Anklage rechtswirksam: Ex-Ministerin Karmasin muss vor Gericht
Erstmals seit dem Start der weitläufigen Justiz-Ermittlungen nach Veröffentlichung des Ibiza-Videos Mitte 2019 wird sich nun eine prominente ÖVP-Vertreterin vor Gericht verantworten müssen: Im November 2022 brachte die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) eine 40-seitige Anklageschrift gegen die frühere Familienministerin Sophie Karmasin-Schaller beim Landesgericht für Strafsachen Wien ein. Nun steht fest: Die Causa geht tatsächlich vor Gericht. Das Oberlandesgericht Wien hat den Anklageeinspruch eines Mitbeschuldigten abgewiesen.
Die WKStA wirft Karmasin-Schaller einerseits vor, nach ihrem Ausscheiden als Ministerin Ende 2017 noch bis Mai 2018 zu Unrecht eine Bezugsfortzahlung kassiert zu haben. Andererseits soll Karmasin-Schaller gemäß Verdachtslage von April 2019 bis Juni 2021 in ihrer beruflichen Tätigkeit als Meinungsforscherin rechtswidrige Absprachen in Zusammenhang mit Vergabeverfahren des Sportministeriums getroffen haben – profil berichtete.
In Bezug auf die Vergabeverfahren ist eine weitere Person angeklagt: Der Mitarbeiter des Sportministeriums bestreitet sämtliche Vorwürfe und hat einen Einspruch eingebracht. Dieser wurde nun jedoch abgewiesen: „Das Oberlandesgericht hatte zu prüfen, ob die dem Angeklagten vorgeworfene Tatbeteiligung überhaupt strafbar ist und ob es genug Gründe gibt, den Angeklagten für verdächtig zu halten. Dabei darf das Oberlandesgericht der Entscheidung nicht vorgreifen, die das zuständige Gericht in der Hauptverhandlung zu treffen haben wird“, hielt das OLG Wien am Freitag in einer Aussendung fest. Conclusio: „Das Oberlandesgericht erachtete die Beweislage als ausreichend, um eine Verurteilung für wahrscheinlich zu halten.“ Das ist der rechtliche Maßstab für eine Anklageerhebung, ohne dass damit feststehen würde, dass tatsächlich eine Verurteilung erfolgen wird.
Auch Karmasin-Schaller hat strafrechtliches Fehlverhalten immer bestritten. Für alle Betroffenen gilt in vollem Umfang die Unschuldsvermutung. Laut OLG Wien stand am Freitag ein Verhandlungstermin am Straflandesgericht noch nicht fest.