Darüber hinaus ist der Ex-Kanzler bis heute Aufsichtsratschef der beiden wichtigsten Immobilien-Unternehmen im Benko-Imperium: der Signa Prime Selection AG und der Signa Development Selection AG. Diese Woche wurden beide in die Insolvenz geschickt – und Benkos Reich droht damit endgültig zu zerbröseln.
Die neuen Gläubiger
Im Anhang zum Insolvenzantrag der Signa Development AG findet sich eine Gläubigerliste – und auf der steht auch Alfred Gusenbauer – genauer gesagt seine Gusenbauer Projektentwicklung & Beteiligung GmbH & Co KG. Jemand, der Aufsichtsratschef eines Unternehmens ist, und somit dessen Geschäfte überwachen soll, verdient auf der anderen Seite mit seinem Unternehmen genau dort Geld?
Ähnlich gelagert ist das mit der Signa Holding. Dort sitzt Gusenbauer im Beirat. Das ist ein Gremium, das gesellschaftsrechtlich keine Relevanz hat – im Reich der Signa aber de facto aber viel zu sagen gehabt haben dürfte. Der Beirat soll übrigens aufgelöst werden, heißt es seitens des Insolvenzverwalters. Zu viele Kosten – für was eigentlich genau?
Gusenbauer kassierte über die Signa Holding in den vergangenen Jahren Millionenhonorare, wie das Magazin „News“ aufdeckte. Für „Beratung“ im Zusammenhang mit staatlichen Corona-Hilfszahlungen in Deutschland an die Signa-Kaufhauskette Galeria/Kaufhof verrechnete Gusenbauers Firma im März 2020 drei Millionen Euro exklusive Umsatzsteuer. Im September 2021 waren es dann nochmals zwei Millionen Euro. Interessant, denn Gusenbauer stritt auch öffentlich bei TV-Auftritten ab, für Signa tätig gewesen zu sein.
Und auch 2023, das zweifellosschlechteste Jahr in der Geschichte der Signa, soll – wenn es nach Alfred Gusenbauer geht – zumindest für den Ex-Kanzler selbst ein lohnendes werden. Die Frist der Gläubiger, beim Gericht Forderungen gegenüber der Signa Holding zu stellen, läuft bis 15. Jänner 2024.
Es gibt zwei Möglichkeiten, das zu tun. Erstens, man meldet über eine Gläubigerschutzorganisation seine Forderungen an – diese Verbände wurden gegründet, damit sich kleine Gläubiger nicht extra einen Anwalt leisten und zu Gericht gehen müssen. Ein klassisches Beispiel wäre etwa ein Maurer, der auf einer Baustelle der Signa gearbeitet hat und jetzt auf sein Geld wartet. Oder zweitens: Man nimmt sich einen Anwalt: So machen das üblicherweise die potenten, großen Gläubiger.
Gute Zinsen
Alfred Gusenbauer entschied sich für Variante eins. Der Alpenländische Kreditorenverband (AKV) brachte für ihn und sein Unternehmen Millionenforderungen gegen die Signa Holding ein.
In einem Fall geht es um zwei unbezahlte Rechnungen der Gusenbauer Projektentwicklung & Beteiligung Gmbh. Sie wurden im Juli und Oktober dieses Jahres jeweils in der Höhe von drei Millionen Euro gestellt. profil-Informationen zufolge sollen 500.000 Euro zwischenzeitlich bezahlt worden sein, bleibt also eine Forderung von 5,5 Millionen Euro – plus großzügige Verzugszinsen in der Höhe von 167.331,23 Euro. Macht also insgesamt stattliche 5.667.331,23 Euro.
Gusenbauer, dieses mal als Privatperson, brachte vertreten durch den AKV bei Gericht eine weitere Forderung in der Höhe von 679.950 Euro ein. Es handelt sich um eine Sammelforderung, die hauptsächlich monatliche Honorare mit einer Fälligkeit im Zeitraum Mai bis Dezember 2023 umfasst. Augenscheinlich liegt der Basisbetrag bei 50.000 Euro pro Monat – im November wurden jedoch noch weitere 300.000 Euro fällig. Die jüngste 50.000-Euro-Forderung Gusenbauers gegenüber der Signa Holding wurde am 1. Dezember 2023 fällig. Zwei Tage vorher hatte die Signa Holding Insolvenz angemeldet. Auch auf diese Sammelforderung verrechnet Gusenbauer Verzugszinsen: 18.408,69 Euro.
Insgesamt belaufen sich die offenen Forderungen von Gusenbauer und seinem Unternehmen gegenüber der Signa Holding also auf 6.365.689,92 Euro. In Worten: Sechsmillionendreihundertfünfundsechszigtausendsechshundertneunundachtzig Euro und zweiundneunzig Cent.
Guter Rat ist teuer
Bei den verrechneten Leistungen soll es sich im Übrigen um Beratung rund um die deutsche Galeria/Kaufhof/Karstadt sowie in Zusammenhang mit Kapitalbeschaffungsmaßnahmen gehandelt haben. Letzteres ist offenbar nicht so gut gelungen, denn der Signa Gruppefehlt es massiv an Liquidität.
profil und „SZ“ wollten von Gusenbauer wissen, welche Leistungen seine Firma für die Signa Develpment erbracht hat. Und ob er eigentlich Complianceprobleme darin sehen würde, Aufsichtsrat eines Unternehmens zu sein und gleichzeitig für dieses zu arbeiten. Wofür er die Millionenhonorare bei der Signa Holding verrechnet hat. Wie man auf einen derart stattlichen Verzugszinssatz kommt. Und: Ob es wahr ist, dass er allein als Aufsichtsratsvorsitzender Millionen-Boni für mittlerweile geschasste Signa-Manager beschlossen hat.
Gusenbauer ließ alle diese Fragen unbeantwortet.