Grazer FPÖ-Affäre: Nazi-Fundstücke und Erinnerungslücken
Am 15. Oktober 2022 klopfte es energisch an Roland Lohrs Haustür. Als der mittlerweile parteifreie Grazer FPÖ-Gemeinderat öffnete, stand draußen die Polizei, die daraufhin die Wohnung durchsuchte. Und nicht nur seine: Die Exekutive ließ auch bei mehreren blauen Parteifreunden und Burschenschaften keinen Stein auf dem anderen, um Beweismittel in der Finanzcausa der FPÖ Graz zu finden. Es geht um mutmaßlich veruntreute Steuergelder. Bei Lohr, der in der Grazer FPÖ für Finanzen zuständig war, fanden die Datenforensiker noch etwas, wonach sie ursprünglich gar nicht gesucht hatten: „2587 digitale Schriftstücke mit offensichtlich nationalsozialistischem Hintergrund.“
In der digitalen Bibliothek findet sich das Nazi-Standardwerk „Mein Kampf“ von Adolf Hitler. Aber auch andere Propagandaschriften wie etwa „Das Deutsche Mädel“ – eine monatlich erscheinende Zeitschrift des Bundes Deutscher Mädel, die vom damaligen Reichsjugendführer Baldur von Schirach herausgegeben wurde. Sie sollte die „gute arische Frau“ lehren, wie man anständig zu leben hatte. „Das Programm der NSDAP“ war abgespeichert und „Der deutsche Soldat – Briefe aus dem Weltkrieg“ sowie „Die Wehrmacht – der Freiheitskampf des großdeutschen Volkes“.
Unserer unverdorbenen deutschen Jugend ist die Abneigung gegen den Juden angeboren.
Der ehemalige Nürnberger Stadtschulrat und Gauleiter Fritz Fink gibt in „Judenfrage im Unterricht“ auf 48 Seiten Tipps für „deutsche Lehrer“, wie sie mit den neuen Aufgaben, das Reich im Sinne der Nazis umzumodeln, umgehen sollen. Da stehen Sätze wie: „Der nationalsozialistische Staat verlangt von seinen Lehrern Unterrichtung der deutschen Kinder in der Rassenfrage. Die Rassenfrage aber ist für das deutsche Volk die Judenfrage (…) Unserer unverdorbenen deutschen Jugend ist die Abneigung gegen den Juden angeboren. (…) Die Kinder müssen zu der Erkenntnis gelangen, daß die gegen den Juden gerichtete Gesetzgebung und der Kampf gegen ihn keine Laune und Willkür, sondern ein Akt der Notwehr unseres Volkes ist.“
In der Broschüre gibt es etliche Bildvergleiche zwischen der „deutschen Rasse“ und „Juden“, damit Kinder den „Feind“ optisch erkennen lernen. Es wird ihnen eingebläut: „Der Jude ist ein Schacherer und Händler. Er geht bei seinen Geschäften auf Betrug und Wucher aus. (…) Sie vergifteten die Brunnen, schächteten Kinder und schändeten Frauen.“ Darum sollten sich deutsche Mädchen auch tunlichst von männlichen Juden fernhalten – auch, um nicht aus Versehen „Rassenschande“ über das deutsche Volk zu bringen.