Betrugsanklage: WKStA will Ex-Ministerin Karmasin vor Gericht stellen
Es ist nicht die erste Anklage, die aus den weitläufigen Ermittlungen der Justiz im Nachgang zur Veröffentlichung des Ibiza-Videos Mitte 2019 resultiert. Es ist jedoch die erste, die sich gegen eine prominente frühere Vertreterin der ÖVP richtet. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) hat beim Landesgericht für Strafsachen Wien eine Anklageschrift gegen die frühere Familienministerin Sophie Karmasin-Schaller eingebracht. Das 40-seitige Dokument liegt profil vor – profil berichtet bereits vor einiger Zeit über eine potenziell bevorstehende Anklageerhebung.
Die WKStA wirft Karmasin-Schaller einerseits vor, von April 2019 bis Juni 2021 – als Meinungsforscherin – rechtswidrige Absprachen in Zusammenhang mit Vergabeverfahren des Sportministeriums getroffen zu haben. Dabei ging es um mehrere Aufträge für Studien. In diesem Zusammenhang ist auch ein Mitarbeiter des Ministeriums angeklagt. Darüber hinaus erhebt die WKStA gegen Karmasin-Schaller jedoch auch den Vorwurf des schweren Betrugs: Die Ende 2017 aus dem Amt geschiedene Ministerin soll bis Mai 2018 zu Unrecht ihre Bezugsfortzahlung als Ministerin kassiert haben. Dies, obwohl sie ihre selbständige Tätigkeit nach dem Ausscheiden als Ministerin „nahtlos fortsetzte“, wie die Anklagebehörde vermutet. Dem für die Prüfung des Auszahlungsantrags zuständigen Bundeskanzleramt habe Karmasin tatsachenwidrig mitgeteilt, sie werde nichts verdienen.
Ab Zustellung der Anklageschrift haben die Beschuldigten zwei Wochen Zeit, Einspruch dagegen einzulegen. Die Anklage ist somit noch nicht rechtswirksam. Karmasin-Schaller hat strafrechtliches Fehlverhalten immer bestritten.
Ein allfälliger Gerichtsprozess wäre auch ein erster Testlauf für die Kronzeugin Sabine Beinschab, durch deren Aussagen ein Teil des Anklagevorwurfs ans Licht kam. Beinschabs Aussagebereitschaft gegenüber den Ermittlungsbehörden spielt bekanntermaßen auch eine wesentliche Rolle in Zusammenhang mit der sogenannten Inseraten-Affäre, die sich unter anderem gegen Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz richtet. Kurz bestreitet sämtliche Vorwürfe.