Wie dem Zilk: Wirbel um österreichischen Ex-Spion im Wahlkampf
Publizität ist so ziemlich das Letzte, worauf Thomas M. (Name der Redaktion bekannt) Wert legt: Ein Vierteljahrhundert lang war er als Geschäftsmann tätig, seine Unternehmen residierten in bester Wiener Innenstadtlage, hochrangige Politiker zählten zum Bekanntenkreis des 57-Jährigen und dennoch blieb er in der Öffentlichkeit so gut wie unbekannt.
Bis vor wenigen Wochen. Mitten im tschechischen Parlamentswahlkampf wurde bekannt, dass er den dortigen Sozialdemokraten eine nicht unbeträchtliche Parteispende überwiesen hatte: 13 Millionen Kronen, umgerechnet 520.000 Euro. Es kam noch schlimmer für das Diskretionsbedürfnis von Thomas M.: Eine Reporterin der Website Aktualne.cz fand in den Archiven des Instituts für Totalitarismusforschung eine 200 Seiten dicke Akte über den Österreicher mit tschechischen Wurzeln. Die darin enthaltenen Berichte legen nahe, dass M. zu CSSR-Zeiten nicht nur in großem Stil als Waffenhändler tätig war, sondern auch als Agent des kommunistischen Geheimdiensts StB (Statni bezpecnost).
Gegenüber profil weist Thomas M., der mit seiner Familie als Kind aus der Tschechoslowakei nach Österreich geflüchtet war, all das vehement zurück. Er habe außer beim Bundesheer niemals eine Waffe in der Hand gehabt, beteuert er. Die Behauptung, ein Agent gewesen zu sein, sei absurd: Er wolle sich keinesfalls mit einem Mann wie Helmut Zilk vergleichen aber nun ergehe es ihm wie dem verstorbenen und ebenfalls unter Spionageverdacht geratenen Wiener Bürgermeister.
Nicht vom Tisch. Ganz so einfach lassen sich die Vorwürfe angesichts der profil vorliegenden Akten allerdings nicht vom Tisch wischen. Darin werden nicht nur Anwerbungsgespräche mit dem StB geschildert, sondern auch Informationen rapportiert, die Thomas M. seinen Führungsoffizieren über die Waffenbranche geliefert haben soll. Zudem ist eine Reihe von Rüstungslieferungen aufgelistet etwa nach Botswana oder Ägypten.
Drittwelt- und Schwellenländer militärisch auszustatten war im Kalten Krieg ein wichtiger Teil der Entwicklungshilfe kommunistischer Regimes.
Strafbar war das, was M. laut diesen Dokumenten getrieben hat, aus österreichischer Sicht nicht. Die Verbindungen, die er im Laufe der Jahre im Rahmen seiner Tätigkeit knüpfen konnte, sind aber zumindest interessant. Vor allem in der österreichischen Sozialdemokratie scheint sich M. gute Freunde gemacht zu haben. Mitte der neunziger Jahre der Kommunismus und der StB waren inzwischen Geschichte wurde in Wien eine Handelsgesellschaft ins Firmenbuch eingetragen, in der M. als Geschäftsführer fungierte und als einer von vier Miteigentümern niemand anderer als Karl Blecha, mit einer Stammeinlage von ursprünglich 250.000 Schilling.
Ein Ex-Spion und ein Ex-Innenminister? Wann und wie sich die beiden Herren kennen gelernt hatten, darüber will M. nicht viele Worte verlieren. Ebenso wenig über den Geschäftszweck des Unternehmens. Blecha ist auskunftsfreudiger: Die Firma sei im Handel mit Ölprodukten tätig gewesen, allerdings nicht sehr erfolgreich. Daraufhin habe er sein Investment nach und nach reduziert, das Unternehmen sei schließlich liquidiert worden. Waffengeschäfte? Auszuschließen, so Blecha zu profil.
Geschäftsführer Thomas M. als Rüstungshändler und Agent? Dafür habe es nie einen Hinweis gegeben, so der Präsident des SPÖ-Pensionistenverbands. Das wäre nicht einmal ein Wunder bei einem Mann, der so viel Wert auf Diskretion legt wie Thomas M.