Investigativprojekt „Caspian Cabals“

Trotz Ukraine-Kriegs: Österreich kauft noch mehr Öl von Putins Gnaden

Kasachstan ist das mit Abstand wichtigste Rohöl-Lieferland Österreichs – Tendenz stark steigend. Doch die Haupt-Pipeline läuft über Russland. Der Kreml hat maßgeblichen Einfluss und profitiert auch finanziell. Das zeigt eine internationale Recherche unter Beteiligung von profil.

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Schwarzes Gold von Putins Gnaden: 2.060.468 Tonnen Rohöl hat Österreich im ersten Halbjahr 2024 aus Kasachstan importiert – das zeigen vorläufige Zahlen der „Statistik Austria“ für diesen Zeitraum. Es ist so viel wie nie zuvor in den vergangenen eineinhalb Jahrzehnten. Kasachstan gilt zwar schon lange als Öl-Lieferland Nummer eins. Doch nun stieg der Anteil des zentralasiatischen Landes an den heimischen Rohöl-Importen von Jänner bis Juni sogar auf rekordverdächtige 57 Prozent.

Diese Entwicklung überrascht – und zwar nicht zuletzt aus einem geopolitischen Grund: Zwar sprudelt das Öl aus kasachischem Boden, der Transport eines Großteils davon läuft dann aber über eine Pipeline auf russischem Territorium. Wie beim Erdgas, bei dem sich Österreich gerade mühsam aus der Abhängigkeit von Moskau zu lösen versucht, verdient der Kreml daran riesige Summen. Diese nutzt er unter anderem, um gegen die Ukraine Krieg zu führen. Und wie beim Gas besteht zumindest das Risiko, dass der russische Machthaber Wladimir Putin auch das Öl als politisches Druckmittel gegen den Westen einsetzen könnte. Und dennoch wird hierzulande mehr und mehr davon eingekauft.

Projekt „Caspian Cabals“

profil ist Teil einer internationalen Investigativ-Kooperation, die verschiedenen problematischen Aspekten des sprudelnden kasachischen Öl-Business auf den Grund gegangen ist – von Umweltzerstörung über Korruption bis hin zur fragwürdigen Rolle Russlands. Unter Führung des „International Consortium of Investigative Journalists“ (ICIJ) haben mehr als zwanzig Partnermedien über viele Monate hinweg zehntausende Seiten an vertraulichen E-Mails, Unternehmenspräsentationen und Gerichtsdokumenten ausgewertet, hunderte Gespräche mit Insidern und anderen Personen geführt, aber auch in öffentlichen Quellen nachgeforscht. So wie dies profil etwa in den österreichischen Import-Daten getan hat.

Die Recherchen unter dem Projektnamen „Caspian Cabals“ (zu Deutsch: Kaspische Kabalen – also Intrigen oder Ränke) legen ein Muster aus problematischen Deals offen. Ein Muster, das unter anderem illustriert, wie einige große westliche Öl-Konzerne Bestechungsrisiken und Interessenskonflikte ignoriert haben. Und wie ihr Geld letztlich mithalf, anti-demokratische Eliten in Kasachstan zu bereichern und das Putin-Regime zu unterstützen.

Stefan   Melichar

Stefan Melichar

ist Chefreporter bei profil. Der Investigativ- und Wirtschaftsjournalist ist Mitglied beim International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ).