René Benko

Großrazzia bei Benko, seiner Familie, Signa und deren (Ex-)Geschäftsführern

Am Dienstag fanden mehrere Razzien in René Benkos Luxusvilla, seinem Zweithaus, Wohnsitzen seiner Familie sowie den Büroräumlichkeiten der Signa statt. Auch bei den (Ex-)Geschäftsführern waren die Ermittler zu Hause. Ob man dort noch was findet, ist fraglich, die Ermittlungen laufen seit Monaten.

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Kurz bevor das halbe Land in das Sommerloch verschwindet, hat es am Dienstag noch einen ordentlichen Tusch getan: In den Morgenstunden wurden in Innsbruck bei René Benko zu Hause in seiner Millionen-Villa, bei seiner Familie im Zweithaus und in den Büroräumlichkeiten der Signa Holding in Innsbruck Hausdurchsuchungen durchgeführt. Auch in Wien gab es Hausdurchsuchungen. Die Ermittler durchsuchten die Büros der insolventen Signa Prime und Signa Development in Wien. Auch bei den Signa-Holding-Ex-Geschäftsführern Christoph Stadlhuber und Markus Mühlberger sollen die Ermittler angeklopft haben, sowie beim Ex-Finanzvorstand Manuel Pirolt, der die größten und wichtigsten Immobilientöchter Signa Prime und Signa Development leitete. Er war die Nummer zwei hinter René Benko und hat sich erst vergangene Woche im aktuellen profil in einem großen Interview erklärt.  Auch ein weiterer Ex-Geschäftsführer einer Immobilientochter war betroffen. Es waren Dutzende Beamte im Einsatz, sie nahmen Berge an Daten mit. 

Das kam für die Beschuldigten übrigens zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt: Alle involvierten Anwälte waren offenbar gesammelt zum EM-Fußballspiel Österreich gegen Holland nach Berlin gepilgert und mussten deshalb von dort aus ihre Mandanten beraten. 

"Folgendes kann ich bestätigen: Ja, es findet gerade eine Durchsuchung zwecks Sicherstellung von allfälligen Unterlagen zu den medial ohnehin bereits transportierten Vorwürfen vor Ort statt - Polizei und WKStA agieren sehr professionell und unser Mandant - wie mir die Behörden soeben bestätigt haben - wiederum kooperativ und konstruktiv", ließ René Benkos Anwalt Norbert Wess auf profil-Anfrage wissen. 

"Ich bestätige, dass es bei Diplomingenieur Christoph Stadlhuber eine Hausdurchsuchung gab. Hat nichts zu verstecken oder zu verheimlichen. Er kooperiert und steht den Behörden zur Verfügung", sagt Anwalt Otto Dietrich.

Bei der Hausdurchsuchung in Pirolts Wohung in Wien sollen Handys, USB-Sticks und Tablets mitgenommen worden sein. Allein gegen Pirolt wird mittlerweile in fünf Fällen ermittelt. 

Mehrere Anzeigen

Eine Bestätigung gab auch vonseiten der insolventen Signa Holding, die vom Sanierer Christoph Stapf abgewickelt wird: "Wir können bestätigen, dass heute eine Hausdurchsuchung in Räumlichkeiten der SIGNA Holding stattgefunden hat. Die Hausdurchsuchung wurde von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft angeordnet. Wie berichtet, hat der Masseverwalter gemeinsam mit dem Sachverständigen Deloitte bereits im Dezember die erforderlichen Datensicherungsmaßnahmen eingeleitet und arbeitet eng mit den Behörden zusammen", sagt ein Sprecher auf Nachfrage.

Dass es nun doch noch zu einer Hausdurchsuchung rund um Signa gekommen ist, ist einigermaßen erstaunlich - man wartete wochenlang darauf, nichts passierte. Die Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) gegen den Immobilienmogul laufen bereits seit April. Es geht um den Vorwurf des Betrugs aufgrund mutmaßlichen Vortäuschens der Zahlungsfähigkeit bei der Verlängerung von Bankkrediten - es gehen laufend Anzeigen ein. 

Hintergrund der Razzia waren laut profil-Informationen offenbar mehrere Anzeigen des Rechtsanwalts Johannes Zink, der mehrere Gläubiger der Signa vertritt, darunter Banken (z.B. die Schelhammer-Schattera Bank) und Immobilieninvestoren (darunter die Supernova-Gruppe des Frank Albert.) Auf profil-Anfrage zeigt er sich über die Razzia erfreut: "Das Vorgehen der Ermittlungsbehörden bestätigt den von uns eingeschlagenen Weg. Es bleibt nun die Ergebnisse der Ermittlungen abzuwarten."

Dubiose Transaktionen

Aber nicht nur. Dafür spricht dass, es auch bei der Signa Holding eine Nachschau gab, und dem Vernehmen nach soll es dort nicht nur um die Anzeige rund um die Verlängerung des Bankkredits gehen. Kurz nach der Insolvenz der Signa Holding, also der Dachorganisation, hat Sanierer Stapf den Unternehmensberater Deloitte mit einer umfassenden Datenforensik beauftragt - profil berichtete. Und diese haben, wie es damals in einem Bericht des Sanierungsverwalters hieß, eine "hohe Anzahl an Transaktionen, die zeitlich nahe vor der Insolvenzeröffnung durchgeführt wurden" festgestellt. Jedenfalls dürften auch diese Vorgänge in den laufenden Ermittlungsverfahren gegen René Benko, den Signa-Gesellschaften und den ehemaligen Geschäftsführern von Interesse für die juristische Aufarbeitung der Causa Signa sein.

Es ist nicht die erste Hausdurchsuchung die bei Benko stattfindet - 2021 fand bereits schon einmal eine statt. Damals waren die Beamten in der Zentrale der Signa. Es ging um die Aufklärung eines Steuerdelikts - und um den Vorwurf der Beeinflussung von Finanzbeamten rund um einen Bescheid. Die Causa ist mittlerweile ad acta gelegt. 

Auf Nachfrage wollte die WKStA die Hausdurchsuchungen vorerst nicht kommentieren. Im Kern soll es aber unter anderem um die Frage gehen, ob Finanzmittel für eine Signa-Gesellschaft nicht rechtmäßig verwendet worden sein sollen. Und ob die Verantwortlichen bei Signa die Situation des Unternehmens ein paar Monate vor der Pleite besser dargestellt hätten, als sie tatsächlich war. 

Hinweis: profil wird diesen Artikel laufend aktualisieren.

 

Marina Delcheva

Marina Delcheva

leitet das Wirtschafts-Ressort. Davor war sie bei der "Wiener Zeitung".

Stefan   Melichar

Stefan Melichar

ist Chefreporter bei profil. Der Investigativ- und Wirtschaftsjournalist ist Mitglied beim International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ). 2022 wurde er mit dem Prälat-Leopold-Ungar-Journalist*innenpreis ausgezeichnet.

Anna  Thalhammer

Anna Thalhammer

ist seit März 2023 Chefredakteurin des profil. Davor war sie Chefreporterin bei der Tageszeitung „Die Presse“.