Das Ende eines Traums
Von Sue Masterman
Als vergangene Woche eine Maschine der Royal Airforce am Luftwaffenstützpunkt Akrotiri in Zypern landete, gingen keine Truppen von Bord, sondern Geldboten. Die Fracht des Flugzeugs bestand aus einer Million Euro eine eiserne Reserve für insgesamt 3750 britischen Soldaten und Regierungsbeamte, die auf der Insel stationiert sind. Sie sollen nicht ohne Bargeld dastehen, selbst wenn die Krise komplett im Finanzkollaps endet.
Gleichzeitig kündigte die Regierung in London auch eine Art ungedeckelte Einlagenversicherung für ihre Angestellten in Zypern an, die Geld auf zypriotischen Banken liegen haben: Ersparnisse, die durch Sonderabgaben oder einen Bankencrash verloren gehen, werden zu hundert Prozent ersetzt.
60.000 britische Auswanderer, die ebenfalls auf der Insel leben und nach Griechen und Türken die größte Bevölkerungsgruppe darstellen, warteten vergeblich auf ähnlich gute Nachrichten. Die meisten von ihnen sind Rentner, die mit Sack, Pack und Sparbüchern nach Zypern gezogen sind in der Hoffnung auf einen Lebensabend mit Sonne, Strand und den unschlagbar hohen Zinsen, die örtliche Banken bislang gewährten.
Derzeit bekommen sie nicht einmal ihre Pensionen ausbezahlt. Die britische Regierung hat die Überweisung von Renten auf zypriotische Konten gestoppt, um zu verhindern, dass sie im Chaos verloren gehen. Jetzt können die Auswanderer nicht viel mehr tun, als dazusitzen und zu warten zum Beispiel darauf, dass Verwandte über die Osterferien anreisen und ihnen Bargeld mitbringen. In den britischen Pubs, in denen auf Großbildfernsehern von früh bis spät britische Fußballspiele laufen, und den britischen Restaurants, die den ganzen Tag britisches Frühstück und Fish and Chips servieren, macht sich bei vielen Gästen Frust und Ärger breit. Andere haben bereits resigniert und wünschen sich inzwischen, Zypern hätte den ursprünglich geplanten Haircut akzeptiert. Damit wären sie zwar um Geld umgefallen, aber wenigstens nur um eine begrenzte Summe.
Zyprioten und Briten haben eine lange gemeinsame Geschichte. 1878 wurde die Insel, damals noch Teil des Osmanischen Reichs, zum Protektorat des Empire, 1925 zur Kolonie. 1960 entließ Großbritannien Zypern in die Unabhängigkeit, behielt dort aber zwei strategisch wichtige Militärstützpunkte. Das Land, auf dem sie sich befinden, ist weiterhin britisches Territorium.
Viele der hier stationierten Soldaten blieben auch nach Dienstende, holten ihre Familien nach und profitierten vom lokalen Preisniveau: Für das Geld, um das sie ihre Häuser in Großbritannien verkauften, konnten sie sich hier weit größere leisten, noch dazu mit Swimmingpools. Freunde und Bekannte folgten ihrem Beispiel oder kamen wenigstens auf Urlaub. Sie alle bewegten sich in einer angenehmen Blase, in der die zypriotische Politik keine Rolle spielte.
Bis vor Kurzem bemerkten die meisten von ihnen nicht, was sich außerhalb dieser Blase zusammenbraute. Es begann mit den Kriegen am Balkan: Eine tödliche Mischung aus dem Einfluss der griechisch-orthodoxen Kirche und einer einflussreichen kommunistischen Partei führte dazu, dass sich Zypern den Serben öffnete, die damals in den meisten EU-Ländern von Reisebeschränkungen betroffen waren. Ihnen folgten bald die Russen. Sie hatten Geld, kauften Immobilien zusammen und trieben die Preise in die Höhe. Die Zyprioten liebten die Russen, die Briten hassten sie: zu laut, zu rücksichtslos beim Geschäftemachen, zu protzig.
Als Zypern 2004 der EU beitrat und 2008 den Euro einführte, wurde die Lage für die britischen Expats noch unangenehmer. Und jetzt können sie nur dabei zusehen, wie die Russen mit der EU um den Einfluss in Zypern pokern.
Die Immobilienpreise fallen ins Bodenlose, die Blase ist geplatzt, der Traum vorüber. Und wenn die Banken endlich wieder aufsperren, wird es viele geben, die sich als Erstes in ihrem Online-Banking einloggen und die Taste drücken, um ihre Ersparnisse aus Zypern abzuziehen zurück in die relative Sicherheit Großbritanniens.
Sue Masterman, ehemalige Nahost- und Balkan-Korrespondentin des amerikanischen TV-Senders ABC und der Londoner Times, war jahrelang auf Zypern stationiert.