Benko-Pleite: Lebensstil war „sehr auffällig“
Es ist die wohl mit Abstand spannendste Pleite im – an spannenden Pleiten durchaus nicht armen – Signa-Umfeld: das Insolvenzverfahren gegen den Gründer des zerbröselten Immobilien-Imperiums, René Benko. Seit Anfang März läuft am Landesgericht Innsbruck ein Konkursverfahren gegen Benko in dessen Funktion als Einzelunternehmer. Diese Woche fand eine entsprechende Tagsatzung statt. Und nach und nach kommt Licht in die komplexen finanziellen Verflechtungen.
profil-Informationen zufolge war zuletzt die Prüfung von Benkos finanziellen Verhältnissen durch Insolvenzverwalter Andreas Grabenweger noch nicht in allen Details abgeschlossen. Er scheint aber genug gesehen zu haben, um dem „Schuldner“ – also René Benko – einen „sehr auffälligen“ Lebensstil zu attestieren. Beispielsweise fielen Grabenweger hohe Unterhaltszahlungen an nahe Familienangehörige auf – teils im vier- bis fünfstelligen Eurobereich pro Monat. Und darüber hinaus habe es noch weitere Millionenzahlungen gegeben, sowie auch einmal ein Pferd als Geburtstagsgeschenk.
Der Stiftungs-Picasso
Im Zuge der Inventarisierung im Konkursverfahren legte Benko zuletzt vor allem Fotos von Uhren vor. Der Wert soll nun durch einen Sachverständigen geschätzt werden. Zumindest in früheren Jahren war Benko offenbar auch Kunstbesitzer. Er dürfte aber im Laufe der Zeit einiges verkauft haben – und zwar an die „Laura Privatstiftung“, eine von Benkos Familienstiftungen. 2018 soll er daraus rund 1,7 Millionen Euro eingenommen haben, 2022 dann vergleichsweise läppische rund 110.000 Euro. Offenbar tauchten im Umfeld des Signa-Gründers auch Kunstwerke von Pablo Picasso und Jean-Michel Basquiat auf. Benko soll allerdings erklärt haben, dass diese nie ihm gehört hätten, sondern immer im Eigentum der Laura Privatstiftung gestanden seien.
Benko selbst dürfte in seinen guten Jahren ordentlich verdient haben. Wie sich im Konkursverfahren bis dato herausgestellt hat, belief sich das eigene Einkommen des Signa-Gründers von 2015 bis 2021 auf insgesamt rund 78 Millionen Euro. Darin enthalten sind unter anderem Beratungshonorare für diverse Firmen der Signa-Gruppe. Benko hatte jedoch auch einen Dienstvertrag mit der Signa Holding, also der Dachgesellschaft des nun zusammengebrochenen Immobilien-Imperiums.
Dieser Vertrag sah in frühen Jahren ein Monatsgehalt von 56.000 Euro brutto vor, später dann eines von rund 60.000 Euro. Und dazu kam noch ein stolzer Prämienanspruch von 2,5 Prozent des Gewinns – konkret des Ergebnisses der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit (EGT) – der Signa Holding. Dieses Dienstverhältnis wurde Ende November 2023 einvernehmlich beendet. Noch im September 2023 bestätigte die Signa Holding Benko schriftlich einen Prämienanspruch für das Jahr 2021 von rund 14 Millionen Euro brutto. Benko soll im Konkursverfahren allerdings angegeben haben, dass das Geld nicht mehr ausbezahlt worden sei.
Millionenkredite von Signa und Stiftungen
Zu flüssigen Mitteln kam Benko in den vergangenen Jahren jedoch offenbar auch noch auf andere Weise. profil-Informationen zufolge liegen dem Insolvenzverwalter mehrere Kredit- und Darlehensverträge vor, die Benko gewährt wurden. Demnach stellte ihm etwa die Signa Holding einen Kreditrahmen von fünf Millionen Euro zur Verfügung, eine Tochterfirma der Laura Privatstiftung einen Kredit von acht Millionen Euro und die „Familie Benko Privatstiftung“ einen Kredit von zunächst fünf Millionen Euro, der dann im Laufe der Zeit auf 22 Millionen Euro anwuchs. Die Signa Prime Holding GmbH gewährte zunächst rund sieben Millionen Euro, aus denen dann neun Millionen wurden. Die Laura Privatstiftung stellte einen Kredit von fünf Millionen Euro bereit.
Einmal mehr zeigt sich eine enge finanzielle Verwobenheit Benkos mit seinen Familienstiftungen und der Signa. Für die Gläubiger besonders interessant ist die Frage, ob sie an das Stiftungsvermögen herankommen können. profil-Informationen zufolge wurde Benko im Zuge des Insolvenzverfahrens gefragt, welche Zuwendungen an Stiftungen weltweit er geleistet habe. Dabei soll er lediglich Zahlungen aus 2014 und 2015 angegeben haben – und zwar verhältnismäßig geringe rund 2,8 Millionen Schweizer Franken an die Ingbe Privatstiftung in Liechtenstein. Das ist eine weitere Familienstiftung Benkos. Die Benko-Stiftungen existieren teilweise schon sehr lange. Gut möglich, dass Zuwendungen aus den 2000er-Jahren in einem jetzigen Konkursverfahren von vornherein keine Rolle spielen.
Benkos Villen-Personal
Wie sich im Konkursverfahren herausgestellt hat, hatte Benko als Einzelunternehmer bis zuletzt zwei Angestellte – und zwar Hausangestellte in Italien, die sich um seine geliebte „Villa Ansaldi“ am Gardasee kümmerten. Die Villa soll Benko teilweise privat genutzt haben, teilweise mietete sie die Signa Holding – offiziell zu Repräsentationszwecken.
Dass Benko mangels Aufträgen als Beratungsunternehmer momentan keine Zukunft hat, ist im Konkursverfahren mittlerweile freilich klar geworden. Der Signa-Gründer soll daher einer Schließung seines Einzelunternehmens zugestimmt haben. Benko ist nunmehr bei der Laura Asset 2018 Eins GmbH beschäftigt – einer Firma, die letztlich der Laura Privatstiftung gehört. Dort ist er im „Portfoliomanagement“ tätig und verdient nicht ganz 3800 Euro netto pro Monat. Alles, was über einen unpfändbaren Anteil hinausgeht, fordert der Insolvenzverwalter. Die Laura Asset 2018 soll in diesem Zusammenhang zuletzt nicht ganz 750 Euro überwiesen haben. Die Höhe will der Masseverwalter aber noch prüfen.
Gläubiger wollen Geld sehen
profil hat bei Gerhard Weinhofer, dem Geschäftsführer des Gläubigerschutzverbands Creditform, nachgefragt und ihn um eine Einschätzung gebeten. Weinhofer meint, man müsse jetzt „das Augenmerk auf die Zahlungsflüsse in der Vergangenheit legen, um zu prüfen, ob daraus etwas für die Gläubiger zurückgeholt“ werden könne.
Vorerst hat Insolvenzverwalter Grabenweger Gläubigerforderungen von 47 Millionen Euro anerkannt. Benko kann übrigens weiterhin wie ein gestandener Milliardär in einer zig Millionen Euro teuren Villa südlich von Innsbruck residieren. Diese gehört der Laura Privatstiftung. Begünstigte der Stiftung sind mehrere enge Familienangehörige, mit denen Benko zusammenwohnt. Er selbst zählt nicht zum Begünstigtenkreis, und was einem nicht gehört, kann einem auch nicht weggenommen werden. Wobei davon auszugehen ist, dass die Gläubiger nichts unversucht lassen werden, das – scheinbar dicht verschlossene – Geldsystem Benko zu knacken.