Investigativ

Der Spionagefall des Jahrhunderts

Jan Marsalek, Ex-Wirecard-Vorstand, ist Protagonist des wohl dramatischsten Spionagefalls im deutschsprachigen Raum. Der noch brisantere Skandal: Die Causa wird von öffentlicher Seite unter den Teppich gekehrt.

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Manchmal sieht man den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr. Und die Story von Wirecard erinnert teils mehr an einen Märchenwald als an die Realität. Aber bisweilen ist auch schier Unglaubliches schlicht Fakt – und die Fakten zu Jan Marsalek und Konsorten liegen eigentlich schon lange am Tisch. Man will sie offenbar nur nicht wahrhaben und scheut sich, die nötigen Konsequenzen daraus zu ziehen.

Der „Spiegel“ brachte vergangene Woche eine abenteuerliche (und wahre) Cover-Story: Jan Marsalek, Ex-Wirecard-Vorstand, soll ein Spion für Russland sein. Seit seiner Flucht im Sommer 2020 soll er in Moskau aufhältig sein – sein Leben: eines mit Yachten, Kaviar und Champagner, Pornodarstellerinnen als Gespielinnen – und russischen Führungsoffizieren. Im Hintergrund: ein Netzwerk von österreichischen Ex-Nachrichtendienstlern und brutalen Söldnern, die zu jeder Tat bereit sind. Bis heute stehen sie in seinen Diensten, vermuten Ermittler.

Vieles von dem, was der „Spiegel“ episch aufs Tapet brachte, ist in Details bereits bekannt – nur dass diese

Story vorher noch niemand in der ganzen Tragweite ausgeleuchtet und die Zusammenhänge derart schillernd dargestellt hat. Auch das ist manchmal notwendig, um eingängig zu machen, was schon vorher aufgrund der Faktenlage glasklar gewesen sein müsste: Wir haben es wohl mit dem größten österreichisch-deutschen Spionageskandal der jüngeren Geschichte zu tun.

Anna  Thalhammer

Anna Thalhammer

ist seit März 2023 Chefredakteurin des profil. Davor war sie Chefreporterin bei der Tageszeitung „Die Presse“.