Wahlen in London und Washington 2010: Bei beiden wird die Rechte gewinnen
Bis vor Kurzem galt es als sicher: Den Kampf um das Westminster werden die Konservativen für sich entscheiden, der zutiefst unpopuläre Labour-Premier Gordon Brown wird abgewählt, der elegante Jungkonservative David Cameron wird spätestens im Juni (bis dahin muss gewählt werden) triumphieren, die lange Ära der Labour-Regierungen ist vorbei. Neuerdings muss sich Cameron jedoch Sorgen machen. Zwar bleibt Brown selbst unpopulär, seine Partei allerdings holt dramatisch auf: Sie liegt nur mehr neun Prozentpunkte zurück. Sicher spielt dabei eine wichtige Rolle, dass die Briten ihre finanzielle Lage heute viel besser beurteilen als noch vor wenigen Monaten. Im Oktober 2008 erwarteten 68 Prozent, dass sich ihre persönliche wirtschaftliche Situation verschlechtern werde. Heute sind es nur mehr 38 Prozent. Die etwas aufgehellte Stimmung hilft offenbar der regierenden Partei. Auch dürfte Browns neuer, von Konservativen als Klassenkampf verteufelter Kurs wirken: Der Regierungschef will die Boni der Bankmanager mit einer 50-Prozent-Steuer belegen und bei den reichen Erben einiges abschöpfen. Vor allem aber attackiert er seinen Herausforderer frontal als Vertreter der privilegierten Klasse: Cameron habe sich seine Politik auf den Spielplätzen in Eton ausgedacht, einer jener sündteuren Eliteschulen, die er besuchte. Damit trifft Brown offenbar einen Nerv. In Umfragen meinen 50 Prozent der Briten, die Tories seien die Partei der Reichen, und 47 Prozent finden Cameron zu reich und privilegiert, um die Sorgen der Durchschnittsbriten zu verstehen. Am Ende wird Browns jüngster Linksschwenk wohl nicht ausreichen, um an der Macht zu bleiben. Aber es ist nicht mehr ausgeschlossen, dass die Konservativen zu etwas gezwungen sein werden, was im britischen Mehrheitswahlsystem nur sehr selten vorkommt: mit einer anderen Partei, den Liberaldemokraten, eine Koalitionsregierung zu bilden. Eines ist freilich sicher: Ein Premier Cameron, der als vehementer EU-Skeptiker gilt, wird Europa große Probleme bereiten.
Bei Midterm Elections in den USA zur Halbzeit der präsidentiellen Amtszeit bei denen alle Abgeordneten des Repräsentantenhauses und ein Drittel der Senatoren neu gewählt werden verliert normalerweise die Partei des Präsidenten. Das wird auch am kommenden 2. November so sein. Ein Verlust der parlamentarischen Mehrheit der Demokraten wäre für Barack Obama freilich fatal: Dann könnte er sein langfristiges außen- und innenpolitisches Reformprogramm nicht weiter durchsetzen. Er wäre für die zweite Halbzeit seiner ersten Regierungsperiode die legendäre lahme Ente. Die Demokraten bleiben aber bislang zuversichtlich: Zum einen haben sie eine satte Mehrheit in den beiden Kammern. Zum anderen aber könnte der Rechtsschwenk der Republikaner die von ihnen so benötigten Wechsel- und Mittewähler vertreiben. Wie die Midterm Elections ausgehen, wird nicht zuletzt davon abhängen, ob Obama die Gesundheitsreform in den kommenden Monaten durchbringt. Und eine weitere Erholung der US-Wirtschaft käme jedenfalls den Demokraten zugute.
Urnengänge 2010
Jänner: Präsidentschaftswahlen in der Ukraine
Februar: Präsidentschaftswahlen in Griechenland
Februar: Parlamentswahlen in Tadschikistan
April: Parlamentswahlen in Ungarn
Mai oder Juni: Unterhauswahlen in Großbritannien
Juni: Parlamentswahlen in der Slowakei
Oktober: Parlamentswahlen in Lettland
Oktober: Präsidentenwahlen in Polen
November: Midterm Elections in den USA Kongress und Gouverneure