Benko-Razzia: Was in der Anordnung zur Hausdurchsuchung steht
Seit Monaten ermitteln die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) und die Soko Signa der Kriminalpolizei rund um die Signa-Pleite. Und die bisherigen Erhebungen haben offenbar zu einigen Verdachtslagen geführt. Am Dienstag in den frühen Morgenstunden schlug die Polizei samt Sondereinsatzkommando in Benkos Villa in Igls in der Nähe von Innsbruck, bei einemZeitwohnsitz der Familie Benko, an den Standorten der insolventen Signa Holding und Signa Prime, sowie bei drei ehemaligen Geschäftsführern der Signa zu. profil liegt die Anordnung der Durchsuchung und der Sicherstellung vor. Die darin beschriebene Verdachtslage richtet sich gegen René Benko und vier weitere Personen sowie gegen eine Familienstiftung Benkos in Liechtenstein und eine österreichische GmbH nach dem sogenannten Verbandsverantwortlichkeitsgesetz. Die Betroffenen haben sämtliche Vorwürfe immer bestritten.
Privatinsolvenz als Unternehmer im Fokus
Unter anderem steht Benkos Konkursverfahren als Unternehmer im Fokus. Zur Erinnerung: Dieses wurde am 9. März am Landesgericht in Innsbruck eröffnet. Nun orten die Ermittler den Verdacht, „René BENKO habe an noch festzustellenden Orten im Zeitraum Jänner 2023 bis März 2024 einen Bestandteil seines Vermögens beiseite geschafft, eine nicht bestehende Verbindlichkeit vorgeschützt oder anerkannt oder sonst sein Vermögen wirklich oder zum Schein verringert“, wodurch möglicherweise Gläubiger geschädigt worden sein könnten.
Als mögliches Indiz dafür führen die Ermittler Benkos durchaus beeindruckenden Waffenbesitz ins Treffen. Er sei nämlich im Waffenregister als Besitzer zahlreicher hochpreisiger Waffen eigetragen, heißt es in der Durchsuchungsanordnung. In seinem Vermögensregister im Insolvenzverfahren würden diese aber fehlen. Außerdem scheint für die Ermittler nicht ganz nachvollziehbar, warum auf den von den Insolvenzverwaltern ausgewerteten Konten im Vermögensverzeichnis nur „verhältnismäßig geringe Vermögenswerte aufscheinen“, wo doch Benko in der vergangenen Jahren ein hohes Einkommen und Eingänge in Millionenhöhe hatte.
Razzia
Neben der Villa in Igls wurden auch die Firmensitze der Signa Holding in Innsbruck und der Signa Prime in Wien durchsucht. Die WKStA ermittelt mittlerweile in zahlreichen Verfahren gegen Benko und ehemalige Signa-Geschäftsführer.
In Zusammenhang mit Vermögenstransaktionen im Vorfeld der Insolvenz interessieren sich die Ermittler jedoch auch für einen Sportwagen der Marke Porsche 911 Speedster Type 991R, der bis zum 25. Oktober 2023 auf René Benko zugelassen war. Ab diesem Tag war der Porsche dann auf eine Firma namens Laura Bacchus GmbH zugelassen, die zu einer Familienstiftung Benkos gehört. Auf dem Konto des Signa-Gründers fanden die Ermittler eine Gutschrift der Laura Bacchus GmbH für das Fahrzeug in Höhe von 150.000 Euro. Erste Erhebungen hätten aber ergeben, dass sich im Internet „teils deutlich höhere mögliche Zeitwerte des Fahrzeugs finden lassen“.
Die Ermittler wollen nun herausfinden, ob die Waffen möglicherweise beiseite geschafft und der Porsche mit Blick auf eine baldige Insolvenz möglicherweise unterpreisig an die Stiftung verkauft worden ist. Dazu beantragten sie bei Gericht auch gleich die Sicherstellung der Schusswaffen und des Luxus-Flitzers.
Geschummelt bei Kreditverlängerung?
Ein weiterer Verdacht, dem die WKStA nachgeht, bezieht sich auf eine Kreditverlängerung einer Signa-Firma im Sommer 2023. Laut Durchsuchungsanordnung erwirkten René Benko und der Signa-Manager Manuel Pirolt eine dreimonatige Verlängerung eine Kreditvertrags bei der Schelhammer Capital Bank AG. Es ging damals um noch 25 ausständige Millionen. Benko und Pirolt sollen, so der Verdacht, die Bank über die tatsächliche wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Signa-Gruppe getäuscht haben. Also im wesentlich darüber, ob Signa noch im Stande war, den Kredit zurückzuzahlen.
profil hat vor Kurzem mit Pirolt im Zuge eines Interviews über die Ermittlungen gegen seine Person gesprochen. Er hat sämtliche Vorwürfe bestritten. Benkos Anwalt Norbert Wess wiederum wies am Dienstag die Vorwürfe als „vollkommen haltlos zurück“.
Das Geldkarussel
In diesem Ermittlungsstrang stehen neben René Benko auch mehrere weitere ehemalige Signa-Manager im Fokus. Benko wird laut Verdachtslage schwerer Betrug vorgeworfen. Er soll im Zuge einer Kapitalerhöhung Co-Investoren getäuscht haben Gemäß Verdachtslage soll Mitte 2023 der der Anschein erweckt worden sein, dass die Familie Benko Privatstiftung der damals bereits schwer strauchelnden Signa Holding 35,5 Millionen Euro an eigenem Geld ‚Das sollte vertrauensstiftend bei den anderen Investoren wirken, von denen manche tatsächlich weitere Millionen zuschossen.
Der Verdachtslage zufolge soll das Geld aus der Stiftung aber – kurz gesagt - lediglich im Kreis geschickt worden sein, um ein Investment zu simulieren. Das Geld habe die mittlerweile insolvente Privatstiftung über Umwege aus der Signa und und eine Zwischenfirmaals Kredit bekommen. Von einer Tasche in die andere, quasi.
Die Sache mit dem Gardasee
Darüber hinaus interessieren sich die Ermittler brennend für die Frage, wie ein Villen-Firma am Gardasee Mitte 2023 in den Besitz einer Benko-Stiftung in Liechtenstein gekommen ist. Laut Durchsuchungsanordnung kaufte die Stiftung die luxemburgische Besitzgesellschaft von der Signa Holding, bezahlte aber – vereinfacht ausgedrückt – mit Aktien der Signa Prime Selection AG. Nun steht der Verdacht im Raum, die Aktien der ebenfalls strauchelnden Immobilien-Holding Signa Prime hätten möglicherweise nicht mehr den entsprechenden Wert widergespiegelt. In der Anordnung heißt es: „Im Ergebnis liegt somit nahe, dass durch die künstliche und wirtschaftlich nicht plausible Schaffung einer Aufrechnungslage erreicht werden sollte, dass die dem Beschuldigten René Benko zuzuordnende INGBE Stiftung ihr im Hinblick auf die nahe Insolvenz der SIGNA Prime Selection AG stark wertgemindertes Aktienpaket aus ihrem Vermögensbestand ausscheidet und gegen die demgegenüber werthaltige Beteiligung an einer Gesellschaft tauscht, die luxuriöse Immobilien hält, welche René Benko persönlich wichtig sein dürften.“
Wer hatte das Sagen?
War er es, oder war er es nicht? Seit der Pleite und der Flut an Anzeigen treibt Ermittler und Gläubiger eine Frage um: War René Benko faktischer Geschäftsführer bei Signa? Im Firmenbuch scheint er ja seit Jahren in keiner gesellschaftsrechtlichen Funktion auf. Er war lediglich Vorsitzender des Signa-Beirats – eines Organs ohne jegliche gesellschaftsrechtliche Funktion – und hatte einen Beratervertrag zumindest mit zwei Signa-Gesellschaften.
Laut der bisherigen Verdachtslage dürfte er aber eine „zentrale Person“ bei Signa gewesen sein. Oder wie es in der Anordnung zur Hausdurchsuchung steht: „Obwohl René Benko in den diversen Unternehmen der SIGNA-Gruppe zuletzt formal keine Fiktion als Entscheidungsträger einnahm bzw. nur ,beratend‘ tätig gewesen sein soll, geht aus den bisherigen Ermittlungsergebnissen hervor, dass er etwa in führender Rolle an Vertragsverhandlungen teilnahm, Geschäfte mit Großkunden anbahnte, über den Geschäftsgang informiert wurde und jene Person war, die bei wichtigen Entscheidungen letztentscheidungsbefugt war.“ Und der eigentliche Hammer: „Er ist sohin als nach den Ermittlungsannahmen als Machthaber anzusehen.“
Ein Mnager von Schelhammer habe ausgesagt, dass er rund um die Kreditverlängerung nicht nur persönlich Kontakt mit Benko gehabt habe, sondern für ihn auch klar gewesen sei, dass Benko die letzte Entscheidung treffe.