Arabischer Staatsfonds Mubadala klagt Signa und Benko vor Schiedsgericht
Schriftgröße
Noch vor einigen Monaten jubelte man im Signa-Reich von Gründer René Benko über ein viele Millionen Euro schweres Investment eines arabischen Investors, welches der damals schon strauchelnden Signa Liquidität und Luft verschaffen sollte. Das Geld floss, es reichte aber dann doch nicht zur Rettung der nunmehr in Schieflage geratenen Signa Holding GmbH. Die Dachorganisation der weit verzweigten und aus fast tausend Gesellschaften bestehenden Signa musste am 29. November Insolvenz anmelden. Und jetzt wollen die Geldgeber aus Abu Dhabi ihr Geld zurück.
Nur zwei Tage nach der Insolvenzanmeldung, am 1. Dezember, brachten drei Gesellschaften des arabischen Staatsfonds Mubadala, immerhin einer der weltgrößten Vermögensverwalter, eine Schiedsklage über 713 Millionen Euro ein. Das geht aus dem ersten Bericht des Sanierungsverwalters Christof Stapf hervor, der profil und der „Süddeutschen Zeitung“ vorliegt. Sie begehren demnach einstweiligen Rechtsschutz („Emergency Arbitration“) gegenüber „mehreren Gesellschaften der Signa-Gruppe". Auch die im Eilverfahren nachzureichende Schiedsklage selbst wurde bereits eingebracht. Sie sei neben Signa-Gesellschaften auch an „Herrn René Benko ad personam adressiert“. Der Vorwurf: „Verletzung von Bedingungen aus Finanzierungsvereinbarungen“. Die Sanierer haben laut Bericht eine Prozess-Sperre nach österreichischem Recht eingewendet. Das dürfte aber nur Ansprüche an die bereits insolvente Signa Holding betreffen, und nicht persönliche Haftungen oder Forderungen gegenüber anderen, solventen Gesellschaften.
Im Bericht ist außerdem ein zweites Schiedsverfahren gelistet. Die „Am 1 Real Estate Investment Management SCSP“ mit Sitz in Luxemburg, die von den Sanierern ebenfalls Mubadala zugerechnet wird, fordert von Signa weitere 296 Millionen Euro. Eine entsprechende Klage wurde am 29. November eingebracht. Im Bericht des Sanierungsverwalters ist auch diese Schiedsklage Mubadala zugeordnet. profil-Recherchen im Firmenbuch von Luxemburg sprechen allerdings eher dafür, dass hinter der "AM 1 Real Estate" der Investor Hamad Jassim Al-Thani aus Katar stehen dürfte.
Beide Schiedsverfahren fallen unter die Jurisdiktion des internationalen Handelsrechts und in die Zuständigkeit der Internationalen Handelskammer ICC. Sollte Mubadala vor dem internationalen Schiedsgericht Erfolg haben und Vermögenswerte von Signa und Benko zugesprochen bekommen, könnte das weitere Klagen von internationalen Geldgebern von Signa nach sich ziehen, die nicht vor nationalen Gerichten in Österreich oder Deutschland ausgefochten werden.
Kurz-Connection
Das pikante an dieser Geschichte ist: René Benko war mit Ex-ÖVP-Bundeskanzler Sebastian Kurz zu unterschiedlichen Anlässen in Abu Dhabi, und er hat im Rahmen dieser Reisen auch Vertreter von Mubadala getroffen. Zuletzt soll er 2022 mit Kurz nach Abu Dhabi gereist sein. Laut News sollen 550 Millionen Euro von Mubadala an die Signa geflossen sein. Der vorliegende Bericht zeigt, dass es wohl deutlich mehr gewesen sein dürfte – und zwar vor Zinsen und sonstigen Kosten.
René Benko hat Sebastian Kurz – damals Bundeskanzler – übrigens schon im März 2019 auf einer Reise nach Abu Dhabi begleitet. Ebenfalls mit dabei waren Rainer Seele, damals noch OMV-Chef, und Alfred Stern, ehemals Borealis-Vorstand und später Nachfolger Seeles an der OMV-Spitze. Ein Selfie dokumentierte damals das Treffen der österreichischen Vertreter mit dem Kronprinzen Mohamed bin Zayed Al Nahyan, der auch im Management Board von Mubadala sitzt. Ebenfalls mit dabei war auch die Spanische Hofreitschule mit ihren Lipizzanern, die vor 300 geladenen Scheichs ihre weltberühmte Kür vorführten.
„Wir wissen eigentlich bis heute nicht, warum René Benko damals mitgekommen ist“, sagt eine Person aus dem OMV-Umfeld, die ebenfalls an der Reise im März 2019 teilgenommen hat. Es sei nicht ungewöhnlich, dass bei Staatsbesuchen auch Wirtschaftsvertreter mitreisen. Ungewöhnlicher sei jedoch, dass nur ein Unternehmer mitreist, der noch dazu nichts mit dem Kerngeschäft von OMV und Borealis zu tun habe.
Sebastian Kurz soll über seine SK Management insgesamt 2,5 Millionen Euro Beraterhonorar an eine Signa-Gesellschaft verrechnet haben, die bisher noch nicht von der Insolvenz der Signa Holding betroffen ist. Bisher seien allerdings noch 1,65 Millionen Euro ausständig, wie der Kurier berichtete.
Sollte Mubadala mit seiner Schiedsklage erfolgreich sein, dürfte das den finanziellen Spielraum für die Sanierung ganz erheblich einschränken. Bisher konnten Sanierer Stapf und seine Mitarbeiter noch nicht einmal den genauen Liquiditätsbedarf der Signa Holding beziffern, wie profil berichtete. Der genaue Finanzierungsbedarf soll spätestens in der letzten Dezemberwoche den Gläubigern präsentiert werden.
Fest steht jetzt schon, dass die von René Benko zugesicherten drei Millionen Euro für die kommenden drei Monate nicht reichen werden. Benkos persönlicher finanzieller Spielraum könnte jedenfalls auch angesichts der Schiedsklage täglich enger werden.
Der ursprüngliche Artikel wurde am 20.12.2023 um 14:20 Uhr um die Recherchen zur „AM 1 Real Estate Investment Management“ ergänzt.
Marina Delcheva
leitet das Wirtschafts-Ressort. Davor war sie bei der "Wiener Zeitung".
Anna Thalhammer
ist seit März 2023 Chefredakteurin des profil. Davor war sie Chefreporterin bei der Tageszeitung „Die Presse“.
Stefan Melichar
ist Chefreporter bei profil. Der Investigativ- und Wirtschaftsjournalist ist Mitglied beim International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ).