Eines soll nicht passieren, wünscht sich das Management der Signa Prime Selection AG: ein „Firesale“, also ein chaotischer Notverkauf wertvoller Immobilien zum Schleuderpreis. Dass dem Signa-Imperium von Tycoon René Benko selbst in einem günstigen Szenario ein groß angelegter – wenn auch kontrolliert abgewickelter – Abverkauf bevorstehen dürfte, ist jedoch spätestens seit Donnerstag klar. Die Signa Prime, in der die wertvollsten Immobilien der Gruppe geparkt sind, musste Insolvenz anmelden. Wie sich aus dem Insolvenzantrag ergibt, der profil und der „Süddeutschen Zeitung“ vorliegt, dürfte die erhoffte Sanierung zum Kraftakt werden.
Zur Signa-Prime-Sparte gehören einerseits fertig errichtete und in Betrieb stehende Immobilien in bester Lage, andererseits aber auch Entwicklungsprojekte, die erst in Bau sind. Letztere zu verwerten, ist nicht einfach. Stoppt man Bauprojekte zur Unzeit, kann dies sogar zu weiterem Wertverlust führen. Die Fortsetzung und Stabilisierung laufender Projekte sei enorm herausfordernd, heißt es im Insolvenzantrag. Um eingesetztes Kapital nicht zu verlieren, werde es notwendig sein, kurzfristig zu entscheiden, ob dutzende Projekte fortgesetzt oder eingestellt werden sollen. Das Immobilienportfolio soll in „vermarktungsfähige Verwertungspakete“ gebündelt werden.
Verkehrswert nur 1,3 Milliarden Euro
Damit nicht auch noch fortführungswürdige Untergesellschaften des Konzerns – in denen unter anderem die einzelnen Immobilien stecken – in die Insolvenz rutschen, ist laut dem vorgeschlagenen Sanierungsplan eine Überbrückungsfinanzierung notwendig. Das Signa-Prime-Management hat einen Bedarf von 300 bis 500 Millionen Euro errechnet und will das Geld in Form eines Substanzgenussrechts beziehungsweise eines Massekredits aufbringen. Die frischen Mittel sollen demnach zum Werthalt beziehungsweise einer Wertsteigerung des Portfolios mit Entwicklungsprojekten beitragen (und vorrangig zurückbezahlt werden). Gemeinsam mit dem Geld, das die Verwertung von Bestandsimmobilien in die Kassen spülen soll, würde das die Erfüllung des angestrebten Sanierungsplans ermöglichen.
Die Signa Prime strebt beim Handelsgericht Wien ein Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung an. Den Gläubigern, die letztlich dem Plan zustimmen müssen, bietet das Unternehmen die Mindestquote von 30 Prozent – in absoluten Zahlen sind das rund 1,4 Milliarden Euro. Während im Insolvenzantrag der Buchwert der Aktiva der Signa Prime mit rund 8,5 Milliarden Euro angegeben ist, wird der Verkehrswert lediglich mit 1,3 Milliarden Euro beziffert. Hauptgrund dafür sind Abwertungen von Beteiligungen und Forderungen an beziehungsweise gegenüber Konzerngesellschaften.
Überschuldung von 3,2 Milliarden Euro
Die Passiva belaufen sich zum Buchwert auf 4,3 Milliarden Euro. Da ein Teil davon aus nachrangigen Genussrechten resultiert, wird der Verkehrswert der Passiva zwar nur mit 2,8 Milliarden Euro angegeben. Hinzu kämen allerdings noch schlagend werdende Haftungen der Signa Prime Selection AG von 1,7 Milliarden Euro in Bezug auf Anleihen und andere Finanzierung ihrer diversen Konzerngesellschaften. Unter der Prämisse einer geordneten Abwicklung geht das Management von einer Überschuldung von 3,2 Milliarden Euro aus, woraus sich eine Quote von 28 Prozent ergebe. Im Fall einer unkoordinierten Zerschlagung wäre diese Quote noch geringer. Das bestehende Immobilien- beziehungsweise Beteiligungsportfolio solle strukturiert und unter größtmöglichem Werterhalt verwertet werden, wünscht sich das Management.
Ob eine geordnete Verwertung gelingen kann, wird sich weisen. Die Signa-Gruppe ist höchst komplex strukturiert. Das Portfolio der Signa Prime umfasst 54 Immobilien, gleichzeitig ist die Konzernholding – direkt und indirekt – aber an 369 Gesellschaften beteiligt. Das gesamte Signa-Imperium kommt auf ein Mehrfaches davon. Dass die Dachgesellschaft Signa Holding GmbH bereits seit einigen Wochen in einem Sanierungsverfahren steckt und die Schwesterfirma Signa Development Selection AG demnächst ebenfalls Insolvenz beantragen soll, macht die Sache nicht einfacher.
Als Ursachen für die Insolvenz der Signa Prime nennt das Management die Zinserhöhungen der Europäischen Zentralbank (EZB), die hohe Inflation und „erheblichen Kostendruck“ infolge hoher Energiepreise und Lohnzuwächse. Gleichzeitig sei der Markt für Immobilientransaktionen praktisch zum Stillstand gekommen. Dass sich die EZB bei europäischen Großbanken zu deren Signa-Engagement informiert habe, sei „äußerst negativ“ für die Refinanzierung von Verbindlichkeiten gewesen. Letztlich konnte auch eine Ende November fällig gewordene Anleihe im Ausmaß von 200 Millionen Euro nicht refinanziert werden.