drei Konzerne und kassierte in Summe vier Millionen Euro an Honoraren - für angebliche Studien. Berater aufseiten des Ministeriums: Strassers Ex-Kabinettschef Christoph Ulmer.

Zwischen 2005 und 2011 durfte die Agentur Headquarter, an welcher Ulmer beteiligt war, für das Innenministerium Projekte aller Art abwickeln - und verrechnete dafür rund eine Million Euro, bezahlt aus Steuergeldern, ohne Ausschreibungen.

Gabriela Moser hat die Vorgänge in und um den Integrationsfonds zum Anlass genommen, den Rechnungshof um eine Prüfung zu ersuchen: "Unter dem Schutzmantel von Innenministerin Fekter entwickelte der Integrationsfonds einen Wohnungsschacher im Freunderlkreis zu Lasten der Republik. Ulmer als Berater setzt dem Ganzen noch die Krone auf.“