Investigativ

Anklage gegen Trump-Vertrauten Erik Prince? „Wurde nie kontaktiert“

In einer seit Jahren laufenden Affäre um die Flugzeugfirma Airborne aus Wiener Neustadt soll die österreichische Justiz Anklage gegen Ex-US-Söldnerführer Erik Prince erhoben haben. Er will jedoch nichts erhalten haben. Jetzt bahnt sich ein Katz-und-Maus-Spiel an.

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Es ist eine Affäre von internationaler Dimension: Seit 2016 ermittelt die österreichische Justiz rund um die Wiener Neustädter Flugzeugfirma Airborne Technologies. Das Unternehmen soll - kurz gesagt - eine wichtige Rolle beim Versuch gespielt haben, eine Art private Söldner-Luftwaffe ins Leben zu rufen. Im Zentrum der Affäre: Erik Prince, Gründer der noch aus dem Irak-Krieg berüchtigten Söldnerfirma „Blackwater“ und Vertrauter von Ex-US-Präsident Donald Trump - profil berichtete. Alle haben sämtliche Vorwürfe immer bestritten. Nun vermeldete der „Kurier“, dass die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt einen Strafantrag bei Gericht eingebracht habe. Unter den fünf Angeklagten sei auch Prince.

Anfrage beim Milliardär

Eine Bestätigung seitens der Behörden, dass tatsächlich auch Prince selbst vor Gericht soll, gibt es bisher nicht. Staatsanwaltschaften und Gerichte halten sich mit Auskünften zu Namen von Beschuldigten oftmals sehr bedeckt. Aber was sagt Prince selbst dazu? profil fragte nach - und siehe da: Ein Sprecher des Milliardärs teilte mit, man kenne den Medienbericht, dem zufolge ein lokaler Beamter eine Art Klage gegen Prince eingeleitet habe. Prince habe die Klage, falls diese existiere, bisher nicht gesehen. Auch sei er von dem österreichischen Beamten zu keinem früheren Zeitpunkt kontaktiert worden. Man werde auf diesen PR-Gag reagieren, falls sich der Beamte dazu entscheide, die Klage ordnungsgemäß zuzustellen.

Da es nicht einfach ist, die spezielle Tonalität dieser Stellungnahme in der deutschen Übersetzung einzufangen, hier das englische Original: "We are aware of the news report that a local official in Austria has instituted some sort of lawsuit against Mr. Prince. Mr. Prince has not seen a copy of that lawsuit, if it exists, nor was he contacted by the Austrian official at any time previously. We will respond to this publicity stunt if and when the official chooses to properly serve Mr. Prince."

Probleme bei der Zustellung

Tatsächliche dürfte es Probleme bei der Zustellung des Strafantrags geben. Laut „Kurier“ erklärte eine Sprecherin des Landesgerichts Wiener Neustadt, dass man den genauen Aufenthaltsort eines der Beschuldigten nicht kenne. Ob es sich dabei um Prince handelt, ließ sie offen. Nur so viel: Man habe ein Rechtshilfeersuchen an die USA gerichtet.

Damit bahnt sich möglicherweise ein langwieriges Katz-und-Maus-Spiel an. Bereits im Ermittlungsverfahren sollen die Staatsanwälte in Wiener Neustadt viel Zeit damit verbracht haben, auf Antworten von US-Behörden zu warten. Ein Rückblick: Im Jahr 2013 stieg Prince über mehrere Zwischenfirmen mit 25 Prozent bei der Airborne Technologies GmbH ein. Airborne stattet Fluggeräte mit Sensoren und Überwachungstechnologie aus. Die Firma aus Wiener Neustadt sollte zwei Agrarflugzeuge des Typs "Thrush" aufrüsten - früheren Angaben zufolge mit einem Überwachungssystem und "leichter Panzerung". Der Auftrag kam demnach von einer Firma, die damals von Prince geführt wurde.

Private Luftwaffe?

Solche kleinen Propellermaschinen, die in den USA etwa zum Besprühen von Äckern eingesetzt werden, eignen sich - entsprechend ausgestattet - hervorragend für Einsätze in bürgerkriegsähnlichen Situationen. Medienberichten zufolge wollte Prince über Wiener Neustadt eine Art private Luftwaffe aufziehen. Eines der beiden Flugzeuge verschwand bald vom Radar, angeblich in Richtung Afrika. Die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt leitete 2016 Ermittlungen wegen des Verdachts der Unterstützung von Parteien bewaffneter Konflikte ein - konkret mit Blick auf den Bürgerkrieg im Südsudan. Ermittelt wurde gegen die Firma Airborne nach dem Verbandsverantwortlichkeitsgesetz sowie gegen acht weitere Beschuldigte.

Die Staatsanwaltschaft wollte bereits 2018 Anklage erheben, die Oberbehörden verlangten jedoch weitere Ermittlungen. Nun gibt es laut „Kurier“ neben Airborne fünf angeklagte natürliche Personen. Geändert haben dürfte sich auch der Vorwurf: Es geht nunmehr um einen mutmaßlichen Verstoß gegen das Kriegsmaterialgesetz.

Zweites Ermittlungsverfahren

Wie profil bereits 2021 aufdeckte, läuft rund um die Airborne-Prince-Connection jedoch noch ein zweites Ermittlungsverfahren. Dieses dreht sich um Libyen und den dortigen Bürgerkrieg. Auch diesbezüglich wurden Ermittlungen wegen des Verdachts der verbotenen Unterstützung von Parteien bewaffneter Konflikte eingeleitet - und zusätzlich noch nach dem Außenwirtschafts-und dem Finanzstrafgesetz. Dieses Ermittlungsverfahren ist noch nicht abgeschlossen. 

Airborne hat sämtliche Vorwürfe immer vehement bestritten. Auch Prince wies 2021 über einen Anwalt die Libyen-Vorwürfe gegenüber profil zurück.

Wie es in Sachen Anklage in Bezug auf den Milliardär weitergeht, wird man sehen. Unter Umständen wird Prince erkennen müssen, dass ein österreichischer Staatsanwalt zwar ein „lokaler Beamter“ sein mag. Aber einer mit weitreichenden rechtsstaatlichen Kompetenzen.

Stefan   Melichar

Stefan Melichar

ist Chefreporter bei profil. Der Investigativ- und Wirtschaftsjournalist ist Mitglied beim International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ).