Nur fliegende Taschenlampen? Trump-Vertrauter Prince in Flugzeug-Fall freigesprochen
Am Ende war alles sehr amerikanisch: Erik Prince, der bis dahin nur knurrige Einsilber von sich gegeben hatte, trat festen Schrittes aus dem Gerichtssaal, stellte sich vor die anwesenden drei bis vier Journalisten, fragte, wer von ihnen am seriösesten sei, forderte sie auf, sein Statement ja aufzuzeichnen, fragte noch einmal nach, ob ja alle bereit wären – und legte los: Eine unnötige Zeit- und Ressourcenverschwendung sei der soeben zu Ende gegangene Prozess gewesen, diktierte der US-Milliardär, umstrittene Unternehmer und Trump-Vertraute in die Mikrofone. Ganz im Stile des ehemaligen US-Präsidenten folgte der Vorwurf, linke Politiker hätten Institutionen instrumentalisiert, die Medien „Lügen zusammengenäht“. Ebenfalls ganz im Stile Trumps der Schlusssatz: „Feuert den Staatsanwalt!“ („Fire the prosecutor!“)
Womit hat sich die Anklagebehörde im beschaulichen Wiener Neustadt den Zorn des Milliardärs zugezogen, der einst die berüchtigte US-Söldnergruppe „Blackwater“ gegründet hatte und selbst Mitglied der US-Eliteeinheit „Navy Seals“ gewesen war? Möglicherweise war es der Umstand, dass der Staatsanwalt auch am Ende der Gerichtsverhandlung an seiner Einschätzung festhielt, dass zwei bei der Firma „Airborne Technologies“ in Wiener Neustadt modifizierte Kleinflugzeuge „Kriegsmaterial“ dargestellt hätten und ohne entsprechende Genehmigung ausgeführt worden wären. Das Gericht hingegen folgte der Einschätzung der beigezogenen Sachverständigen und sprach alle fünf Angeklagten frei.
„Laser nicht nur Zielführung“
Seit 2016 wurde über Hinweise berichtet, Erik Prince hätte via Airborne an so etwas wie dem Aufbau einer privaten Luftwaffe für den Einsatz in Bürgerkriegsgebieten gebastelt. Folgt man dem erstinstanzlichen Urteil waren die beiden in Wiener Neustadt umgerüsteten Flugzeuge trotz (leichter) Panzerung, Zusatztanks, extra angebrachterAufhängevorrichtungen an den Tragflächen und (was eine der Maschinen betrifft) ein spezielles Kamerasystem mit Laserkomponenten nicht viel mehr als fliegende Taschenlampen. „Laser-Illuminator“ und „Laser-Pointer“ waren – dem als Zeugen vernommenen Chef der schwedischen Herstellerfirma zufolge – nämlich nicht für eine Zielführung entwickelt worden, sondern für das Anleuchten bzw. das Markieren aus der Höhe.
Ob all das in einem finalen, späteren Ausbau der Flugzeuge im Rahmen eines Kampfeinsatzes nützlich sein könnte, spielt rechtlich in diesem Fall keine Rolle. Es geht um den Zustand, in dem die Maschinen Österreich verließen. Die Staatsanwaltschaft hat sich drei Tage Bedenkzeit erbeten, das Urteil ist somit noch nicht rechtskräftig.
Landung im Südsudan – zu dünn fürs Gericht
profil berichtete in der Vergangenheit wiederholt über die aufsehenerregende Causa. Es geht um zwei Agrarflugzeuge des Typs „Thrush“, die 2014 zum Umbau nach Wiener Neustadt gebracht worden waren. Prince war damals am Unternehmen beteiligt. Eines der Flugzeuge verließ nach dem Umbau Österreich in Richtung Afrika. Laut den Ausführungen der Verteidigung war es für rein zivile Zwecke in Kenia gedacht gewesen. Fakt ist, dass es in einem Camp der Prince-Firma FSG im Staat Südsudan landete – einer bekannten Konfliktregion.
Prince-Anwalt Norbert Wess argumentierte, dass mitten im Überstellungsflug ein technischer Defekt aufgetreten sei und der Pilot quasi zum nächstgelegenen Landeplatz abgebogen sei. Einige Zeugen, die damals bei Airborne beschäftigt waren, glaubten sich allerdings schon daran zu erinnern, dass bereits vor dem Flug vom Südsudan die Rede gewesen sei. Letztlich war dies dem Gericht für den Nachweis eines sogenannten Eventualvorsatzes allerdings zu dünn. Dass die Landung im Südsudan technische Gründe gehabt habe, sei „einfach nicht zu widerlegen“ gewesen, stellte die Richterin in der kurzen mündlichen Urteilsbegründung fest.
„Keine Waffen“
Unabhängig davon folgte das Gericht der Einschätzung der beigezogenen Sachverständigen, die in den vorgenommenen Modifikationen keine Umwandlung eines Zivilflugzeugs zu „Kriegsmaterial“ erblicken konnten. Rechtlich gesehen argumentierte das Gericht, dass – kurz gesagt – die Flugzeuge nicht für einen unmittelbaren Kampfeinsatz ausgerüstet gewesen seien, als sie Österreich verließen. Demnach musste auch keine entsprechende Genehmigung eingeholt werden.
Die Staatsanwaltschaft hatte ihrerseits auf Basis einer weiter gefassten Definition von „Kriegsmaterial“ argumentiert. Alle als Zeugen befragten damaligen Airborne-Mitarbeiter haben im Prozess jedenfalls verneint, die Flugzeuge jemals in bewaffnetem Zustand gesehen zu haben. Die zweite Maschine war von Österreich zu einer bulgarischen Firma gebracht worden. Einige Jahre später traten die beiden Unternehmen Seite an Seite bei der berühmten Air-Show in Paris auf. Die „Thrush“, die damals bereits der bulgarischen Firma gehörte, war mit höchst martialisch wirkenden mit Waffen-Attrappen ausgestattet (siehe Foto). Einzelne Hinweise, dass es bei Airborne doch auch Überlegungen in Richtung militärisch nutzbarer Entwicklungen gegeben haben könnte, erklärte die Verteidigung damit, dass das Unternehmen sehr wohl eine Zeitlang darüber nachgedacht habe, in diesen Geschäftsbereich einzusteigen, jedoch letztlich nichts daraus geworden sei. Das Thrush-Projekt habe das nicht betroffen.
Experten-Connection
Neben den fünf Angeklagten wurde auch das Unternehmen Airborne als sogenannter belangter Verband freigesprochen. Alle hatten sämtliche Vorwürfe immer bestritten. Die Richterin wertete es auch als positiv, dass das Unternehmen einen Experten in Sachen Exportauflagen als Berater beigezogen hatte. Dieser Berater – ein pensionierter langjähriger Ministerialbeamter – war bereits am ersten Prozesstag Mitte November als Zeuge befragt worden. Er hatte sich damals ebenfalls felsenfest davon überzeugt gezeigt, dass die beiden Flugzeuge kein „Kriegsmaterial“ dargestellt hätten. Der durchaus redselige Zeuge ließ aufhorchen, als er nach seiner Einvernahme die Richterin fragte: „Darf ich mich vom Herrn Hofrat verabschieden? Ich kenne ihn seit 35 Jahren.“ Der „Herr Hofrat“ war offenbar der Haupt-Sachverständige des Gerichts, der neben der Richterin saß. Auch die Waffenexport-Expertenszene ist in Österreich offenbar eine kleine.
Freispruch „eigentlich zu erwarten“
Nach dem Freispruch am Donnerstag zeigten sich die – davon ebenfalls umfassten – Airborne-Geschäftsführer Wolfgang Grumeth und Kristof Nagl in ihrer bisherigen Argumentation bestätigt. „Wir sind froh, dass es so ausgegangen ist“, sagte Grumeth zu profil. Airborne-Anwalt Oliver Felfernig meint, die Entscheidung sei so ausgefallen, wie es eigentlich zu erwarten gewesen sei. Er weist allfällige Vorwürfe gegen das Unternehmen weit zurück: „Man prügelt die Airborne, weil man Prince prügeln will.“
Vorwürfe in einem zweiten Ermittlungsverfahren, das nach wie vor anhängig ist, bezeichnet Grumeth als „an den Haaren herbeigezogen“. Bei diesen Ermittlungen geht es um eine mögliche Libyen-Connection – profil berichtete: Einem UNO-Bericht zufolge könnten zwei Flugzeuge mit Airborne-Bezug bei einem Prince-Projekt in Bezug auf den libyschen Bürgerkrieg eine Rolle gespielt haben.
Libyen-Ermittlungen
Eine der Maschinen ist die einst nach Bulgarien gebrachte Thrush, die nun allerdings bezüglich Kriegsmaterialgesetz vom Freispruch umfasst ist. Eine zweite Maschine sei ein reines Zivilflugzeug gewesen, das – Grumeth und Felfernig zufolge – von Airborne nicht einmal modifiziert worden sei. Ein Dritter habe die Maschine gekauft und angeblich in Libyen gelandet, wobei man bei Airborne die Aussagekraft diesbezüglicher Satellitenfotos stark anzweifelt. Prince hat auch bezüglich eines angeblichen Libyen-Engagements sämtliche Vorwürfe immer bestritten.