eatdrink von Klaus Kamolz Karauschen im Blätterwald
Schon wieder liegt ein Fischkochbuch vor mir, aber es handelt nicht von Branzino, Steinbutt und Drachenkopf aus dem Meer und auch nicht von Alpenlachs und Polarsaibling oder wie auch immer ein und dieselbe Art aus Marketingmotiven genannt wird. Es sind nämlich auch diese Fische, die zu einem nicht geringen Teil den Irrglauben befeuern, die Österreicher seien Fischmuffel, denen die Zubereitung von Wassergetier zu kompliziert und der Genuss wegen der Gräten zu riskant sei. Gerade in Zeiten wie diesen möchte ich schon auch darauf hinweisen, dass diese gebetsmühlenartig propagierten Edelfische, so sie in herausragender Qualität hier zu haben sind, Feinköstlichkeiten wie Bio-Lungenbraten, Steinpilzen und was weiß ich noch alles preislich locker die Rücklichter zeigen.
Warum ist das Fischkochbuch mit dem Titel "Frische Fische also interessant? Weil Dirk Stermann einer der Autoren ist? Mag sein, dass das den Verkaufszahlen ein wenig auf die Sprünge helfen wird. Aber Stermann ist wenigstens nicht einer, dessen Visage deshalb dazugekauft wurde und der mit den Inhalten ungefähr so viel zu tun hat wie weiland Helmut Zilk mit dem tatsächlichen Verfassen und Redigieren der Ombudsmann-Seite im Kleinformat. Der Co-Moderator der Late-Night-Show "Willkommen Österreich hat sich, über die Schiene einer privaten Bekanntschaft, ein wenig in die österreichische Teichwirtschaft vergafft, wo eben auch Fische heranwachsen, die lange Zeit kulinarisch unbeachtet geblieben sind: Amur, Karausche, Brachse, Rotfeder oder Schleie. Seither verbringt er ein paar Tage im Spätherbst in der Südsteiermark auf Gut Hornegg, einer der besten Bio-Fischzuchten des Landes, und hackelt dort - in der Hierarchie "noch knapp unter den Karpfen, wie er sagt - in Wathose und Gummihandschuhen beim Abfischen mit. Warum also nicht aus diesen Erfahrungen Wert schöpfen? Den fachlichen Teil des Buchs bestreitet ohnehin Christiane Kada, die Schwester des Gutsbesitzers Heinrich Holler. Ihre Rezeptsammlung ist dazu angetan, auch mich noch zu bekehren, der ich ichthyologisch schwerst vorbelastet bin, aber noch jede geangelte Brachse wegen ihrer schleimigen Haut ins Wasser zurückgesetzt und so manche kleine Rotfeder in der Hoffnung auf noble Hechte oder Zander als Köder verwendet habe.
Vielleicht sollte ich einmal eine Brachse in Pergament zubereiten wie bisher nur Goldbrassen; vielleicht schmeckt das ja wirklich gut, wenn man Rotaugen und Rotfedern so mariniert, wie es die Mittelmeervölker mit Sardinen und Sardellen tun; vielleicht ist eine gedämpfte Schleie eine kulinarische Offenbarung (nein, halt, das weiß ich eh schon, weil sogar Heinz Reitbauer Schleien auf der Speisekarte des "Steirereck führt).
Mit Sicherheit aber könnte "Frische Fische mit seinen küchentechnischen Erläuterungen und den unkomplizierten Rezepten einen Beitrag dazu leisten, tatsächlich existierende Hemmschwellen in der österreichischen Fischküche abzubauen. Sogar Stermann sagt, er habe das hingekriegt. Und zu einem Ab-Hof-Kauf in der hinreißenden Landschaft der Fischzucht Gut Hornegg kann ich sowieso nur raten.
Ramen mit Fisch
Für 4 Personen: In einem großen Topf 1 l Fischfond erhitzen und kurz vor dem Aufkochen 2 TL in heißem Wasser aufgelöste Misopaste einrühren. Aufkochen lassen, 100 g Eiernudeln einrühren, bis sie auseinanderfallen, dann 1 in feine Ringe geschnittene Stange Lauch und 1 in dünne Streifen geschnittene Fenchelknolle dazugeben. Nach 2 Minuten 300 g frischen Fisch (Filet von Amur, Zander, Hecht, Karpfen, Wels) in Stücken in den Topf geben, einige Minuten bei stark reduzierter Hitze ziehen lassen und mit Chili, Salz, frisch gemahlenem Pfeffer und Koriandergrün (oder Petersilie) abschmecken.
Gut Hornegg
Tobis 1-3, 8504 Preding
Tel.: 03185/23 04
www.gut-hornegg.at
Dirk Stermann & Christiane Kada:
Frische Fische
Brandstätter Verlag, 2012, 224 Seiten, 29,90 Euro