Ibiza-Affäre: Warum das Verfahren gegen Blümel eingestellt wurde
Gernot Blümel, Ex-Finanzminister und Ex-Obmann der ÖVP-Wien, hat dieser Tage zweifachen Grund zur Freude. Vor drei Wochen heiratete Blümel seine langjährige Lebensgefährtin Clivia Treidl in seiner Heimatgemeinde Moosbrunn in Niederösterreich. Und in der Vorwoche wurde sein Anwalt darüber informiert, dass die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) das Verfahren gegen Blümel wegen Bestechung eingestellt habe, nach zweieinhalbjährigen Ermittlungen.
Am Vormittag des 11. Februar 2021 war Blümel zur Aussage bei der WKStA in der Dampfschiffstraße im 3. Wiener Bezirk erschienen. Sein Handy musste er abgeben. Anschließend fand in seiner nahe gelegenen Wohnung eine Hausdurchsuchung statt. Ausgangspunkt der Ermittlungen war eine iMessage, die der damalige Chef des Glücksspielkonzerns Novomatic, Harald Neumann, am 12. Juli 2017 um 7.34 Uhr an den damaligen ÖVP-Wien-Chef Blümel schickte: „Guten Morgen, hätte eine Bitte: bräuchte einen kurzen Termin bei Kurz (erstens wegen Spende und zweitens bezüglich einen Problemes das wir in Italien haben! Glauben Sie geht sich das noch diese Woche aus?? lg Harald.“
Sebastian Kurz war zu diesem Zeitpunkt Außenminister – und eifrig dabei, Spenden für den Wahlkampf zu sammeln. Im Mai 2017 hatte Kurz die ÖVP übernommen und Neuwahlen vom Zaun gebrochen.
Bestechung?
Die WKStA hegte den Verdacht, Neumann – und mit ihm die Novomatic – hätte Kurz eine Spende in Aussicht gestellt als Gegenleistung dafür, dass der Außenminister der Novomatic bei einem Problem mit den Finanzbehörden in Italien helfe. Dort drohte eine Steuernachzahlung von bis zu 60 Millionen Euro. Das mögliche Delikt: Bestechung eines Amtsträgers. Und Blümel habe sich zum Mittäter gemacht, indem er das Angebot an Kurz weiterleitete.
Allerdings fand die WKStA keinen Hinweis auf eine Spende des Glückspielunternehmens an die ÖVP. Ebenso wenig war nachweisbar, ob Blümel Kurz über das Terminersuchen überhaupt informierte und ob Neumann bei einem etwaigen Treffen Kurz eine Spende anbot. In ihrer Einstellungsbegründung führt die WKStA an, dass in relevanten Bereichen keine Beweismittel mehr vorhanden seien, da Daten zu dienstlicher Kommunikation gelöscht worden seien. Allerdings wurde die WKStA auch nicht in aus den USA gelieferten Apple-Daten von Blümel fündig.
Nach der Einstellung des Verfahrens stellt sich die Frage, ob die WKStA überhaupt genug Indizien für einen Anfangsverdacht gegen Blümel hatte. Eine Parteispende ist ebenso wenig illegal wie die Bitte eines Managers an einen Minister, sich für ein österreichisches Unternehmen einzusetzen. Erst die Verknüpfung einer tatsächlichen oder versprochenen Spende mit einem Amtsgeschäft ist gesetzeswidrig. Doch einziger Hinweis auf diese Verknüpfung war Neumanns Nachricht an Blümel – ein dürres Indiz, zumal Blümel die Nachricht nicht beantwortete.
Wackliger Anfangsverdacht
Die WKStA begründet ihren Anfangsverdacht unter anderem mit der später zurückgezogenen Aussage von Heinz-Christian Strache im Ibiza-Video, die Novomatic „zahlt alle“. Überdies führt sie mehrere Chats an, in denen Harald Neumann sich mit einem Mitarbeiter über Spenden an die ÖVP austauscht. Eine „Smoking Gun“ sieht anders aus. Die WKStA kann allerdings darauf verweisen, dass das Oberlandesgericht Wien einen Anfangsverdacht in dieser Causa bejahte, nachdem die Novomatic gegen eine Hausdurchsuchung in ihrer Unternehmenszentrale eine Beschwerde eingelegt hatte. Blümel selbst hatte auf eine derartige Beschwerde gegen die Hausdurchsuchung in seiner Wohnung verzichtet.
Vor der Durchsuchung am 11. Februar 2021 hatte Blümels Lebensgefährtin, mit ihrem Baby in einem Tragetuch – nicht, wie vielfach beschrieben, in einem Kinderwagen –, die Wohnung verlassen, in Absprache mit der WKStA. Dazu nahm sie ihren Laptop mit. Als die Beamten bei der Hausdurchsuchung nach weiteren Geräten fragten, erwähnte Blümel das private Notebook. Sein damaliger Kabinettschef eilte daraufhin zu dessen Lebensgefährtin, um den Laptop zu holen und der WKStA zu übergeben. Die IT-Spezialisten der WKStA fanden auf dem Laptop nichts Verdächtiges, auch keine Spuren, dass Daten gelöscht worden wären. Es handelte sich tatsächlich um Treidls privates Notebook.
Auch das Verfahren gegen Harald Neumann und die Novomatic wurde in dieser Causa eingestellt.