profil: Sie gelten als Vertreter einer streng biologisch orientierten Sichtweise. Lässt sich dieser Zugang in einem so stark kulturell geprägten Bereich wie der Sexualität heute noch aufrechterhalten?
Eibl-Eibesfeldt: Man braucht sich nur die sinkenden Geburtenraten ansehen, dann erkennt man die Wichtigkeit. Sexualität ist kein Luxus, sondern dient dem Überleben. Jene, die keine Kinder in die Welt setzen, entfernen sich aus dem Abenteuer der Evolution.
profil: Aber spielen nicht auch gesellschaftliche Einflüsse mit? Manche Frauen wollen sich eben nicht fix binden und suchen bewusst die Abwechslung.
Eibl-Eibesfeldt: Das mag sein, aber diese Frauen streben auch keine Schwangerschaft an und setzen keinen Nachwuchs in die Welt.
profil: Eine Ihrer zentralen Thesen besagt, dass das beim Orgasmus ausgeschüttete Hormon Oxytocin vor allem bei den Frauen für die Partnerschaftsbindung verantwortlich ist. Sehen Sie diesen Effekt auch beim Mann?
Eibl-Eibesfeldt: Ja, denn auch bei ihm wird Oxytocin ausgeschüttet - zwar in geringerem Ausmaß, aber doch. Er ist damit partnertreu veranlagt. Gleichzeitig ist die Neigung des Mannes, seine Gene möglichst breit zu streuen, sicher noch vorhanden. Es gibt eben auch widerstrebende Impulse.
Irenäus Eibl-Eibesfeldt, 75, gilt als Mitbegründer der Humanethologie. Der Österreicher forschte mit Konrad Lorenz und Hans Hass und ist Verfasser vieler Bücher. In "Die Biologie des menschlichen Verhaltens" befasst sich Eibl-Eibesfeldt mit den Funktionen des Orgasmus. Er arbeitet heute am Max- Planck-Institut für Verhaltensphysiologie.