Rainer Nikowitz

Rainer Nikowitz Was Jahr ist, muss Jahr bleiben

Was Jahr ist, muss Jahr bleiben

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Nachdem das vor uns lauernde 2009 das schlimmste Jahr seit – abhängig von der Interpretation des jeweils nach vorne blickenden Experten – 9 (Rom verliert die Schlacht im Teutoburger Wald), 1683 (der letzte erfolgreiche Versuch, die Türken von der Eroberung Wiens abzuhalten), 1929 (die Weltwirtschaft zeigt erstmals so richtig, was sie kann), 1945 (die Falschen gewinnen den Krieg) oder 2006 (Karl-Heinz Grasser zieht sich aus der Politik zurück) wird, sollte man in jeder Hinsicht gewappnet sein.

Zu Tode gefürchtet ist natürlich auch gestorben, dennoch kann es bei allem Optimismus – den jetzt vor allem jene einfordern, die Monate damit verbracht haben, die ganze Welt mit düsterem Endzeitgemurmel bis ins Knochenmark zu schrecken – nicht schaden, sich den Trends der Saison ausnahmsweise nicht zu verschließen.

Zuerst einmal ein sachdienlicher Hinweis für die unmittelbare Zukunft: Bestehen Sie bei den Rauchfangkehrern, die demnächst im Lande umgehen und traditionell ein Trinkgeld für ihre bloße Existenz einfordern, unbedingt darauf, einen Dienstausweis zu sehen. Dreck allein beweist noch gar nichts. Und dass Investmentbanker wahnsinnig erfinderische Leute sind, hat sich ja nunmehr wohl in hinreichender Klarheit herausgestellt.

Werden Ihnen im nächsten Jahr Investments mit hohen Renditechancen angepriesen, ist unbedingt Vorsicht geboten. Im Zweifel ist Überweisungen an nur mehr einen Schritt von einer Milliardenerbschaft entfernte nigerianische Prinzen der Vorzug vor isländischen oder ungarischen Staatsanleihen zu geben. Wesentlich zielführender scheint generell der Kauf von Aktien österreichischer Banken – hier ist eine schöne Dividende zum Glück gesichert. Und das Beste daran: Sie zahlen sie sich quasi selber! Also endlich einmal ein Investment, das der Kunde versteht und deshalb guten Gewissens tätigen kann.

2009 finden in Österreich vier Landtagswahlen und die Wahl zum EU-Parlament statt. Überwinden Sie also eine eventuell vorhandene Politikverdrossenheit, und engagieren Sie sich noch rasch bei irgendeiner Partei als Quereinsteiger, am besten bei einer mit Wachstumschancen und null Qualifikationserfordernissen – also einer rechten. Wenn es die Situation erfordert, sollten Sie sogar eine Übersiedlung nach Kärnten in Betracht ziehen. Diesfalls ist allerdings wirklich Eile geboten, der Termin für die Landtagswahl im Kreuz des Südens ist schließlich schon der 1. März. Ekelgefühle müssen zweitrangig sein, schließlich winken gut bezahlte, vollkommen krisensichere Jobs mit einem gerüttelt Maß an Tages­freizeit.

Erdäpfel blühen sicherlich auch sehr schön – aber die Balkonpflanze des kommenden Jahres wird zweifellos der Riesenkürbis „Fiona Swarovski“. So ein 240-Kilo-Gerät am Fensterbrett lässt einen an die bevorstehenden Herausforderungen einer sich eben neu erfindenden Wirtschaft doch gleich wesentlich gelassener herangehen. Umso mehr, wenn man nicht nur über eine umfangreiche Rezeptesammlung für Kürbissuppe, Kürbisgulasch und …, äh, Kürbissuppe verfügt, sondern darüber hinaus den Weitblick besaß, rechtzeitig Tauschhandelsbeziehungen zu einem Schweinebauern mit Prostataproblemen aufzubauen, um auch noch für die Kerne sein Fett wegzubekommen.

Weiters wirkt sich so ein schmucker Farbklecks am Haus ­sicherlich nicht nachteilig auf das Ergebnis der Versteigerung desselben aus.
Konsumkritik ist in Zeiten wie diesen nicht nur unoriginell, sondern in höchstem Maße unsolidarisch. Gleiches gilt für die pekuniäre Ausformung dieser Unsitte, das makroökonomisch inakzeptable Sparen. Sparen darf nur Ihr Arbeitgeber, nämlich an Ihnen. Für Sie gilt das hingegen keineswegs.

Kaufen Sie 2009, was das Zeug hält. Vor allem sollten Sie sich, angesichts der prekären Lage, in der sich eine schon angesichts der weltweiten Ressourcenüberfülle hochgradig ­zukunftsorientierte Industrie befindet, unbedingt ein Auto kaufen. Besser noch zwei. Achten Sie dabei im Sinne des großen Ganzen nicht auf den Preis, aber sehr wohl auf die Qualität der Liegesitze. Wer ständig in der Früh mit Kreuzweh aufwacht und dann mit schmerzverzerrtem Gesicht schief beim AMS ­herumhumpelt, hat dort nicht die besten Karten – und schon ist ein anderer Glückspilz geringfügig beschäftigt!

Kleidungstechnisch tendieren die Designer für die nächste Saison zum Sack, in dem man das Saatgut nach Hause gebracht hat, weiters setzt die Industrie auf essbare Dessous mit Käse­krainergeschmack, und die Schuhmode springt mit zerschnittenen und verwegen zusammengebundenen alten Autoreifen klug auf den Vintage-Zug auf.

In Liebe und Partnerschaft geht der Trend eindeutig Richtung Gruppensex – schon allein der Heizkosten wegen. Die SM-Szene entdeckt neben Peitschen, Klammern und heißem Wachs das lustvolle Spiel mit in Euro zwangskonvertierten Fremdwährungskreditverträgen und Kontoauszügen, die selbst Hartgesottenen ein Höchstmaß an Devotheit abfordern. Zum Abschluss möchten wir Ihnen noch eine Warnung unserer Hausastrologin mit auf den steinigen Weg geben: Jupiter ist ein Hund. Aber, Hand aufs Herz: War er das nicht schon immer?

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