Kurzparkzonen in Wien möglicherweise verfassungswidrig
profil: Sie sagen, die Parkgebühren in Wien sind verfassungsrechtlich heikel. Warum?
Kind: Meines Erachtens ist offen, ob die Parkometerabgabeverordnung und damit das Parkpickerl durch die finanzausgleichsgesetzliche Ermächtigung gedeckt ist. Die Gemeinde könnte insofern nur für die klassische Kurzparkzone, nicht aber für die Parkraumbewirtschaftung zuständig sein. In diesem Fall hätte die Landesregierung beim Parkometergesetz 2006 der Grundlage für diese Verordnung einen folgenschweren Formalfehler gemacht. Denn dann gilt insofern nicht das Finanzausgleichsgesetz, sondern das Finanz-Verfassungsgesetz. Demnach wäre die Stadt dazu verpflichtet, eine Höchstgrenze für das Parkpickerl festzulegen. Das hat sie nicht getan. In diesem Fall könnte ein Anrainer beim Verfassungsgerichtshof erfolgreich Beschwerde einbringen, wenn er eine Geldstrafe kassiert, weil er in seiner gebührenpflichtigen Zone ohne Pickerl parkt.
profil: Könnte auch die Ausweitung der Kurzparkzonen vom 1. Oktober 2012 und vom 1. Jänner 2013 problematisch sein?
Kind: Ja. Laut Straßenverkehrsordnung ist eine Parkraumbewirtschaftung nur dann zulässig, wenn Parkraumnot besteht. Diese sollte eindeutig durch statistisches Material belegbar sein. Ich gehe davon aus, dass die derzeit geltenden Regeln in einigen Straßenzügen anfechtbar sind.
profil: Kritiker haben in der Vergangenheit immer wieder behauptet, die Wiener Volksbefragung Anfang März wäre verfassungswidrig. Stimmt das?
Kind: In der Wiener Stadtverfassung heißt es: Gemeindeabgaben können nicht Gegenstand einer Volksbefragung sein. Man dürfte die Parkraumbewirtschaftung also eigentlich nicht abfragen. Sanktionen gäbe es aber nur, wenn man der Stadt mangelnde Wirtschaftlichkeit oder Zweckmäßigkeit vorwerfen könnte etwa, dass sie unnötig Geld für eine Volksbefragung ausgibt. Dagegen hat sich die Stadt abgesichert: Sie stellt einfach zusätzlich andere, zulässige Fragen.
profil: Wäre es möglich, die Parkraumbewirtschaftung in Wien aufgrund des Gleichheitsgrundsatzes zu klagen?
Kind: Ich gehe davon aus, dass diese Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof nicht durchgehen würde. Deutschland hat eine ähnliche Gesetzgebung, und dort hat es bisher nicht funktioniert.
Anmerkung: Diese Fassung des Interviews weicht von jener in der Print-Ausgabe (profil 4/2013) leicht ab.