Gerichtsurteil

Hubert Wallners Bistro „Seensucht“: Ein Koch am Wörthersee

Kärntens Küchenchef Nummer eins betreibt ein neues Bistro. Hubert Wallners "Seensucht".

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Dass der Wallner Hubert kochen kann, hat sich weit über das südlichste Bundesland hinaus herumgesprochen, die zahlreichen Auszeichnungen des 48-Jährigen sind der Rede wert: Koch des Jahres 2020, sein „Restaurant Hubert Wallner“ in Maria Wörth trägt vier Gault&Millau-Hauben, ist Kärnten-Sieger im Restaurant-&-Gasthaus-Guide von Falstaff 2024 und hält darin bei 99 von 100 Punkten.

Sein neuestes Projekt, das Bistro „Seensucht“, liegt an der Wörthersee-Süduferstraße, genauer in Sekirn, noch genauer im Hotel Aenea. Seit 9. Mai betreibt Wallner es gemeinsam mit Sommelier Klaus M. Dolleschall und Gesellschafter Norbert Oxée. Der Blick von der Terrasse auf See und Pyramidenkogel erfreut das Porsche-Cayenne-Besitzerherz.

So ruhig wie einem hier, kurz vor Saisonstart, der See zu Füßen liegt, so will man es auch im Bistro „Seensucht“ angehen – und setzt also auf Casual Dining. Wallner und Dolleschall beschreiben es selbst so: „Mit unserem Casual-Dining-Konzept für jeden Tag wollen wir ein Place to be für Einheimische sein, und das auch außerhalb der Hauptsaison.“ Nur so lässt sich wahrscheinlich auch erklären, warum man hier am See, bei Sonnenschein, am Samstag zu Mittag einen „Businesslunch“ serviert bekommt. Panikartiger E-Mail-Check. Keine einzige im Eingang. Umso besser, kümmern wir uns ums Essen.

Das Menü beginnt mit einer Schaumsuppe vom Spargel aus dem Lavanttal und falschen Gnocchi, also richtigen Brandteigkrapfen. Die schwimmen zum Glück nicht in der Suppe, sondern sind daneben aufgespießt worden. Gute Entscheidung, sowohl fürs Auge als auch für die Knackigkeit. Die Suppe selbst wird von Löffel zu Löffel süßer; das Kerbelöl verstärkt den Eindruck.

Das Bœuf Stroganoff setzt auf Biorind, übersetzt die Fleischqualität aber nicht ganz auf den Teller: Es ist eher schmeckendes Geschnetzeltes als fein gearbeitete Medium-Filetspitzen-Offenbarung. Generell steht die Paprika stark im Vordergrund, auf Säurenoten wurde fast vollständig verzichtet. Die Spätzle dazu sind hausgemacht, aber ein bisschen edler hätte es schon sein dürfen. Über die Präsentation kann man ebenfalls streiten: Pfandl auf Holzbrett. Das passt nicht so ganz zu den Schlagwörtern „Businesslunch“ und „Wörthersee“. Wir sind hier schließlich hochgradig beschäftigt und nicht angetrunken beim Après-Ski!

Über den dritten Gang, der hausgemachten Schokoladentorte, gibt es nichts zu meckern, sie ist auch nicht zu dick glasiert, aber: Ich hätte mir hier ein Dessert gewünscht, das auch wirklich ein ebensolches ist – und nicht bloß ein Kuchen zum Kaffee.

Die À-la-carte-Abteilung macht es deutlich besser. Die Karte ist zur Mittagszeit allerdings sehr klein, neben Salat und Pasta mit verschiedenen Toppings gibt es noch Wiener Schnitzel. Der Blattsalat (Bild ganz oben) hat neben Radieschen und Gurken auch noch Mandeln, Cashews und Kürbiskerne abbekommen. Das macht an einem heißen Sommertag in Verbindung mit perfekt gebratenen Garnelen tatsächlich viel her, was man über die Panier des Kalbswieners nicht unbedingt behaupten kann: Sie hat nur ungleichmäßig Farbe abbekommen. Die dazugehörigen Erdäpfel samt Schale wurden dafür mit frischen Kräutern gewürzt und schmecken herzhaft-erdig.

Der Service trägt Hemden in „Wörthersee-Türkis“ und ist sehr freundschaftlich im professionellsten Sinn. Wir haben es nicht darauf ankommen lassen, aber aus diesen kundigen Händen schmeckt der Sommerspritzer bestimmt so, dass man sich nach ein paar Gläsern dann doch noch für einen berühmten Wörthersee-Regisseur halten könnte – oder wenigstens für einen Cayenne-Fahrer.

Stimmung: Monaco in Sekirn
Empfehlung: Nicht Monaco in Sekirn erwarten
Preisverhältnis: Businesslunch um 35 Euro, À-la-carte-Gerichte 8 bis 32 Euro
Bistro Seensucht Wörthersee-Süduferstraße 86, 9081 Sekirn; aenea.at

Stephan   Graschitz

Stephan Graschitz

ist als Chef vom Dienst bei profil tätig.