Gusenbauers Millionen-Honorare auf dem Prüfstand
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Die Gläubigerlisten der mittlerweile insolventen Signa-Gesellschaften – Signa Holding, Prime und Development – enthalten so einige prominente Namen. Der Name Alfred Gusenbauer dürfte aber in Zusammenhang mit seinem angestrebten Gläubigerstatus derzeit die erhöhte Aufmerksamkeit der Insolvenzverwalter genießen, wie profil erfuhr.
Konkret geht es um offene Forderungen von Gusenbauer und seiner Firma „Gusenbauer Projektentwicklung und Beratung GmbH“ gegenüber der Signa Holding in der Gesamthöhe von 6.356.689,92 Euro, samt Zinsen. Wie profil berichtete, brachte der Alpenländische Kreditorenverband (AKV) Forderungen für ihn als Privatperson und für seine Firma beim Handelsgericht ein.
Auch „News“ berichtete, dass Gusenbauers Firma „Beratung“ im Zusammenhang mit staatlichen Corona-Hilfszahlungen in Deutschland an die Signa-Kaufhauskette Galeria/Kaufhof im März 2020 drei Millionen Euro exklusive Umsatzsteuer verrechnete. Im September 2021 sollen es dann nochmals zwei Millionen Euro gewesen sein.
Jetzt stellt sich aber die Frage: Kann Gusenbauer überhaupt Gläubiger sein? Er war Aufsichtsratschef der zwei wichtigsten Gesellschaften – Signa Prime und Signa Development. Zudem war er im Beirat der Signa Holding, an dessen Spitze jahrelang René Benko saß. Das Organ wurde im Zuge der Sanierung mittlerweile aufgelöst, um Kosten zu sparen. Im Signa-Reich dürfte es sich aber um ein wichtiges und hochkarätig besetztes Steuerungsgremium der Gruppe gehandelt haben.
Zu prüfen wird wohl auch sein, ob Gusenbauer überhaupt die notwendige Berufseignung für die verrechnete Beraterleistung hatte. Und ob die eine oder andere Vermittlungsleistung der vergangenen Jahre konzessionspflichtig war, oder nicht?
Gläubiger oder Verantwortlicher
Die auch rechtlich heikle Frage sei nun, wie profil aus dem Umfeld der Holding und der Prime erfuhr, ob jemand, der so wichtige Schlüsselfunktionen im Unternehmen innehatte, auch dessen Gläubiger für Beratungsleistungen sein soll. Beziehungsweise, ob die verrechneten Leistungen nicht ohnehin in seinen Aufgabenbereich als Aufsichtsratschef oder Beiratsmitglied gefallen wären.
Im Zuge der Sanierung in Eigenverwaltung sollen die Gläubiger der drei großen insolventen Signa Holding, Prime und Development ja eine Quote von 30 Prozent ihrer offenen Forderungen bekommen. Und nun wird in allen Gesellschaften alles verkauft, versteigert und abgestoßen, was nicht unbedingt für den Erhalt der Firmen und für die Sanierung notwendig ist. Auf dem Prüfstand stehen eben auch die Gläubigerforderungen. Ganz vereinfacht gesagt: Je weniger offene Rechnungen am Ende bedient werden müssen, desto mehr ist für die verbliebenen Gläubiger da.
Neben Gusenbauers Honorarnoten dürften auch andere, eingemeldete Forderungen genauer unter die Lupe genommen werden. Auf Nachfrage bei den Medienverantwortlichen von Holding-Sanierer Christoph Stapf heißt es dazu: „Wir kommentieren grundsätzlich keine einzelnen Gläubiger oder Forderungen.“ Die Frist für die Anmeldung der Forderungen ist am 15. Jänner abgelaufen, am 29. Jänner findet die Berichtstagsatzung der Holding statt. Dann müssen die Insolvenzverwalter den Gläubiger und dem Gericht über deren bisherige Tätigkeit berichten und Frage und Antwort stehen.
Elbtower pleite
Für die Signa selbst wird es tatsächlich immer enger. Dem Vernehmen nach, dürfte es Sanierungsvorstand Erhard Grossnigg nicht gelungen sein, die per Brief an die Investoren geforderten 350 Millionen Euro einzusammeln. Wie profil aus dem Signa-Umfeld erfuhr, könnte jetzt Baumagnat und Signa-Investor Hans Peter Haselsteiner mit einem Massekredit einspringen. Dieser hätte übrigens dann Vorrang vor den offenen Forderungen der Altgläubiger.
Mit dem Hamburger Elbtower musste die erste, große Projektgesellschaft der Signa am Freitag Insolvenz anmelden, weil kein Geld mehr da ist, um den Bau fertigzustellen. Die Bauarbeiten am Elbtower standen schon seit Ende Oktober still. Das beauftragte Generalbauunternehmen hatte die Arbeiten eingestellt, weil Rechnungen seit Wochen nicht bezahlt wurden. Laut Handelsblatt seien 37 Millionen ausständig.
Detail am Rande: Weil Signa-Pressesprecher Robert Leingruber über eine mittlerweile ebenfalls insolvente Signa-Gesellschaft beschäftigt war, hänge seine Tätigkeit mitsamt der gesamten Pressestelle offenbar in der Schwebe. Ein Anfrage, ob Signa noch einen Pressesprecher hat beziehungsweise wie es mit der Medienarbeit weitergehen soll, blieb unbeantwortet. Wie übrigens die meisten profil-Anfragen der vergangenen Monate.
Marina Delcheva
leitet das Wirtschafts-Ressort. Davor war sie bei der "Wiener Zeitung".
Stefan Melichar
ist Chefreporter bei profil. Der Investigativ- und Wirtschaftsjournalist ist Mitglied beim International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ). 2022 wurde er mit dem Prälat-Leopold-Ungar-Journalist*innenpreis ausgezeichnet.
Anna Thalhammer
ist seit März 2023 Chefredakteurin des profil. Davor war sie Chefreporterin bei der Tageszeitung „Die Presse“.